Rockets vs. Spurs: Texas Two-Step

Sebastian Dumitru
23. März 201317:09
Im texanischen Prestigeduell zwischen Houston und San Antonio ist Spannung meist garantiertgetty
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San Antonio jagt der besten NBA-Bilanz und Platz eins in der Western Conference hinterher. Houston will nicht nur einen Playoff-Platz klarmachen, sondern hat sogar realistische Chancen, auf Platz sechs zu klettern. Da ist Spannung einmal mehr garantiert (Mo., ab 0 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE mit Markus Krawinkel als Kommentator). SPOX vergleicht beide Teams im Head-to-Head.

SPOX

Point Guard: Jeremy Lin vs. Tony Parker

SPOXgettyLin (13,1 Punkte, 6,1 Assists, 1,8 Steals): Lin ist weder der Superstar, den die New Yorker Medienlandschaft und alle Trittbrettfahrer vergangenes Jahr aus ihm machten, noch ist er ein Flop, weil er "nur" 13 Punkte und 6 Assists pro Abend auflegt. Es wäre vermessen, vom 24-Jährigen in seiner ersten vollen Saison auf der Eins mehr zu erwarten. Tatsächlich hat sich der Halb-Taiwanese nach schwachem Saisonstart von Monat zu Monat verbessert. Er leistet sich weniger Ballverluste (ein früheres Problem), punktet mehr (16,9 PPG im März) und ist treffsicherer (54% FG) geworden. Lin ist nach Harden der Motor, der die Rockets antreibt.

Jeremy Lin im SPOX-Interview

Parker (21 Punkte, 7,6 Assists): Der fünffache All-Star kehrte am Freitag etwas überraschend vorzeitig von seiner Sprunggelenksverletzung zurück. Nicht, dass San Antonio ohne Parker in großen Schwierigkeiten gesteckt hätte (6-2 Bilanz in seiner zweiwöchigen Abwesenheit), aber die Rückkehr eines der besten Point Guards der Welt kann ja nie schaden. Der Franzose zeigt seine bisher stärkste Profisaison und zählt schon längst zu den absoluten Führungsspielern - nicht nur bei den Spurs, sondern ligaweit. Houston liegt dem schnellsten Mann der NBA besonders gut: in dieser Saison erzielt Parker gegen die Rockets 25 Punkte und 10 Assists im Schnitt.

Fazit: Auf den ersten Blick eine glasklare Sache, aber Lin legt gegen San Antonio in dieser Saison seine besten Statistiken auf. 21 Punkte und 6,3 Assists liegen weit über seinem Durchschnitt. Gegen Parker sind dennoch alle Verteidiger der Welt machtlos. Punkt für die Spurs.

James Harden: Kommt Zeit, kommt Bart

Shooting Guard: James Harden vs. Danny Green

SPOXgettyHarden (26,3 Punkte, 5,8 Assists, 1,9 Steals): Harden ist ein Superstar, dem nach seinem Trade vor Saisonbeginn sicherlich niemand einen derartigen Leistungssprung zugetraut hatte. Man wusste, dass er spielen kann, aber in Houston ist der ehemalige Nummer-3-Pick zum All-NBA-Guard heran gereift, der die Rockets im Alleingang auf Playoff-Kurs hält. 26,3 Punkte pro Partie, dazu 5,8 Assists (zweitbester Wert für einen Nicht-Point-Guard) und 10,2 Freiwurfversuche pro Abend - die er sich dank permanenter Drives zum Korb und der unorthodoxen Lefty-Art redlich verdient - machen aus Harden eine verheerende Ein-Mann-Abrissbirne.

Green (10,7 Punkte, 2,3 Dreier): Der ehemalige Zweitrundenpick ist ein weiterer dieser kleinen NBA-Edelsteine, die anscheinend nur in San Antonio richtig geschliffen und auf Hochglanz poliert werden können. Green wird nie ein Star werden, aber er hat hart trainiert und sich dadurch einen Platz in der Rotation des besten Western-Conference-Teams erarbeitet. Der Guard gehört zu den besten Distanzschützen der NBA (Platz 7 bei der Quote, Platz 8 bei den Treffern pro Spiel) und hat gelernt, von der Aufmerksamkeit zu profitieren, die Duncan, Parker und Ginobili zuteil werden. Seine Defensivarbeit ist hervorragend.

