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NBA - 5 Fragen zu den Atlanta Hawks: Der Fluch der guten Tat

Robert ArndtOTHER
05. Juli 202107:34
Spielen Trae Young und John Collins auch in der kommenden Saison zusammen für die Hawks?getty
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Den Atlanta Hawks fehlten am Ende zwei Siege zum erstmaligen Erreichen der Finals. Trae Young mauserte sich in diesen Playoffs zu einem Superstar, andere Youngster bewiesen sich auf dem höchsten Niveau. Dennoch warten in den kommenden Jahren knifflige Aufgaben auf die Hawks, eine steht bereits diesen Sommer an.

Wie ist die Saison der Hawks zu bewerten?

Selbst kühnste Optimisten hätten wohl nicht damit gerechnet, dass die Hawks nach drei Jahren im Tank-Modus sofort zwei Playoff-Runden für sich entscheiden würden. Das Erreichen der Postseason war mit einem runderneuerten Kader Pflicht, dies wurde von der Besitzergruppe um den ambitionierten Tony Ressler vor der Saison klar formuliert. Über Umwege wurden diese Erwartungen deutlich übertroffen.

Ex-Coach Lloyd Pierce gelang es nicht, ein Team zu formen, Gerüchten zufolge war auch sein Verhältnis zu Trae Young über Jahre ein Problem. Es brauchte in Nate McMillan einen erfahrenen Coach, um das zusammengewürfelte Team auf Linie zu bringen und die Regular Season mit 27-11 zu beenden.

Mit McMillan gelang der Spagat, einerseits Young zur Entfaltung kommen zu lassen, andererseits aber auch alle anderen Spieler zu involvieren und eine respektable Defense zu etablieren. Seit der Übernahme von McMillan gewann kein Team im Osten mehr Spiele als Atlanta.

Die Mischung stimmt inzwischen. Bogdan Bogdanovic, Danilo Gallinari und Lou Williams waren gute Ergänzungen, mit Kris Dunn fiel ein weiterer vielversprechender Neuzugang fast das komplette Jahr aus.

Den Atlanta Hawks fehlten zwei Siege für die NBA Finals.getty

Und dennoch gewannen die Hawks gleich zwei Serien als Auswärtsteam, darunter auch Spiel 7 beim Top-Seed Philadelphia 76ers. Aus Hawks-Sicht ist es mehr als ärgerlich, dass Young sich in Spiel 3 gegen die Bucks unglücklich am Knöchel verletzte, so bleibt auch hier ein "Was wäre, wenn ..."-Szenario. So oder so sind die Hawks nun wieder relevant, jung, aufregend und gewissermaßen dem Zeitplan voraus.

Der Kern ist gefunden, Fragen wurden beantwortet. Nun ist es am Management der Hawks, den Kader weiter zu optimieren und auszutarieren. Schritt eins dürfte die Personalie McMillan sein, der auch in den Playoffs weiter als Interimscoach geführt wurde. In den kommenden Wochen soll es Gespräche über eine Beförderung zum Head Coach geben. Es ist davon auszugehen, dass "Mr. Sonic" den Hawks erhalten bleibt.

Bucks vs. Hawks: Die Serie im Überblick - 4-2

SpielDatumHeimAuswärtsErgebnis
124. JuniBucksHawks113:116
226. JuniBucksHawks125:91
328. JuniHawksBucks102:113
430. JuniHawksBucks110:88
52. JuliBucksHawks123:112
64. JuliHawksBucks107:118

War das Vordringen in die Conference Finals eine Eintagsfliege?

Es kommt auf die Sicht der Dinge an. Der Einzug in die Conference Finals war absolut verdient, gleichzeitig wird der Osten in der Spitze nicht schwächer werden. Milwaukee und Brooklyn werden auch im kommenden Jahr die Favoriten sein, was in Philadelphia passiert, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen.

Die Boston Celtics und die Miami Heat bleiben ambitioniert, selbst die New York Knicks oder auch die Indiana Pacers könnten in naher Zukunft besser aufgestellt sein. Es zeigt: Garantiert ist für die Hawks nichts, gleichzeitig haben auch sie noch Luft nach oben und haben mit dem tiefen Lauf die ersten Sporen verdient.

Geht es nach Young, war dies erst der Anfang. "Ich habe immer Vertrauen in mich und die Jungs in der Kabine haben es auch", erklärte der Star-Guard Atlantas. "Die Gruppe glaubt an sich und das ist es, was Nate immer wieder predigt. Ich glaube schon, dass unser Team eine Meisterschaft gewinnen kann."

