Donnie Nelson ist der General Manager der Dallas Mavericks und war bereits vor 21 Jahren mitverantwortlich, dass Dirk Nowitzki bei den Mavs landete. Im Interview mit DAZN und SPOX sprach der Sohn von Coaching-Legende Don Nelson über die Anfänge mit Nowitzki, schwere Zeiten und den Titel 2011.
Außerdem sprach Nelson über das mögliche Karriereende des Würzburgers sowie die rosige Zukunft in Dallas mit Luka Doncic und Kristaps Porzingis.
DAZN überträgt das vielleicht letzte Heimspiel in Nowitzkis Karriere in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch aus der Halle in Dallas (10. April., 2.30 Uhr).
Mr. Nelson, ich glaube, es ist richtig, wenn ich sage, dass es schwer wird für Dallas, einen weiteren Spieler wie Dirk Nowitzki zu finden?
Donnie Nelson: Er hat sie alle übertroffen. Keine Frage. Es ist schwer zu glauben, dass es schon 21 Jahre sind. Die Zeit ist wie im Flug vergangen und da sind so viele Erinnerungen. Nochmal, es gibt noch keine offizielle Bestätigung aber wir planen einfach damit (dass er aufhört, Anm. d. Red.). Es ist also schwer zu glauben, dass nur noch ein Heimspiel übrig ist.
Was planen Sie für die Partie gegen die Suns?
Nelson: Es gibt keinen Plan. Wenn ein Typ wie Dirk den Platz verlässt, dann ist er unsere Version von Michael Jordan. Er hinterlässt riesige Fußstapfen, die schwer zu füllen sein werden. Sowohl auf, als auch neben dem Platz war er immer Vorbild, ging voran, war integer und ein Charakter. Es ist extrem schwer. Wir haben mit Porzingis und Doncic ein paar junge Spieler, auf die wir bauen, aber wenn ein Typ wie Dirk uns verlässt, dann gibt es keinen Ersatz.
Gehen wir 21 Jahre zurück. Sie riskierten viel für einen großen, dünnen Jungen aus Deutschland. Hätten Sie damals je gedacht, dass Nowitzki eine solche Karriere hinlegt?
Nelson: Offensichtlich haben wir Dirk einiges zugetraut. Aber dass es ein solcher Lauf über 21 Jahre wird, mit wahrscheinlich dem besten europäischen Spieler und all diesen Meilensteinen - der wichtigste natürlich die Meisterschaft, die er 2011 nach Dallas gebracht hat - das ist schon eine Geschichte, wie sie sonst nur auf dem roten Teppich der Traumwelt passiert.
Wann haben Sie Dirk und Holger Gschwindner das erste Mal gesehen? Was waren Ihre Eindrücke damals?
Nelson: Oh, das erste Mal habe ich Dirk hier im Hotel gleich neben der Halle gesehen, im Rahmen des Hoop Summits. Und mein erster Gedanke war: Mann, er ist wirklich 2,11 Meter groß. Und mein zweiter Gedanke war: Verdammt, er ist wirklich gut. Er traf den Dreier, hatte ein großes Herz. Ein Wettkämpfer, ein Gewinner. Und glücklicherweise ist es gut für uns gelaufen.
Über die 21 Jahre gab es jede Menge Höhen und Tiefen. 2006 verloren Sie unglücklich in den Finals, dann gab es das schlimme Erstrundenaus 2007 gegen die Golden State Warriors als Top-Seed. Wie nah rückt man in so einer Zeit zusammen?
Nelson: Das waren zwei der schwierigsten Jahre in seiner Karriere. Die Mavericks haben vor Dirks Ankunft in acht aufeinanderfolgenden Jahren die Playoffs nicht erreicht, wir waren die Lachnummer der NBA. Und dann musste dieser Junge aus Deutschland diesen Staffelstab aufnehmen und damit laufen. Das war schon schwierig. Es gab keinen einfachen Weg. Ich bin mir sicher, dass Steve Nash und Michael Finley, mein Vater und der Trainerstab ihm oft wieder auf die Beine helfen mussten, den Staub von ihm abklopfen, ihm das Vertrauen geben. Mit der Hilfe seiner unglaublichen Familie und Holger hat er diese zwei schwierigen Jahre überstanden. Und als er es dann in seine Komfortzone geschafft hatte, wurde es richtig interessant in Dallas.
