Thesen zum 3. Bundesliga-Spieltag: Das ist unverantwortlich von der DFL!

Stefan Rommel
30. August 202109:02
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Der 1. FC Köln hat, was Hertha BSC bräuchte, bei Eintracht Frankfurt hat die Misere ein Gesicht. Und: Muss eigentlich erst etwas passieren, bevor der Verband einen anderen Umgang mit Kopfverletzungen verordnet? Die Thesen zum 3. Bundesliga-Spieltag.

Ortegas Einsatz ist unverantwortlich

Natürlich war das nur gut gemeint, als Arminia Bielefeld am Sonntagvormittag die Welt da draußen wissen ließ: "So eine schöne Nachricht...", Jacob Laursen und Stefan Ortega geht es wieder gut. Beide waren im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt kurz nach der Pause heftig zusammengeprallt.

Laursen verlor einen halben Backenzahn und erlitt ein Schleudertrauma, der Spieler wurde mit der Trage vom Platz und sofort in ein Krankenhaus gebracht. Ortega habe sich eine Gehirnerschütterung zugezogen, aber er wurde nicht ausgewechselt, sondern spielte noch geschlagene 42 Minuten lang weiter. Das ist - bei aller Liebe zum Spiel und zum angeblich so heroischen Einsatz der Spieler - unverantwortlich und muss von oberster Stelle endlich unterbunden werden.

Ein weiterer Zusammenstoß, manchmal genügt auch nur ein Rempler, hätte fatale Folgen für Ortegas Gesundheit haben können. Der DFB und die DFL haben alle Hebel in der Hand, unverzüglich ein concussion protocol einzuführen wie es zum Beispiel in der NFL seit Jahren gehandhabt wird. Mit einem neutralen Arzt am Spielfeldrand und damit auch einer neutralen Diagnose.

Am Geld kann es ja kaum scheitern, dass das bis heute nicht passiert. Also wo ist das Problem? An jedem Wochenende kommt es alleine in der Bundesliga zu einem halben Dutzend fragwürdiger Maßnahmen nach zum Teil heftigsten Zusammenstößen. Vermutlich muss erst etwas Schlimmes passieren, bevor hier endlich gehandelt wird. Und dann ist das Gejammer wieder groß.

Jacob Laursen und Stefan Ortega prallten heftig zusammen.imago images

Köln hat, was Hertha bräuchte

Kölns Saisonstart ist geglückt, das drücken allein die Zahlen aus. Aber noch viel mehr als sechs Punkte nach drei Spieltagen bei einem Auswärtsspiel in München sollte den FC-Fans der längst überfällige Kulturwandel ihrer Mannschaft Freude bereiten.

Nach etlichen Flops in der Besetzung des Trainerpostens und zuletzt fast zwei Jahren Angsthasen-Fußball kommt der 1. FC Köln ziemlich verändert daher: Mit aktivem, aggressivem, mutigem Fußball. Der auch noch genug Lücken hat, so viel steht auch fest. Aber der innerhalb sehr kurzer Zeit dank Steffen Baumgart eine Veränderung erfährt, die wohl selbst kühnste Optimisten nicht so schnell erwartet hätten. Köln macht Spaß, wann konnte man das zuletzt von einer FC-Mannschaft behaupten?

Womit wir ganz schnell bei Hertha BSC wären. Die machen nämlich gar keinen Spaß, nicht den Fans und nicht sich selbst. Das liegt nicht nur, aber auch am Trainer. Pal Dardai wirkt nach vier Pflichtspielen mit null Bundesligapunkten und einem Zittersieg im Pokal schon einigermaßen ratlos und bemerkte einmal mehr, dass er hier ja "nur aushelfe".

Dardai ist ein überragender Typ und war für die Rettungsmission in der letzten Saison die richtige Idee. Für den Neustart scheint die Hertha-Ikone aber nicht gemacht und die Frage wird sein, wann das auch die Entscheidungsträger bemerken und reagieren. Derzeit deutet jedenfalls nichts darauf hin, dass sich in Berlin Grundlegendes geändert hätte. Der Auftritt in München war 80 Minuten lang fast schon eine Unverschämtheit.

Hoffenheim ist ein Europapokal-Kandidat

Vier Ausfälle hatte Sebastian Hoeneß beim Auswärtsspiel in Dortmund zu beklagen, was aus Sicht von 1899 Hoffenheim fast schon eine zu vernachlässigende Zahl an verhinderten Spielern ist. In der letzten Saison gab es Spieltage, da hatte Hoeneß Mühe, den Kader bis zur maximal zulässigen Größe zu bestücken, phasenweise fehlte dem Trainer eine komplette Mannschaft. Diverse Krankheiten, Verletzungen und eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Corona-Ausfällen torpedierten die Saison nachhaltig.