Das Potenzial ist da, Young ist erst 22, blutjung sind auch De'Andre Hunter (23), Cam Reddish (21), Onyeka Okongwu (20) oder John Collins (23), auch wenn hinter seinem Namen Fragezeichen bleiben (siehe Frage 4). Gerade Reddish und Hunter machten in ihrer zweiten Saison enorme Fortschritte, die Vision von GM Travis Schlenk mit dieser jungen Flügelzange wurde Spiel für Spiel sichtbarer.

Beide fehlten jedoch große Teile der Playoffs. Wenn sie spielten, deuteten sie an, dass sie für größere Aufgaben gewappnet sind. Wichtig wird sein, dass das Geleistete nicht als selbstverständlich angesehen wird. Die Atlanta Hawks werden in der kommenden Saison von vielen Gegnern anders gesehen werden, sie sind nicht mehr die bemitleidenswerte junge Mannschaft.

So platt es klingt: Die Bilanz für die Saison 21/22 steht bei 0-0, wie für jedes andere Team auch. Die Playoffs werden auch im kommenden Jahr erreichbar sein, danach ist vieles möglich. Diese verrückten Playoffs waren der perfekte Beweis dafür.

Ist Trae Young endgültig ein Superstar?

Kein Spieler hat in dieser Saison mehr Mäuler gestopft als Trae Young. Der Hawks-Star war weder All-Star noch All-NBA-Spieler, in den Playoffs zählte er nun zu den besten Spielern und räumte mit zahlreichen Zweifeln auf.

Kann Young auch gegen Playoff-Verteidigungen glänzen? Findet er Lösungen, wenn sich Gegner gezielt auf ihn vorbereiten? Ist er ein guter Anführer, dem seine Mitspieler folgen? All das kann mit einem Ja beantwortet werden. Young zerlegte die gefürchtete Knicks-Defense und ließ sich von All-Defense-Spielern wie Ben Simmons und Jrue Holiday nicht beeindrucken.

Vielmehr blühte Showman Young auf der großen Bühne regelrecht auf. Bereits mit 22 Jahren schraubt der Guard Verteidigungen wie ein alter Hase auseinander. Young hat nun ein besseres Gefühl für Situation, wann er Mitspieler einsetzt, wann er den eigenen Wurf sucht.

Die Auswahl ist hier ein springender Punkt. Die tiefen Logo-Dreier sind seltener geworden, dafür penetriert er häufiger und besitzt den vielleicht tödlichsten Floater der kompletten NBA. Es ist das beste Mittel, um absinkende Verteidigungen zu bestrafen und Zusammenstöße mit den Center-Kanten der Liga zu vermeiden.

Über den Draft-Day-Trade der Hawks, als man Luka Doncic für Young nach Dallas schickte, macht sich inzwischen keiner mehr lustig. Young hat bewiesen, dass er ebenso ein Franchise-Star sein kann. Es ist beinahe ironisch, dass der Hawks-Guard bis in die Conference Finals vorstieß, bevor Doncic auch nur eine Playoff-Serie mit seinem Team gewann.

Freilich sind das Äpfel und Birnen, die Hawks bauten ihr Team schlichtweg geschickter um Young auf und könnten womöglich erneut profitieren. Wie die Mavs mit Doncic, kann auch Atlanta ab dem 1. August über eine vorzeitige Vertragsverlängerung, eine sogenannte Rookie Extension, verhandeln.

Während aber Doncic bis zu 200 Millionen Dollar auf fünf Jahre kassieren kann und wird, beträgt das Maximum für Young im Moment "nur" rund 170 Millionen Dollar. Die Kriterien besagen, dass ein Spieler mindestens zweimal im All-NBA-Team gestanden haben muss oder eben in der letzten Spielzeit, bevor der neue Vertrag startet.

Doncic hat das bereits mit zwei First Teams erreicht, Young muss in der kommenden Saison zu einem der 15 besten Spieler der NBA gewählt werden, um sich das zusätzliche Cash zu sichern. Dass er dies wert ist, steht außer Frage. Er alleine hält eine Offense am Laufen, etwas Wertvolleres gibt es in der heutigen NBA nicht.

Was passiert mit John Collins?

Es ist die wichtigste Frage der Hawks-Offseason. Collins wird Restricted Free Agent, nachdem sich beide Seite im Dezember nicht auf einen neuen Vertrag einigen konnten. Der Forward soll damals über 90 Millionen Dollar abgelehnt haben und wettete in der Hoffnung auf einen Maximalvertrag lieber auf sich selbst.