Und am Ende stand 2011 die Meisterschaft. Wie groß war die Erleichterung, dass es doch noch klappte?
Nelson: Wir waren 2006 sehr nah dran. Wir hatten bereits unsere Arme um die Trophäe gelegt während unserer ersten Finals und dann wurde uns die Trophäe aus den Armen gerissen. Das war die schwierigste Phase in Dirks Karriere. Ohne Zweifel. Es war extrem schwierig, er musste es den Zweiflern zeigen, die sagten, dass ein Europäer nie der beste Spieler eines Teams sein könne, der ein Team zu einer Meisterschaft trägt. Er hat nicht nur zahlreiche Hindernisse überwunden, sondern es etlichen Kritikern in der Basketballl-Welt gezeigt, die das bezweifelt hatten. Und als er dann zurück an den Ort kommen konnte, an dem ihm die Meisterschaft Jahre zuvor entrissen wurde, war das sehr speziell. Die Karten waren unfair gemischt. Sie hatten ein Team mit extremer Feuerkraft. Auf dem Rücken von Dirk und mit der Unterstützung seiner Mitspieler war es uns möglich, die Meisterschaft nach Dallas zu bringen und dann hat Dirk diese Version von "We are the Champions" gesungen. Freddie Mercury wäre nicht sehr stolz auf ihn gewesen. Gott habe ihn gnädig.
Was haben Sie Dirk nach diesem unglaublichen Run gesagt?
Nelson: Oh, das ist so emotional. Wenn man durch solche Emotionen geht, und es war wirklich ein extremes Tal der Emotionen von dem wir nicht wussten, ob Dirk jemals herauskommen würde. Es war ein dunkler Ort für unsere Franchise, für Dirk. Für ihn war es ein Wunder dann auf dieses Pferd zu steigen, den Mount Everest zu erklimmen und die Fahne auf dem Gipfel zu hissen. Es waren wahrscheinlich die besten und besonderen Momente. Dirk ist wie ein Sohn für uns in Dallas. Ich meine, er hat Dallas für sich gewählt. Er hat die Stadt gewählt, als er gedraftet wurde. Er hat Dallas gewählt, obwohl er mehrfach als Free Agent hätte gehen können. Er hat auf Geld verzichtet, wenn er woanders um eine Meisterschaft hätte spielen können. Aber er hat Dallas umarmt, vom ersten Tag an, und war loyal, die gesamte Ehe durch. Es ist eine sehr, sehr besondere Beziehung zwischen Dirk und Dallas.
Am Dienstag könnte Nowitzki gegen die Phoenix Suns sein letztes Heimspiel absolvieren. Sie haben eine große Party geplant. An was werden Sie denken, wenn Dirk nun wirklich zum letzten Mal den Court verlässt?
Nelson: Nachdem wir es noch nicht wissen und vermutlich auch vorher nicht erfahren, behandeln wir dieses Spiel so, als wäre es das Letzte. Da sind so viele Emotionen, es fühlt sich so ähnlich an, wie der Meisterschaftsgewinn, wenn man es nicht begreift, was gerade passiert. Auch wenn du den Pokal in den Händen hältst, braucht es Wochen, um zu verstehen, dass wir gewonnen haben. Und genauso wird es uns gehen, zu begreifen, was es bedeutet, wenn Dirk zum letzten Mal die Umkleide verlässt. Das wird eine exreme Erfahrung für die Mavericks und die Stadt Dallas. Und es wird dauern, bis wir uns damit auseinander gesetzt haben. Die gute Nachricht ist: Wir haben ein paar wirklich gute, aufregende Spieler, die hoffentlich von Dirk gelernt haben, was unsere Kultur bedeutet und wie unsere Franchise lebt und für harte Arbeit steht. Die Zukunft sieht also rosig aus. Aber der Tag, an dem Dirk die Umkleide verlässt, wird ein trauriger Tag.