Bisher kommt Hoffenheim mit seinen wenigen Verletzten also richtig gut durch die Saison und zeigt jetzt schon mehr als nur das Flickwerk des ersten Hoeneß-Jahres. Die Mannschaft findet in ihren Abläufen immer mehr zueinander und weiß nun besser, was wann zu tun sei, sagte Christoph Baumgartner nach der unglücklichen Niederlage in Dortmund.

Und weil das so ist, weil sich Hoffenheim in allen Spielphasen verbessert zeigt und auch Rückschläge wegstecken kann und weil die Doppelbelastung der letzten (Europa-League-)Saison wegfällt, ist die Mannschaft in dieser Spielzeit in der zweiten Saison mit ihrem Trainer ein klarer Europapokal-Aspirant.

Frankfurt und die Glasner-Fehler

Und noch ein Brennpunkt mit einem Trainer unter Druck: Eintracht Frankfurt bleibt ohne Sieg, der Fehlstart ist bei nur zwei Punkten aus drei Spielen und dem Pokal-Aus in Mannheim perfekt. Im Hintergrund rumort es gewaltig, das ist nicht die Schuld des neuen Trainers Oliver Glasner. Der muss sich aber trotzdem einige Fragen gefallen lassen.

Etwa jene nach der Grundordnung und der taktischen Ausrichtung der Mannschaft. In Frankfurt war das 3-5-2 inklusive einiger kleinerer Abwandlungen gelernt und erfolgreich, Glasner werkelt nun am 4-2-3-1 und drückt damit einige Spieler in ein Korsett und in Rollen, die sie so nicht (mehr) gewohnt sind. Das führt dann so weit, dass für das Herz der Mannschaft oft kein Platz mehr ist - weil es die bevorzugte Rolle des Spielers einfach nicht mehr gibt.

Makoto Hasebe war der Führungsspieler der letzten Jahre, nun sitzt der Routinier immer öfter auf der Bank. Erst in einem von vier Spielen durfte Hasebe starten, ging dabei in Dortmund mit seiner Mannschaft unter. In Bielefeld wurde der Kapitän gar nicht eingesetzt, schmorte 90 Minuten lang auf der Bank. Hasebe ist sicherlich das prominenteste Opfer von Glasners Rochaden - könnte aber unter Umständen auch noch zum "Profiteur" des verpatzten Saisonstarts werden: Bleiben die Ergebnisse weiter aus, rückt der Routinier automatisch wieder als Anker in den Fokus.

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Hat Bayer endlich den Richtigen gefunden?

Juppp Heynckes, Robin Dutt, Sascha Lewandowski, Sami Hyypiä, nochmal Lewandowski, Roger Schmidt, Tayfun Korkut, Heiko Herrlich, Peter Bosz und Hannes Wolf: Das ist die Liste der Trainer, die Bayer Leverkusen in den letzten zehn Jahren betreut haben. Das ist eine Fluktuation, wie sie eigentlich nur notorisch erfolglose Klubs heimsucht. Bayer hat dabei jeden Trainertypus schon probiert, länger als eine Saison haben aber nur Schmidt und Bosz durchgehalten.

Auch deshalb ist die Liaison mit Gerardo Seoane eine so spannende: Der Schweizer hat keinerlei Erfahrung in der Bundesliga, kommt aus einer kleineren Liga in einen latent unzufriedenen Klub und soll neben den inhaltlichen Dingen auch an der Mentalität seiner Spieler schrauben. Bisher funktioniert das ganz ausgezeichnet, wenngleich der Sieg in Augsburg deutlich zu hoch ausgefallen ist und zeitweise auch ein bisschen Glück dabei war.

Nach dem fulminanten 4:0 der Vorwoche im Nachbarschaftsduell mit Mönchengladbach wäre nach guter Leverkusener Tradition ein spielerischer Einbruch und ein enttäuschendes Ergebnis die Regel gewesen. Nun hat Bayer aber - fürs Erste - keine Bayer-Dinge mehr gemacht. Was das alles wert ist, zeigt sich am nächsten Spieltag: Dann empfängt Bayer den Titelkandidaten Borussia Dortmund.

Bundesliga: Die aktuelle Tabelle

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.VfL Wolfsburg34:139
2.Bayer Leverkusen39:277
3.Bayern München39:367
4.SC Freiburg35:327
5.Borussia Dortmund39:636
6.1. FC Köln37:526
7.1. FSV Mainz 0534:226
8.1. FC Union Berlin35:415
9.TSG Hoffenheim38:534
10.RB Leipzig34:223
11.VfL Bochum33:303
12.Arminia Bielefeld32:203
13.VfB Stuttgart37:8-13
14.Eintracht Frankfurt33:6-32
15.Borussia M'gladbach32:7-51
16.SpVgg Greuther Fürth32:9-71
17.FC Augsburg31:8-71
18.Hertha BSC32:10-80