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Nasse-Meyfarth: "Nie sowas genommen"

SPOXOTHER
06. August 201315:28
Ulrike Nasse-Meyfarth hat in ihrer Karriere offenbar keine Doping-Praktiken mitbekommengetty
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Die zweimalige Hochsprung-Olympiasiegerin Ulrike Nasse-Meyfarth hatte in der Zeit ihrer Karriere anscheinend keinen Einblick in Doping-Praktiken. Den früheren 200-m-Europameister Manfred Ommer hat der Inhalt der veröffentlichten Studie über systematisches Doping in der Bundesrepublik Deutschland nicht sonderlich aufgeregt. Der DFB verwehrt sich gegen die Vorwürfe.

"Ich habe nie sowas genommen, mir hat auch niemand solche Mittel angeboten", sagte die frühere Weltrekordlerin nach Veröffentlichung der Studie zum Thema Doping in der Bundesrepublik Deutschland auf Anfrage des "Sport-Informations-Dienstes".

Meyfarth, die 1972 in München und 1984 in Los Angeles Olympia-Gold gewann, meinte allerdings: "Natürlich wurde auch damals schon getuschelt, es gab Geschichten, dass Professor Klümper Athleten unerlaubte Mittel verabreichen würde. Aber wie gesagt: Mich hat das alles nicht tangiert", sagt die 57-Jährige.

Armin Klümper, Leiter der sporttraumatologischen Spezialambulanz der Mooswaldklinik in Freiburg und Arzt vieler Leistungssportler, wurde nach Details über seine Behandlungen nicht mehr für deutsche Olympiamannschaften berücksichtigt. 1987 hatte es nach dem Tod von Siebenkämpferin Birgit Dressel, die seine Patientin war, Ermittlungen gegen Klümper gegeben. 1997 stürzte Klümper dann über den Fall der Hürdensprinterin Birgit Hamann, die behauptete, der Mediziner habe ihr ohne ihr Wissen Wachstumshormone gegeben. Nach den Dopingkritiken wanderte Klümper aus nach Südafrika.

Manfred Ommer: "Inhalt hat mich nicht überrascht"

SPOX"Der Inhalt hat mich überhaupt nicht überrascht", sagte Ommer im Gespräch mit WDR.de: "Ich scheine aber der Einzige zu sein. Wie ich gelesen habe, wissen meine Ex-Kollegen von nichts. Im Moment ist ja noch vieles Spekulation. Aber sollte das Innenministerium den kompletten Bericht wirklich freigeben, dann wird die Bombe sicherlich erst richtig platzen."

Ommer hatte bereits 1977 Doping eingeräumt. Für ihn habe damals "nur der Erfolg gezählt. Wenn man gehört hat, der Kollege nimmt fünf rote Pillen, dann hat man vorsichtshalber lieber sechs genommen. Ich habe auch gedopt, weil ich wusste, die sieben Läufer neben mir sind auch nicht clean. Es liegt in der menschlichen Natur, dass keiner hinterherlaufen will."

Vor den Europameisterschaften in Helsinki 1971 habe der in der Studie namentlich erwähnte Freiburger Sportmediziner Joseph Keul im Rahmen der Leichtathletik-Nationalmannschaft gesagt: 'Pass auf, wenn dann und dann Wettkampf ist, dann müsst ihr dann und dann die Anabolika absetzen'. "Ich hab ja auch keinen Hörfehler", sagte Ommer: "Ich weiß noch, wer da saß und wer 1971 meine Mannschaftskameraden waren. Wenn die jetzt alle sagen, sie wissen nichts, ist das deren Thema."

Doping-Beratung?

Es habe damals eine regelrechte Doping-Beratung gegeben. "Ein Kugelstoßer hat ja etwas anderes gebraucht als ein Sprinter", sagte Ommer: "Die Gedopten sollten ja nicht geschnappt werden. Ohne diese Beratungen wären die Athleten ja reihenweise aus dem Verkehr gezogen worden." Der "große Doping-Fahnder Manfred Donike" habe versucht, die Sünder zu überführen, habe aber im gleichen Gremium gesessen wie Keul, der den Athleten gesagt habe, 'pass auf, der Donike kann acht Wochen zurückverfolgen. Das heißt, du musst neun Wochen vorher absetzen, sonst schnappt er dich'.

