NBA

James Harden: Kommt Zeit, kommt Bart

Von Sebastian Dumitru
James Harden (26,3 PPG) zählt mittlerweile zu den besten Flügelspielern der NBA
© getty

In der Nacht von Sonntag auf Montag (ab 0 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE) empfängt Houston die San Antonio Spurs. Die Playoff-Hoffnungen der Rockets liegen in den Händen eines Mannes: James Harden. Der ist bei den Texanern von schrulliger Kultfigur zum absoluten Megastar gereift.

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Der Aufstieg des James Edward Harden Junior kam nicht ganz unerwartet. Schließlich war der heute 23-Jährige bereits als Amateur ein Spieler mit waschechtem Starkaliber, zuerst auf der High School in Lakewood (Kalifornien) und später dann als einhelliger Pac-10 Spieler des Jahres bei den Arizona State Sun Devils in der NCAA. Sam Presti und die Oklahoma City Thunder zogen ihn 2009 an dritter Stelle aus dem Draft-Topf und machten ihn zum sogenannten "building block", zum wichtigen Baustein ihres jungen Teams, das schon bald für Furore sorgen sollte.

Während Oklahoma City auch dank Hardens Entwicklung in der NBA-Hierarchie immer weiter nach oben schoss, stellte sich der Flügelspieler mit dem kleinen Ego ganz in den Dienst der Mannschaft und stimmte sogar einer Bankrolle zu, um den Teamerfolg zu maximieren.

Mit Harden als übereffektivem Reservisten gewannen die Thunder vergangene Saison die Western Conference und scheiterten erst im NBA-Finale. Der junge Guard wurde dank exzellenter Statistiken (16,8 Punkte, 4,1 Rebounds und 3,7 Assists pro Spiel) und der unnachahmlichen Art, wie er zwischen zweite-Garde-Scorer und Crunchtime-Spielmacher hin und her wechseln konnte, als bester sechster Mann der Liga geehrt.

Famoser Relaunch

In Oklahoma City reifte etwas Großes heran, aber das neue Collective Bargaining Agreement machte den Thunder einen Strich durch die Rechnung. Weil das Geld knapp wurde und man sich nicht auf einen mehrjährigen Maximaldeal einigen konnte, wurde Harden nur wenige Tage vor Saisonstart nach Houston getradet. Dass er in Oklahoma City mehr als genug Ansätze gezeigt hatte, wusste man. Dass er in Houston zum Top-Scorer und Führungsspieler avancieren würde, war ebenso absehbar.

Die Frage war nur, wie viel er in der neuen Rolle von seiner effizienten und überaus produktiven Spielart einbüßt. Rockets-Manager Daryl Morey hatte schon damals ganz klare Vorstellungen: "Mit James haben wir jetzt endlich die Grundlage eines kommenden Titelaspiranten. Ein All-Star, ein elitärer Offensivspieler, ein kompletter Spieler. Er kann passen, werfen, zum Korb ziehen. Die Leute werden erstaunt sein, wie gut er wirklich ist."

Es dauerte nur zwei Spiele, ehe die gesamte NBA-Welt aufhorchte: Houstons neuer Kristallisationspunkt eröffnete die Saison mit 37 Punkten und 12 Assists beim Sieg in Detroit. Nur zwei Abende später legte er den Atlanta Hawks 45 ins Nest (14/19 FG, 15/17 FT). Ein neuer Star war geboren!

Stat Stuffer

Wer dachte, dass Hardens Wirkung schnell wieder verpuffen und Houston in den Niederungen der NBA-Tabelle verschwinden würde, hatte die Rechnung ohne die Fähigkeiten des 1,96 Meter Guards gemacht. Im Halfcourt-Set gibt es kaum jemanden, der es mit seiner Triple-Threat-Offensive aufnehmen kann. Harden scort exzellent, beeinflusst das Spiel aber gleichzeitig auf so viele unterschiedliche Arten, dass der Defensive permanent das Nachsehen bleibt.

Es sieht auf den ersten Blick nicht danach aus (vielleicht auch, weil Harden früher ein paar überflüssige Pfunde Babyspeck mit sich herum schleppte), aber Harden ist der prototypische Shooting Guard: gross, kräftig, schnell auf den Beinen, dazu ball- und wurfsicher. Mit 26,3 Zählern pro Partie belegt er Platz 5 im Scoring. Nur Kevin Durant, Carmelo Anthony, Kobe Bryant und LeBron James punkten mehr.

