Mit dem Shanghai Masters beginnt am 7. September die Snooker Main Tour. Zeit für SPOX, die zehn Spieler näher zu beleuchten, die für Aufsehen sorgen könnten. Mit dabei sind natürlich The Rocket, der Merlin of Milton und der Wizard of Wishaw.
Was wird aus Ronnie O' Sullivan?
Es ist in jedem Jahr dasselbe - die Saison ist zu Ende und Ronnie philosophiert über seine Zukunft, über seine Beziehung zum Snooker und sein Leben.
"Ich habe das Gefühl, nichts mehr beweisen zu müssen, ich habe alles gegeben, was ich geben kann und suche wirklich sehr, sehr intensiv nach Gründen weiterzumachen", sagte O'Sullivan und ergänzte: "Ich liebe mein Leben. Ich liebe es, ich zu sein und ich liebe, was ich tue - außer Snooker spielen. Wenn Snooker das Einzige ist, was mich nicht befriedigt, dann ist das okay. Ich habe trotzdem ein tolles Leben."
Kommt Ronnie also zurück, oder lässt er sein Queue in einer Ecke verstauben? Der talentierteste Spieler aller Zeiten wird die Fans auch in der nächsten Saison an den Tischen verzücken, denn er liebt das Spiel genauso, wie er es hasst. Das ist Teil seiner Person, die seit Jahren mit inneren Dämonen kämpft. Immer wieder gewinnen die Depressionen die Überhand über sein Gemüt.
Doch für die nächste Saison gibt es auch Grund zur Freude. Sein Vater, der 1992 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, kann seinen Sohn erstmals auf der Main Tour sehen, da er im Laufe der Saison endgültig entlassen wird. Er ist der Mittelpunkt in Ronnies Leben: "Ich habe, seit er im Gefängnis ist, jede Sekunde an jedem Tag über seine Entlassung nachgedacht."
Der SPOX-Tipp: Ein Titel und mindestens das WM-Halbfinale
John Higgins - Ziel Titelverteidigung
Der Weltmeister ist der beste Allrounder der Welt und psychisch das Gegenteil von Ronnie O'Sullivan - solid as a rock. Der WM-Titel war eine Genugtuung für den Wizard of Wishaw, der sowohl einer der besten Break-Builder der Szene ist als auch Safeties auf absolutem Top-Niveau spielt.
Nach seinem dritten Triumph in Sheffield sagte er: "Viele Leute konzentrierten sich auf die sogenannten Big Four mit Ronnie [O' Sullivan], Mark [Selby], Stephen [Maguire] und Shaun [Murphy], aber ich denke, dass ich gut genug bin, um in diese Gruppe zu gehören und ich hoffe, dass die Menschen nun auch so über mich denken."
Den Druck, den der WM-Titel mit sich bringt, verkraftet wohl kein Spieler so gut wie der Schotte, der im Crucible zweimal nur einen Frame vom Aus entfernt war. Auch aufgrund dieser Fähigkeit zählt Higgins in der kommenden Saison zu den Spielern, die alle im Blick haben müssen, wenn es um Siege geht.
Der SPOX-Tipp: Ein Titel, aber nicht bei der WM
Wettet Stephen Maguire?
Das Spiel des Merlin of Milton scheint keine Schwächen zu haben, sein Kopf aber schon. Maguire fällt in langen engen Matches oft in der Konzentration ab und so entstehen Rückstände, die schwer aufzuholen sind.
Am Ende der letzten Saison war der Schotte frustriert: "Teilweise war meine Vorstellung bei der WM peinlich. Im Jahr spiele ich zwei, drei gute Matches. Irgendwie bin ich die Nummer zwei der Welt, aber ich weiß nicht wieso, denn ich spiele wie eine 102."
Im Sommer musste sich Maguire mit Problemen ganz anderer Art auseinandersetzen. Zusammen mit Jamie Burnett wurde er Anfang August von der Polizei hinsichtlich eines Spiels der beiden bei der UK Championship vernommen. Im Vorfeld des Spiels waren ungewöhnlich hohe Wetteinsätze auf einen 9:3-Sieg Maguires eingegangen, der das Spiel prompt mit diesem Ergebnis für sich entschied.
