Topfavorit vs. Nemesis, Champ als Außenseiter

Stefan PetriLukas Zahrer
06. Oktober 201713:10
Justin Turner trifft mit den Dodgers auf den Angstgegner aus der Wüstegetty
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Nun starten auch die letzten Teams in die Playoffs der MLB. In der National League Division Series treffen die Washington Nationals auf den amtierenden Champion Chicago Cubs, während die Los Angeles Dodgers mit Wild-Card-Gewinner Arizona Diamondbacks ein unangenehmes Los bekommen haben. Wie stehen die Chancen auf den NLCS-Einzug? SPOX analysiert die Ausgangslage.

Washington Nationals (97-65) - Chicago Cubs (92-70)

Ausgangslage: Start-Ziel-Sieg für die Nationals in einer schwachen NL East, und so konnte man früh vorausschauen auf einen möglichen World-Series-Run, um endlich die seit 1924 andauernde World-Series-Dürre in der Hauptstadt zu beenden. Der Kader ist klasse: Mit Max Scherzer, Stephen Strasburg und Gio Gonzalez hat man gleich drei Pitcher, die in der Cy-Young-Wahl Stimmen abstauben sollten - und Scherzer sollte das Ding eigentlich gewinnen. Das Lineup ist mit Bryce Harper, Ryan Zimmerman, Daniel Murphy und Trea Turner ebenfalls gut besetzt - dazu kommt noch MVP-Kandidat Anthony Rendon an der dritten Base.

In der ersten Saisonhälfte gab es eigentlich nur eine Problemzone bei den Nats: den Bullpen. Mit dem einen oder anderen Trade wurde da aber fleißig nachgeholfen. Jetzt steht man auch in den späteren Innings sehr solide da. Die größte Frage für Skipper Dusty Baker sind Verletzungen: Allzu oft hatte er seine Stars in den letzten Monaten nicht zusammen, Harper ist gerade von einer Knieverletzung zurückgekehrt. Und Scherzer musste im letzten Saisonstart frühzeitig mit einem Krampf runter. Ist er für die Serie vollständig fit?

Die Cubbies mussten in der ersten Saisonhälfte erst noch ihren Rausch nach dem World-Series-Gewinn ausschlafen. Zumindest schien es so, teilweise lieferten sie sich in der NL Central sogar einen Vierkampf mit den Brewers, Cardinals und Pirates. Was gar nicht so ungewöhnlich ist: Seit 2012 hatten alle Champions im Jahr darauf die Playoffs verpasst. Und gerade bei den Pitchern waren die Asse des letzten Jahrs plötzlich nur noch guter Durchschnitt.

Aber am Ende war das Team von Manager Joe Maddon einfach zu talentiert. Nach dem All-Star-Break zog es der Konkurrenz davon und sicherte sich die Division am Ende doch relativ souverän. Das Lineup mit Anthony Rizzo und MVP Kris Bryant lieferte ab, dazu legten die Starter einen Zahn zu. Die Defense stimmt ebenfalls. Wird trotzdem schwer: Seit den Yankees von 2000 hat kein Team mehr den Titel verteidigt.

Players to watch:Es gibt im District of Columbia eigentlich nur zwei Themen: Max Scherzer und Bryce Harper. Nachdem Scherzer am Sonntag vom Mound hüpfte, gab sich das Team betont gelassen: der Krampf im Oberschenkel sei nicht so schlimm, kein Grund zur Panik. Dennoch wird die Rotation laut Baker "wahrscheinlich" beeinflusst. Sollte Scherzer erst in Game 3 der Serie - und damit definitiv nur einmal - eingesetzt werden, wäre das im Zweifelsfall eine enorme Schwächung.

Harper hat seit dem 12. August kein Spiel mehr über die vollen neun Innings bestritten, nach seiner Knieverletzung gingen die Nationals extrem vorsichtig mit ihrem extravaganten Superstar um. Der war in den wenigen At-Bats im Endspurt aber weit von seiner Bestform entfernt und könnte sich in dieser Form an der Spitze des Lineups sogar negativ bemerkbar machen.

Die Cubs dürften in Game 1 auf Kyle Hendricks setzen, nachdem Jake Arrieta aufgrund von Oberschenkelproblemen frühestens in der dritten Partie starten wird. Der 27-Jährige, für Maddon zuletzt "einer der besten Pitcher in der Liga", hat im September in fünf Starts einen ERA von 2.01 aufgelegt. Und zwar mit herrlich altmodischem Baseball: Kaum zu glauben, doch Hendricks knackt mit seinen Pitches nicht einmal die 90 Meilen auf der Radar Gun - und ist trotzdem unglaublich effektiv.