Fazit: Green wird auch gegen Houston stets Gefahr ausstrahlen, wenn er auf der Weakside Position bezieht - bevorzugt im Eck für die berüchtigten Corner Threes (43% von dort), aber mit Hardens Durchschlagskraft kann er sich freilich nicht messen. Der Bart setzt seine Gegenspieler über die vollen 48 Minuten unter Druck und zieht Fouls mit der Frequenz eines Metronoms. Green wird sich hinten mit Leonard, San Antonios primärem und bestem Perimeter-Verteidiger, abwechseln. Harden zu stoppen wird dennoch unmöglich sein. Vorteil Houston.

Teil I: Die Guard-Positionen

Teil II: Die Forward-Positionen und die Center

Teil III: Die Bank, die Coaches und die Prognose

Small Forward: Chandler Parsons vs. Kawhi Leonard

SPOXgettyParsons (15,1 Punkte, 5,4 Rebounds): Möglicherweise ist Chandler Parsons das größte Schnäppchen der NBA. In Houston ist der vielseitige Zweitrundenpick (2011) zum zweitbesten Scorer und Rebounder und drittbesten Passgeber avanciert und aus der Formation nicht mehr wegzudenken. Der 2,06-Meter-Mann verteidigt solide und hat seine größten Schwäche, den Wurf, stabilisiert. Parsons ist der ideale "glue guy", der Klebstoff, der die Rockets-Lineup zusammenhält.

Leonard (11,7 Punkte, 5,6 Rebounds, 1,7 Steals): San Antonios Bilanz, seit Leonard im Januar 2012 zum ersten Mal in die Startformation rutschte - und sich dort festspielte - beträgt unfassbare 97-28 Siege (78 Prozent). Leonard wurde schon als Rookie vom meist eher bedeckten Popovich als kommender Superstar gelobt und gibt den Spurs genau das, was sich jeder Coach wünscht: einen langen, athletischen, wieselflinken Defensivspezialisten (5,5 Rebounds, 1,7 Steals), der vorne intelligent und mannschaftsdienlich spielt, obwohl er jederzeit 20-plus auflegen könnte. Keine Frage: Leonard gehört die Zukunft.

Fazit: Das Duell auf der Drei ist ausgeglichen. Beide werden phasenweise die Position verändern und kleiner oder größer spielen (Parsons reißt ein Viertel seiner Einsatzzeit auf Shooting Guard ab, Leonard gibt von Zeit zu Zeit den Power Forward) und sich gleichzeitig um die gegnerischen Flügel-Scorer kümmern (Harden und Ginobili).

Power Forward: Donatas Motiejunas vs. Tim Duncan

SPOXgettyMotiejunas (5,4 Punkte, 1,9 Rebounds): Der Litauer durfte zwischen Oktober und Januar so gut wie nie auf das Feld, bevor ihn der Patrick-Patterson-Trade zu den Sacramento Kings in eine prominente Rolle drängte. 'D-Mo' antwortete auf seine Ernennung zum Starter mit 9,5 Punkten, 3,8 Rebounds und 1,5 Assists - solide Werte für den 22-jährigen Forward. Motiejunas ist vielseitig und ein intelligenter Passer, verfügt aber noch nicht über die nötige NBA-Härte beim Rebounding und in der Verteidigung. Dennoch sind die Rockets stärker, seit er Patterson in der Starting Five ablöste.

Duncan (17,3 Punkte, 10 Rebounds, 2,7 Blocks): Der wohl beste Power Forward aller Zeiten trinkt munter weiter aus dem Jungbrunnen, den er im Alamo gefunden hat und ist auch mit 36 Jahren unglaublich effizient geblieben. Duncans Minuten pro Partie bleiben bei überschaubaren 29 MPG und ermöglichen ihm seine effektivsten Leistungen seit knapp fünf Jahren. Er sondiert immer noch mit der Geduld eines Mönchs alle Möglichkeiten aus seiner bevorzugten Low-Post-Position, trifft dort immer die richtige Entscheidung und kann auch hinten in der Verteidigung noch mächtig zulangen (11. bei den Rebounds, 4. bei den Blocks). Eine absolute Legende, die immer noch zu den Besten gehört.

Fazit: Der eine ist ein Rookie, der erst seit wenigen Wochen in der Startformation steht. Der andere ist ein künftiger Hall of Famer, der vier NBA-Titel gewonnen hat. Ende der Durchsage.

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Center: Ömer Asik vs. Tiago Splitter

Asik (10,2 Punkte, 11,7 Rebounds): Vor seinem Wechsel aus Chicago gehörte Asik zu den besten Low-Post-Verteidigern der Liga. Auch in Houston überzeugt der Türke, obwohl seine Spielzeit und damit seine Anfälligkeit für Fehler in der Offensive massiv gestiegen ist. Er hat Hände aus Beton und könnte sich nicht einmal dann selbst den Wurf erarbeiten, wenn sein Leben auf dem Spiel stünde. Aber Asik kann rebounden - und wie! Seine 11,7 Abpraller pro Partie sind der zweitbeste Wert der Liga, seine 809 Defensivrebounds sogar der beste. Asik hat zwei Aufgaben in Houston: Bälle fischen und die Zone verteidigen. Das macht er gut.

