Timo Boll redete nicht um den heißen Brei herum. Der fünffache Tischtennis-Europameister will beim EM-Turnier in St. Petersburg seine Medaillensammlung vergrößern.
"In dieser Form muss man mich sicherlich zum Kreis der Titelanwärter zählen", sagte der keinesfalls zur Selbstüberschätzung neigende Düsseldorfer.
Der zweite Platz beim Weltcup in Lüttich, wo er im Finale gegen den Chinesen Wang Hao verlor, stempelt Boll zum Favoriten für die umstrittenen kontinentalen Titelkämpfe, die am 12. Oktober enden.
Nach Olympia kam das Tief
"Das gibt es wohl in keiner anderen Sportart, dass eine EM so kurz noch Olympischen Spielen stattfindet", mokierte sich Boll über die unglückliche Terminierung.
Direkt nach Peking, wo die Herren des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) die viel beachtete Silbermedaille gewannen, war er erst einmal in ein Loch gefallen. "Ich habe danach eine ruhige Phase eingebaut", gestand der Linkshänder.
Fünf Wochen später ist der Elan aber wieder da. "Ich bin auf einem guten Weg", sagte Boll. Er muss in St. Petersburg drei EM-Titel im Einzel, im Doppel mit Christian Süß und mit dem Team verteidigen.
Roßkopf unterstützt Prause
Trotz der Dauerbelastung schickt der DTTB sein stärkstes Aufgebot ins EM-Rennen. Das Düsseldorfer Olympia-Trio mit Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Christian Süß wird durch das Frickenhausen-Duo Bastian Steger und Patrick Baum ergänzt.
"Wir sind als Titelverteidiger die Gejagten und müssen uns dem stellen. Das ist keine leichte Situation", sagte Herren-Bundestrainer Richard Prause.
Er wird erstmals durch Rekordnationalspieler Jörg Roßkopf unterstützt, der in der Stadt an der Newa sein Amt als Assistenztrainer antritt.
Schadensregulierung bei Damen
Die DTTB-Herren sind in den Gruppenspielen gegen Dänemark, Ungarn und Frankreich favorisiert und sollten sich ohne Probleme für das Viertelfinale am Montag qualifizieren können.
Kroatien, Österreich, Weißrussland mit dem EM-Zweiten Wladimir Samsonow sowie Russland gelten als härteste Titel-Rivalen.
Anders ist die Ausgangslage bei den DTTB-Damen. Nach dem total verpatzten Olympia-Turnier steht die EM unter dem Motto Wiedergutmachung.
Der Ausfall von Elke Schall (Busenbach) wiegt aber schwer. Die vierfache Europameisterin musste wegen einer Fußverletzung am Mittwoch kurzfristig absagen.
Schweres Vorrunden-Los
"Wir dürfen uns von dieser Nachricht nicht unterkriegen lassen", forderte Damen-Coach Jörg Bitzigeio. Er verzichtete auf eine Nachnominierung.
Auch Rekordmeisterin Nicole Struse (Kroppach) gehört wie bei Olympia und der Team-WM im Februar in China nicht zum Aufgebot.
Neben Spitzenspielerin Jiaduo Wu (Kroppach) sind Zhenqi Barthel (Holsterhausen), Amelie Solja (Saarlouis-Fraulautern) und Kristin Silbereisen (Busenbach) bereits in der Vorrunde gefordert. Die Gruppengegner Rumänien, Kroatien und Serbien sind alles andere als leichte Lose.