Sie haben ihm bei seiner Entscheidung keine Deadline gesetzt, ihn nie gedrängt. Das ist schon sehr einzigartig.
Nelson: Nein, diese Entscheidung ist eine sehr persönliche. Und wenn Dirk weiß, dass es soweit ist, wird er diese Entscheidung treffen. Ich weiß nicht, wann das der Fall ist. Wie ich gesagt habe, behandeln wir dieses Spiel, als wäre es sein Letztes. Was es wahrscheinlich auch ist. Aber niemand von uns weiß es, ehe er selber die Entscheidung trifft, mit seinem engsten Kreis, Holger, seiner Frau, seinen Kindern, seiner Mutter und seinem Vater. Er wird wissen, wann die Zeit gekommen ist.
Mit Luka Doncic und Kristaps Porzingis haben die Mavs wieder zwei junge, hoffnungsvolle Spieler. Wiederholt sich hier nicht ein wenig Geschichte, da es ein ähnliches Tandem wie damals mit Steve Nash und Dirk war?
Nelson: Es hat nicht wirklich so begonnen. Als wir die Entscheidung getroffen haben, Luka zu draften, war das wie damals mit Dirk. Jeder hat Dirk mit Larry Bird verglichen. Er war nicht Larry Bird. Larry war Larry. Dirk hat seine Position auf seine eigene Art verändert. Er hat sie in sehr vielen Punkten geändert, er hat alles übertroffen. Und als wir Luka geholt haben, da sahen wir das Star-Potenzial in ihm und ein großartiges Fundament, auf dem wir die Franchise neu aufbauen können. Wir sahen ihn ihm einen Point Forward. Einen Typen, der von Point Guard bis Small Forward alles spielen kann. Und Porzingis kam dann sechs oder sieben Monate später zu uns. Das waren zwei unterschiedliche Transaktionen. Es war nicht so wie damals, als wir Dirk und Steve gleichzeitig bekamen. Das hier war weniger geplant und Luka ist ein bisschen größer als es Steve war, so wie Porzingis ein paar Zentimeter größer ist als Dirk. Wir haben jetzt zwei sehr gute, junge Bausteine mit ein paar Gemeinsamkeiten zu damals. Steve war ein Spielmacher und Dirk derjenige, der die großen Positionen spielen konnte. Porzingis kann auch den Dreier treffen. Da sind also Gemeinsamkeiten. Aber jeder große Spieler definiert sich selber, seine Position und seine Zukunft.
Sie haben auch noch einen anderen Spieler aus Würzburg im Kader, Maxi Kleber. Natürlich dürfen sie nicht über seine Zukunft reden, aber aus Ihrer Sicht: Ist Kleber ein Spieler, den Sie gerne auch nächstes Jahr haben wollen?
Nelson: Maxi ist definitiv die Art von Spieler, die wir in unserem Locker Room haben wollen. Er hat viele Talente, trifft den Dreier, ist ein Teamplayer. Er erinnert uns an Dirk und macht alles, was für den Erfolg nötig ist. Er muss dabei nicht den Wurf zum Sieg nehmen. Er angelt sich den entscheidenden Rebound, er ist ein exzellenter Shotblocker. Wir haben es geschafft, dass er gesund ist, was für seine Zukunft entscheidend ist. In seiner Vergangenheit gab es große Verletzungen. Daher ist ein Schlüssel zu seinem Erfolg, dass wir die richtige Formel an Spielminuten für ihn haben. Er hat sich sehr um dieses eine Ding gekümmert, nämlich um seine Gesundheit. Aber nein, Maxi ist ein wichtiger Teil und wie besonders ist es, dass beide Jungs aus der gleichen kleinen Stadt in Deutschland kommen, aus Würzburg? Das ist Stoff für ein Märchenbuch.
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