Er habe, so Ommer, "damals schon gesagt, Professor Klümper war der größte Doper dieses Planeten. Freiburg war das Paradies für Athleten, wenn sie gesagt haben, Doc mach mich schneller, lass mich weiter springen, lass mich höher springen. Und jetzt sitzen einige da und sagen, an mir ist das alles spurlos vorbeigegangen."

Die Schwerkraftathleten hätten "nicht nur die Pillen, sondern auch die Packungsbeilagen mitgegessen. Der Kugelstoßer Ralf Reichenbach, der tot ist, hat am gleichen Tag wie ich in Rom die Silbermedaille gewonnen, der hat klipp und klar die Meinung vertreten, ich sterbe lieber zehn Jahre früher, wenn ich dafür Olympiasieger werde."

Man müsse nun endlich raus "aus diesem Irrglauben, Sport ist die Insel der Glückseligen", sagte Ommer. Er selbst schaue sich seit Jahren im Fernsehen Sprint-Wettkämpfe an: "Wen sehe ich da: Sprinter aus Trinidad-Tobago oder Jamaika. Da muss ich lachen. Die beherrschen plötzlich den Weltsprint? Nee, bei denen haben einfach die Kontrollen nicht gegriffen. Ich habe vor 35 Jahren schon gesagt, das Thema Doping kriegt man nicht in den Griff."

DFB verwehrt sich gegen Doping-Vorwürfe

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat auf Vorwürfe gegen den Verband in der Studie über Doping in Westdeutschland reagiert und Anschuldigungen gegen Spieler aus der Vize-Weltmeistermannschaft von 1966 von sich gewiesen. "Der renommierte Jura-Professor Martin Nolte von der Sporthochschule Köln hat sich in einer Studie intensiv mit dem Thema befasst und kommt zu dem klaren Ergebnis, dass bei der WM 1966 kein Dopingvergehen vorlag", teilte der DFB auf "SID"-Nachfrage mit.

In der vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) am Montag veröffentlichten Studie steht, dass bis 1960 im deutschen Sport Amphetamine "systematisch zum Einsatz gekommen" sind. Auch die Elite des deutschen Fußballs habe die Aufputschmittel genommen.

Die Studie erwähnt auch einen Brief des FIFA-Funktionärs Prof. Dr. Mihailo Andrejevic an den Präsidenten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Dr. med. Max Danz, aus dem Jahr 1966, der sich mit den Dopingkontrollen des Weltfußballverbandes bei der WM 1966 in England auseinandersetzte. "Dieses Schreiben belegt, dass drei deutschen Fußballern am Ende des Turniers 'feine Spuren' Ephedrin nachgewiesen wurden", heißt es wortwörtlich in der Studie. Schon damals sei Ephedrin, ein gängiges Mittel gegen Schnupfen, ganz klar ein verbotenes Dopingmittel gewesen.

Doping in der Bundesliga?

Zudem spreche auch einiges dafür, dass in der Fußball-Bundesliga gedopt wurde. Dies folgern die Wissenschaftler aus einer einzigen Aussage. "Auch der Vorwurf des Sportmediziners Dirk Clasing aus dem Jahre 1970, wonach es keine Fußball-Elf gebe, 'die nicht in irgendeiner Form gedopt ins Spiel' gehe, deutet auf einen verbreiteten Amphetamin-Konsum in der 1963 gegründeten Fußball-Bundesliga hin." Beweise für diese Behauptung werden nicht geliefert.

In der Studie heißt es ferner: "Am DLV und dem Deutschen Fußball-Bund, die beide ihre Dopingskandale hatten, sehen wir beispielhaft, wie seitens der Verbände agiert wurde, um die vereinbarten Dopingkontrollen bis zur Wendezeit von 1989/90 wirksam zu verschleppen oder zu umgehen. Wegen des koordinierten Vorgehens der Akteure einschließlich des BISp kann man hier von einer systematischen Verschleppung sprechen."

Diese Behauptung ist laut Angaben des DFB an den Haaren herbeigezogen. "Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben einem Mitglied des Forscherteams von der Uni Münster unter Berücksichtigung der geltenden Datenschutzbestimmungen einen umfangreichen Einblick gewährt", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker dem Sport-Informations-Dienst (SID). Der DFB hatte 2011, nachdem die Spekulationen über Dopingeinnahmen bei der WM 1966 in England bekannt geworden waren, ein Gutachten in Auftrag gegeben, das zu dem Schluss kam, angesichts der Umstände von damals können nicht von Dopingfällen gesprochen werden.

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