Prognose: Wenn Scherzer fit ist, gehen in puncto Rotation auf dem Papier eigentlich alle Duelle an die Nationals. Und der Bullpen von Maddon war zuletzt ebenfalls nicht so effektiv wie gewohnt. Das reißt auch die Doppelspitze Bryant-Rizzo nicht für die Cubs raus. Sorry, aber es wird nichts mit der Titelverteidigung. Nationals in 4.

Los Angeles Dodgers (104-58) - Arizona Diamondbacks (93-69)

Ausgangslage: Was war das für ein Rollercoaster, den die Dodgers in ihrer Regular Season erlebten: Eine Bilanz von 56-11 im Zeitraum von Juni bis August, gefolgt von einer Negativ-Serie von 1-16. Die Dodgers waren sinngemäß gleichzeitig das beste und schlechteste Team der MLB.

Am Ende der Saison stand L.A. aber mit 104 Siegen und damit mit der besten Bilanz aller Teams da. Dabei machte vor allem die Rotation eine gute Figur, die Starting Pitcher der Dodgers sind Erster in ERA. Zudem hat man in der gesamten Spielzeit 580 Runs zugelassen, nur die Cleveland Indians kassierten weniger (564).

Das Team mit der höchsten Payroll gewann ihren fünften Division Titel in Folge, der letzte Einzug in die World Series liegt aber bereits 29 Jahre zurück, als man schließlich sogar Champion wurde. Genau danach sehnen sich die Dodgers, doch der Erstrundengegner könnte ein unangenehmer werden.

Die Bilanz der Dodgers gegen die Diamondbacks in der Regular Season: 8-11. Arizona scorte 21 Runs mehr als die Dodgers, gewann zu einem Zeitpunkt sogar sechs Duelle in Folge. Großen Anteil daran hatte Robbie Ray, der den Dodgers über 50 Strikeouts in knapp 30 Innings einschenkte. Allerdings musste Ray in der Wild Card gegen Colorado aushelfen und 2 1/3 Innings pitchen, ein Start in Game 1 eher unwahrscheinlich.

Generell verfügen aber auch die D-backs über eine grundsolide Rotation: Die vier Top-Starter Zack Greinke, Taijuan Walker, Zack Godley und Ray haben allesamt einen ERA unter 3.50, und das obwohl der Ballpark in Arizona eigentlich den Hittern entgegenkommt. Zudem hat Arizona über die gesamte Spielzeit 231 Runs weniger zugelassen als in der vergangenen Saison.

Players to watch: Clayton Kershaw ist die Speerspitze der Dodgers-Rotation, er konnte aber in seiner Karriere bislang noch nie in den Playoffs überzeugen. Vor allem eine bizarre Statistik gibt Aufschluss über seine Schwächen: In allen siebten Innings, die Kershaw in der Postseason gepitcht hat (fünf Mal), ließ er zwölf Hits, sechs Walks und 14 Runs zu. Manager Dave Roberts wird Kershaw dieses Mal vermutlich nicht so lange pitchen lassen und mehr auf seinen Bullpen setzen.

Außerdem verfügen die Dodgers mit Kenley Jansen über einen der besten Closer im Baseball. Hinter Jansen wird die Luft zwar ein wenig dünner, aber der Dodgers-Bullpen muss sich vor dem aus Arizona nicht verstecken.

Gäbe es keinen Aaron Judge, würde die ganze Baseball-Szene von der Rookie-Saison von Cody Bellinger sprechen. 39 Homeruns machten ihn in seinem ersten Jahr zum Star der Dodgers-Offense, doch in den bisherigen Saison-Duellen mit den Diamondbacks schlug er lediglich .179, er könnte sich gegen Arizona erneut schwer tun.

Die Offense auf der anderen Seite wird von Paul Goldschmidt angeführt, der seinerseits 36 Homers schlug. Allerdings kam auch er gegen die Dodgers nicht so wirklich in die Gänge, vor allem gegen Kershaw konnte er heuer kein einziges Mal einen Hit verbuchen. Arizona hat aber mit J.D. Martinez, der im Juli von den Tigers geholt wurde, ein weiteres Ass im Ärmel. Ihm gelangen Anfang September vier Homeruns in einem Spiel - gegen die Dodgers.

Prognose: Die Dodgers hätten bestimmt lieber gegen die Colorado Rockies gespielt. Die Diamondbacks sind ein ungünstiges Matchup, aber die Klasse von L.A. mit ihren Top-Pitchern, die verdammt wenige Runs zulassen, wird sich am Ende durchsetzen. Dodgers in 5.

Dieser Artikel wurde ohne vorherige Ansicht durch die Major League Baseball veröffentlicht.