Maguire bestreitet, mit den Wetten in Verbindung zu stehen, aber ein Fragezeichen wird bis zum offiziellen Bericht der Polizei über ihm schweben. Zusätzlich setzt sich Maguire selbst unter Druck. Er will endlich einen großen Turniersieg beim Masters, der UK Championship oder der WM. Für Maguire spricht, dass er sich im Sommer um seine Augen gekümmert hat - die sind frisch gelasert.
Der SPOX-Tipp: Ganz schwer, aber Maguire gewinnt kein Turnier
Stephen Hendry auf dem Weg zurück?
Der Golden Boy und Dominator der 90er-Jahre durchlebt seit Jahren eine Achterbahnfahrt. Einem Ball, der an den unglaublichen Hendry vergangener Zeiten erinnert, folgt oft eine verschossene Farbe vom Spot oder ein einfacher Fehler im Stellungsspiel.
Hendry selbst sagt, er würde aufhören, wenn er nicht wüsste, dass er noch Siege in sich hätte. Seine Trainingsleistungen sind überragend, allein der Transfer in die Turniere gelingt nicht.
Einfacher wird die Rückkehr auf den Snooker-Thron auch im kommenden Jahr nicht. Hendry feierte im Januar seinen 40. Geburtstag. Auch wenn Snooker kein wirklich körperbetonter Sport ist, wird es im Alter schwerer, die Konzentration über Stunden hochzuhalten. Auch die Augen werden mit 40 nicht besser. Gründe, die gegen ein großes Comeback von Hendry sprechen.
Doch der Wille des siebenfachen Weltmeisters sollte nicht unterschätzt werden: "Ich will Shanghai gewinnen. Die Kulisse dort ist unglaublich. Ein Finale gegen Ronnie [O' Sullivan], John [Higgins] oder Ding [Junhui] wäre der Hammer."
Der SPOX-Tipp: Hendry holt einen Titel
Mark Allen auf dem Weg an die Spitze
The Pistol gehört mit seinen 23 Jahren zu einer neuen Generation, die in den nächsten Jahren für Aufsehen sorgen wird. Allen läuft mit kleinen schnellen Schritten um den Tisch, visiert nur kurz an und stößt - sein Spiel ist schnell, er kann sich pushen und zeigt Emotionen.
Der Nordire schlug bei der vergangenen WM Titelverteidiger Ronnie O' Sullivan und kündigte schon vor dem Match an, dass er alles mitbringe, um The Rocket zu schlagen. Allen zeichnet ein großes Vertrauen in seine Fähigkeiten aus: "Ich habe jede Sekunde dort draußen geliebt. Hier in Sheffield gegen den talentiertesten Spieler aller Zeiten zu spielen, ist ein Traum. Andere wären daran zerbrochen, doch mich hat das inspiriert."
Sollte es Allen gelingen zu seinem überragenden Lochspiel in der kommenden Saison ein ordentliches Safety-Spiel zu entwickeln, ist er reif für den ersten großen Titel. Läuft der Nordire heiß, ist er kaum zu stoppen, doch noch ist er zu abhängig von einem solchen Lauf, bei dem er "in the zone" ist.
Der SPOX-Tipp: Ein Finale und der Schritt unter die Top 8 der Welt.
Jamie Cope - Bereit für den ersten Titel
Cope ist wie Allen 23 Jahre alt und Cope drückt wie Allen aufs Tempo. Sein Spitzname: The Shotgun. Ist Cope on fire, gibt es keine Chance, sich der Faszination seines Spiels zu entziehen.
Beim Shanghai Masters spielte er vor einem Jahr sein zweites Maximum Break. Seine Reaktion? Keine. Der Grund dafür: "Im Training spiele ich das andauernd." Das Ziel für die Saison ist klar: "Ich will einen Turniersieg. Es nervt mich wirklich, dass noch keiner auf meinem Konto ist."
Sein Spiel ähnelt dem von Mark Allen sehr, also sind auch die Probleme die gleichen. Cope muss lernen, dass es Bälle gibt, die man nicht lochen kann und besser eine starke Safety spielt. Gelingt das, gehört Cope zu den besten Spielern auf der Main Tour.
Der SPOX-Tipp: Die Nerven werden beruhigt - Cope gewinnt einen Titel
Mark Selby - Die Entdeckung der Langsamkeit
"Snooker ist langweilig", lautet eine Aussage von Ronnie O'Sullivan. Besonders langweilig ist es The Rocket in Spielen gegen Selby, sodass er einmal sogar die Wasserflecken auf seinem Kaffeelöffel zählte. Doch Selby ist kein Langweiler, sondern ein äußerst intelligenter Spieler, der gerne alle Optionen durchspielt.