Splitter (10,5 Punkte, 6,2 Rebounds): Der Brasilianer hat sich nach guten Einsätzen in der vergangenen Saison als Frontcourt-Starter neben Duncan etabliert und eine hervorragende Chemie mit ihm aufgebaut. Die guten pro-Minute Zahlen aus 2012 hat er konserviert und gibt den Spurs dank seiner agilen, technisch versierten Art eine weitere gute Inside-Präsenz, die ihre 110 Kilo Lebendgewicht gerne ins Getümmel unter den Körben schmeißt. Das Midrange-Game ist sein Ding nicht, aber - aufgepasst, Houston! - Splitter trifft gegen die Rockets 82% seiner Würfe aus dem Feld.

Fazit: Asik ist der dominante Rebounder und gute Post-Verteidiger, der im Angriff nur durch Putbacks, Dunks und Leger punktet. Splitter ist der gewiefte Offensiv-Big, der in der Defense nur ganz selten glänzt. Unentschieden.

Teil I: Die Guard-Positionen

Teil II: Die Forward-Positionen und die Center

Teil III: Die Bank, die Coaches und die Prognose

Bank: Carlos Delfino, Greg Smith, Thomas Robinson vs. Manu Ginobili, Boris Diaw, Gary Neal

SPOXgettyRockets: Carlos Delfino ist der Edeljoker auf Houstons Bank, die normalerweise 31 Punkte im Schnitt produziert. Delfino überdreht manchmal und nimmt viele schlechte Würfe (nur 41% FG), aber er bringt mit 10,7 PPG wichtiges Scoring ins Spiel, wenn Harden, Parsons oder Lin eine Pause brauchen. Thomas Robinson zeigt immer mal wieder, dass die Sacramento Kings ihn zu früh ziehen ließen (15 PKT gegen Cleveland), Smith ist meist der erste Große von der Bank. Patrick Beverley (5 PPG, 2,9 APG) hat Neuzugang Aaron Brooks auf der Backup-Guard-Position erfolgreich auf Distanz gehalten. Die Chancen, Tim Ohlbrecht spielen zu sehen, sind gering. Seitdem ihn Houston aus der D-League holte, kam der Deutsche nur in einem Spiel 6 Minuten zum Einsatz (3 Punkte), aktuell macht ihn eine Knöchelverletzung Probleme.

Spurs: Ginobili bleibt trotz seiner 35 Lenzen und den Spuren, die seine Spielweise nach fast 20 Jahren Profibasketball hinterlassen hat, der wichtigste Baustein der stets brandgefährlichen Spurs-Bank. Gary Neal (9 PPG) ist für solide 20 Backup-Minuten gut und kann den Sprungwurf treffen. Cory Joseph überzeugte in Parkers Abwesenheit als Starter auf der Eins. Stephen Jackson (6,2 PPG) und Boris Diaw (6 PPG) sind weitere, abgezockte Veteranen. Und mit Matt Bonner verfügen die Spurs über einen der sichersten Distanzschützen der Liga. Diese Truppe ist erfahren und harmoniert perfekt.

Fazit: McHale geht selten tiefer als 9 Mann in seine Rotation hinein. Delfino ist der einzige Ersatzmann, der so richtig heiß laufen und ein Spiel mit entscheiden kann. Ansonsten wird die junge Rockets-Bank der schwarz-weißen Spurs-Maschine gnadenlos ausgeliefert sein. San Antonios Reservisten erzielen 41,4 Punkte pro Partie, den zweithöchsten Wert der Liga, und verwalten Führungen nicht nur, sondern bauen sie häufig aus. Krasser Vorteil für die Spurs.

Head Coach: Kevin McHale vs. Gregg Popovich

SPOXgettyMcHale: McHale ist ein begnadeter Big Man Coach, der dank seiner eigenen Hall-of-Fame-Karriere bei den Boston Celtics alle Tipps und Tricks in der tiefen Box kennt und perfekt vermitteln kann. Asik, Robinson, Motiejunas & Co. profitieren davon enorm. Darüber hinaus installierte McHale vier Tage vor Saisonbeginn eine komplett neue Offense, um Hardens Stärken zu nutzen. Dass das jüngste Team der Liga um die Playoffs mitspielt und dabei so teamdienlich auftritt, ist sein großer Verdienst. Obwohl er harte persönliche Schicksalsschläge in diesem Jahr überwinden musste, macht McHale seine Sache ausgezeichnet und gilt zurecht als möglicher Coach-of-the-Year-Kandidat.