Das sorgte für Spekulationen, nicht wenige erwarteten einen Trade zur Deadline, doch Atlanta hielt an Collins fest, auch weil genau in dieser Zeit mit McMillan der Turnaround geschafft wurde. Nun heißt es aber Butter bei die Fische für die Hawks, die wohl oder übel eine Entscheidung treffen müssen.

"John ist ein wichtiger Teil unseres Teams", wurde GM Schlenk nicht müde zu betonen. "Wir wissen, wie effizient er im Angriff sein kann. Er schließt in der Zone ab und trifft auch vom Perimeter." Die Zahlen belegen das, Collins trifft über 50 Prozent aus dem Feld und rund 40 Prozent aus der Distanz, eine seltene Kombination für einen so athletischen Spieler wie ihn.

John Collins wird im Sommer Restricted Free Agent.getty

Collins will wie ein Star bezahlt werden und zeigte in den Playoffs auch viele gute Vorstellungen, unter normalen Umständen ist er aber vermutlich keinen Maximalvertrag wert. Das muss aber nichts heißen, gerade in der Restricted Free Agency kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Spieler überbezahlt werden, weil ein anderes Team nur durch ein unmoralisches Angebot die Finger an einen Akteur bekommen kann.

Überdurchschnittliche Spieler, die aber keinen Starstatus hatten wie zum Beispiel Harrison Barnes (Dallas) oder Otto Porter Jr. (Washington), erhielten so die volle Bootsladung, bei Collins könnte es ähnlich laufen. Nach dem Ausscheiden sprach Collins nicht über seine Situation, wurde aber nicht müde zu betonen, dass "wir", in dem Fall die Hawks, erneut angreifen werden.

Sollte Atlanta Collins nicht halten, bleiben nur rund 15 Millionen an Cap Space übrig. Verlängert man, könnte es schnell sehr teuer werden, schließlich beginnt im Jahr darauf der Maximalvertrag von Young und auch ein Kevin Huerter will dann bezahlt werden. Das ist aber nun mal der Preis für ein junges Team, welches über Jahre ganz oben mitspielen möchte.

Was können die Hawks ansonsten in der Offseason machen?

Atlantas Mittel, um das Team zu verbessern sind begrenzt. 2020 war das Jahr, in welchem man mit Bogdan Bogdanovic, Danilo Gallinari oder dem Trade für Clint Capela die Bücher füllte. Sollte Collins einen Deal nahe des Maximums (zwischen 25 und 28 Millionen jährlich) erhalten, bleiben Atlanta nur noch rund 12 Millionen, um unter der Luxussteuergrenze zu bleiben.

Aus der Rotation werden lediglich Solomon Hill, Tony Snell und Lou Williams Free Agents, letzterer war nach dem Rondo-Debakel auch ein Grund, warum Atlanta in der Spitze des Ostens mitmischte. Williams füllte die Rolle als weiterer Ballhandler in den Minuten ohne Young, selbst in den Playoffs machte er diesmal seine Sache ordentlich.

Dennoch würde auch ein weiterer Spielmacher nicht schaden, im Idealfall hat er bereits ein paar Jahre auf dem Buckel. Alternativ könnten die Hawks auch ihren eigenen Erstrundenpick (#20) verwenden.

Ansonsten muss vermutlich gar nicht groß nachgebessert werden. Reddish, Hunter und Huerter dürfte ein weiterer Sommer für die Entwicklung gut tun, zudem darf man einen Sprung von Okongwu als Backup-Center erwarten. Der Rookie verpasste die ersten Saisonwochen und hatte zunächst Anpassungsschwierigkeiten, deutete aber in den Playoffs sein enormes Potenzial mehrfach an.

Dazu könnten die Hawks neben Young auch noch mit zwei weiteren Spielern vorzeitig verlängern. Clint Capela, der einer der besten Defensiv-Center der Saison war, könnte für weitere drei Jahre 70 Millionen bekommen. Huerter kann ebenso langfristig gehalten werden.

Atlanta Hawks: Die Free Agents im Überblick

SpielerPositionAlterGehalt 20/21 (in Mio.)Status
Brandon GoodwinPG251,7RFA
Lou WilliamsSG348UFA
Tony SnellSF2912,2UFA
Solomon HillPF301,6UFA
John CollinsPF234,1RFA
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