Im Sommer legte The Shark das Queue nach eigener Aussage für mehrere Wochen weg und lud seine Akkus in der Dominikanischen Republik wieder auf. Der Jester of Leicester ist bereit, eine überragende Saison zu spielen. Neben Higgins ist er der beste Allrounder des Spiels und sucht psychisch auf der Main Tour wohl seinesgleichen.
Er scheint grundsätzlich den richtigen Stoß auszuführen, agiert mit beinahe stoischer Ruhe und schaltet im richtigen Moment einen Gang höher. Selby hat mit 26 seinen Zenit noch nicht erreicht und könnte der Spieler sein, der nicht nur das nächste Jahr auf der Main Tour, sondern die kommende Dekade, entscheidend mitprägt.
Der SPOX-Tipp: Ein Titel und mindestens das WM-Finale
Graeme Dott und der lange Weg zurück
Der Weltmeister von 2006 hat die härtesten Jahre seines Lebens hinter sich. Ende 2006 starb sein langjähriger Manager an Krebs und nur wenige Wochen danach erlitt seine Frau eine Fehlgeburt. Die Verarbeitung dieser Schicksalsschläge gelang nicht. Dott wurde depressiv und begab sich in psychische Behandlung.
Zum Start der vergangenen Saison war er wieder fit, doch bei einem Fußballspiel brach er sich das Handgelenk. Die Folgen? Zwei Monate Pause und eine erneut verpatzte Saison. Doch Dott ist ein Fighter, ein Mann, der am Tisch und abseits niemals aufgibt und deshalb können sich die Fans auf den Pocket Dynamo freuen.
Turniersiege kommen wohl zu früh für den Mann, der nur noch auf Platz 28 der Weltrangliste liegt, aber Dott wird beißen, wird sich nicht entmutigen lassen und in jedem Spiel alles aus sich heraus holen.
Der SPOX-Tipp: Ergebnisse spielen für Dott nicht die große Rolle, er will sich wieder auf der Tour etablieren
Ding Junhui im psychologischen Loch
Ein Moment kann manchmal ein Leben oder eine Karriere verändern, Bei Ding Junhui war es kein Moment, sondern ein Spiel: das Masters-Finale 2007. Ding wurde von Ronnie O'Sullivan mit 10:2 abgefertigt und seither geht beim Chinesen gar nichts mehr zusammen.
Vorher prasselten die Lobeshymnen nur so auf Ding herein. "Er wird viele WM-Titel gewinnen und kann für Snooker das sein, was Roger Federer für Tennis und Tiger Woods für Golf ist", sagte O' Sullivan.
Stephen Hendry erwartet von Ding eine starke Saison: "Dadurch, dass andere junge chinesische Spieler im Rampenlicht erscheinen, wird der immense Druck von ihm genommen. Auch die Tatsache, dass er eine Weile keine Titel gewonnen hat, nimmt Druck von seinen Schultern."
Der SPOX-Tipp: Ding kommt aus dem Loch und erreicht ein Finale
Matthew Stevens sucht sein Spiel
Matthew Stevens hat ein Jahr hinter sich, das mit dem Finale bei den Bahrain Snooker Championships gut anfing, sich aber im Laufe der Saison zu einer Katastrophe entwickelte.
Zum ersten Mal seit 1997 nahm der Welsh Dragon, der in seiner Karriere zweimal im Finale im Crucible Theater unterlag, nicht an der WM teil und steht nur noch auf Platz 26 der Weltrangliste.
Ganz entscheidend wird für Stevens ein vernünftiger Start in die Saison sein. Sollte er gleich mit einem Negativ-Erlebnis starten, steht ihm wohl eine weitere erfolglose Saison auf der Main Tour bevor. Gelingt ihm jedoch ein vernünftiger Start, bei dem er Selbstvertrauen sammeln kann und das Vertrauen in sein Spiel zurückgewinnt, geht es für Stevens mit Sicherheit wieder bergauf.
Der SPOX-Tipp: Stevens ist zu gut für sein Ranking. Eine Rückkehr unter die Top 16 winkt.
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