Popovich: Der Meister schlechthin. Man kann von Popovich und den Spurs halten, was man möchte, aber Fakt ist, dass hier seit Dekaden die beste Arbeit in der NBA geleistet wird. Seit Pops erster voller Saison im Amt (1997) haben die Spurs mehr als 70 Prozent ihrer Spiele gewonnen - vier Meisterschaften inklusive. Der 64-Jährige ist ein brillanter Taktiker, der obendrein über die perfekte soziale Kompetenz verfügt. Gegen Utah feierte Popovich am Freitag den 900. Sieg seiner Karriere - alle davon mit den Spurs.

Fazit: Sollten die Rockets einen Playoff-Platz verteidigen können, hat McHale gute Karten im Kampf um den Award als bester Trainer des Jahres. Es wäre aber keine Schande, von Popovich deklassiert zu werden, der die Spurs auf Top-Seed-Kurs hält. Seine bestens geölte Maschinerie liegt trotz Miamis Dominanz nur einen Sieg hinter den Heat. Klarer Vorteil Spurs.

Prognose

San Antonio (53-16) jagt die beste NBA-Bilanz und will gleichzeitig Platz eins in der Western Conference stabilisieren. Houston (38-31) will nicht nur einen Playoff-Platz klarmachen, sondern hat sogar realistische Chancen, auf Platz sechs zu klettern. Da ist Hochspannung im innertexanischen Duell einmal mehr garantiert. Beide Teams begegnen sich meist auf Augenhöhe, wenngleich die Spurs alle drei Duelle in dieser Saison für sich entschieden haben.

San Antonio führt in der ewigen Bilanz mit 97-75 und hat auch am Sonntag gute Karten, die aktuelle 4-Spiele-Siegesserie gegen Houston auszubauen. Parkers Rückkehr bedeutet, dass der antizipierte große Backcourt-Vorteil der Rockets fast vollständig verpufft ist. Parker behandelt die Rockets meist wie seine ganz persönlichen Trainingspartner und liebäugelt mit einer weiteren, großen Leistung. Inwiefern das Sprunggelenk nach den Overtime-Strapazen und dem ersten Spiel in zwei Wochen Probleme machen könnte, ist ungewiss, aber man darf davon ausgehen, dass Parker fit ist nach den Heldentaten gegen Utah, zwei Tagen Pause und einer kurzen Anreise.

Die Spurs weisen nicht nur die beste Bilanz in der Western Conference auf, sie sind auch das konstanteste und ausgeglichenste Team der Liga. Fünfter in der Offense, Dritter in der Defense, zweitbeste Ersatzbank - da kann kein anderer Klub auch nur ansatzweise mithalten. Popovichs Neuerfindung hat die Spurs in der Offensive nahezu unaufhaltsam gemacht. Angetrieben vom vielseitigen Parker und Duncan im Low Post dominieren sie bei Spot Ups, Cuts und im Pick & Roll. Dank der drittbesten Quote von jenseits der Dreierlinie und den meisten Assists ligaweit (25,3 APG) ist der Angriff nie vollständig zu neutralisieren.

Houston, das vor allem gegen Sprungwürfe und im Post anfällig ist, wird sich einmal mehr schwer tun, die Gäste am Scoren zu hindern (123 Spurs-Punkte im Schnitt in den ersten drei Duellen). Vorne haben die Rockets einen ähnlichen Spielstil: tonnenweise Pick & Roll (Platz 4), dazu eine mächtige Dosis Spot-Ups und Dreier (Houston nimmt und trifft die meisten langen Würfe der NBA).

Die Rockets spielen gerne schnell, und nur darin liegt gegen San Antonio die Chance: Ein Shootout in eigener Halle ist für Houston das beste Rezept gegen die mindestens ebenso potenten, aber taktisch besser aufgestellten Spurs. Beide Mannschaften wollen ihren guten Lauf aufrechterhalten, aber für San Antonio steht mehr auf dem Spiel: nächste Woche geht's gegen die Clippers, Nuggets und Heat. Da kann man sich eine Niederlage gegen ein junges Team, das um die Playoffs fightet, nicht erlauben. Sieg San Antonio.

Teil I: Die Guard-Positionen

Teil II: Die Forward-Positionen und die Center

Teil III: Die Bank, die Coaches und die Prognose

Der NBA-Spielplan im Überblick