5,9 Assists sind gut genug für Platz 19 ligaweit. Aber: Harden ist der zweitbeste Ballverteiler unter den Nicht-Point-Guards. Nur James (7,2 APG) kredenzt mehr Vorlagen pro Abend. Hinzu kommen noch 4,8 Rebounds und 1,8 Steals (Platz 5) pro Spiel - alles Karrierebestwerte für den ehemaligen Reservespieler, der immer besser wird.

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In einem Aspekt ist Harden schon jetzt die unangefochtene Nummer eins: beim Ziehen von Fouls. Sein unermüdlicher Drive zum Korb und die stets unorthodoxe Art eines Linkshänders bringen gegnerische Abwehrreihen permanent in Schwierigkeiten. Die wissen sich dann oft nur noch mit einem Foul zu helfen. Harden führt die Liga bei den Gesamtversuchen (657) und den Versuchen pro Spiel (10,1) von der Linie an. Eine elitäre 85,7 Prozent Trefferquote garantiert, dass Houston in engen Partien immer über seinen besten und gefährlichsten Spieler gehen kann.

Das neue Anforderungsprofil

Harden blüht regelrecht auf, seitdem er aus dem Schatten heraus getreten ist, den seine guten Freunde Durant und Russell Westbrook in Oklahoma City auf ihn warfen. Harden ist schon jetzt ein echter Superstar, weil er ein junges Team um ihn herum nicht nur tragen kann, sondern auch immer besser zu werden scheint, je höher die Einsätze werden. Im Februar steigerte er sich auf 28,7 PPG, 6,3 RPG und 6,8 APG bei 52,9 Prozent aus dem Feld.

Seine Aufgaben sind andere als noch bei den Thunder. Dementsprechend unterschiedlich ist auch der Fokus, sowohl sein eigener, als auch der der Gegner. "Ich bin in einer ganz anderen Rolle", weiß der Franchise-Spieler selbst. "Ich muss Wege finden, diese Rolle zu meistern. Natürlich ist mein Selbstvertrauen jetzt ein anderes. Ich bin jetzt die erste Option. Da muss mein Selbstvertrauen hoch sein, um meinen Teamkollegen zu beweisen, dass wir diese Spiele gewinnen können."

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Während Harden in OKC noch viel isolierte und häufig von außen warf, richtet er heuer den größten Schaden als Ballhandler im Pick & Roll und mit direkten Vorstößen zum Ring an. Dort schließt er entweder hochprozentig ab, oder er setzt die vielen Dreierschützen der Rockets in Szene. Houston nimmt und trifft die meisten Distanzwürfe der Liga.

Die übrigen Stärken des texanischen Teams, das wenige Wochen vor Ende der regulären Saison nach wie vor auf einem Playoff-Platz im hart umkämpften Westen rangiert, sind ebenfalls eine 1:1-Kopie von Hardens Spielstil: meist schnell (Platz 1 beim Spieltempo), explosiv (Platz 2 bei den Punkten pro Partie), effizient (Platz 3) und teamdienlich (Platz 5 bei den Assists).

Es scheint so, als hätte Morey im Herbst den richtigen Riecher gehabt. Harden rechtfertigt jedenfalls den hochdotierten Langzeitvertrag (5 Jahre/80 Millionen US-Dollar), den er bei den Rockets unterzeichnete. Für Nationalmannschaftskollege James steht außer Frage, dass Harden jeden Penny wert ist: "Er hat jetzt ganz offiziell Superstar-Status erreicht. Er hat sich den Maximalvertrag redlich verdient. Er kann von allem etwas."

Kleiner Traum, große Wirkung

Harden selbst sieht seinen kometenhaften Aufstieg gelassen - wenngleich kein Spieler auch nur ansatzweise an seine Produktionssteigerung in 2012/13 heran kommt: Harden erzielt unfassbare 9,5 Punkte mehr pro Partie als noch vor einem Jahr. Karrierehöchstwerte durch die Bank weg machen ihn sogar zu einem legitimen "Most Improved Player" Kandidaten.

Der neue NBA-Superstar, der aufgrund seines mächtigen, zuletzt 2009 rasierten Bartes absoluten Kultstatus unter Basketball-Fans erreichte, will lieber am Boden bleiben, an seiner Defensive arbeiten und sich weiterhin anpassen, an die extra Aufmerksamkeit der Gegner, an seine Teamkollegen und die veränderten Erwartungen in Houston.

Abheben? Nicht er: "Mein Traum war es immer nur, in der NBA zu spielen. Ich hatte nie vor, ein Star zu sein. Ich wollte nur in die NBA. Ich hatte so viel Glück mit der Final-Teilnahme, jedes Jahr Playoffs, seitdem ich in der Liga bin. Das hier ist ein völlig neuer Schritt, eine neue Rolle, und ich freue mich auf alles, was noch kommt."

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