Gegen Eintracht Frankfurt gelang dem FC Bayern München zwar der fünfte Saisonsieg, wirklich rund läuft es für den Rekordmeister allerdings derzeit nicht. Und damit hat auch Trainer Louis van Gaal ein Problem.
Doch der Niederländer ist nicht der einzige Coach eines großen Klubs, der momentan in der Schusslinie steht. Liverpools Rafael Benitez musste nach verpatztem Saisonstart in der Premier League und zwei Champions-League-Niederlagen in Folge um seinen Job zittern.
Durch den verdienten 2:0-Erfolg gegen Manchester United haben sich die Reds allerdings eindrucksvoll aus der Krise geschossen und ihren Coach damit aus der Schusslinie genommen.
Beim FC Bayern, bei Real Madrid und in Turin ist das allerdings anders. SPOX wirft einen Blick auf die kriselnden Top-Klubs in Europa.
FC Bayern München
Die Situation: Die Münchner sind überhaupt noch nicht in Tritt gekommen, weder in der Bundesliga noch in der Champions League. Dort gab's zwar gegen Maccabi Haifa einen deutlichen Sieg und gegen Juve die bislang beste Halbzeit unter van Gaal, doch zuletzt eben auch einen katastrophalen Auftritt in Bordeaux, wodurch mittlerweile sogar der Achtelfinal- Einzug massiv gefährdet ist.
In der Bundesliga verkürzte der Rekordmeister den Abstand zur Spitze in den letzten Wochen immerhin von acht auf vier Zähler - das ist allerdings die einzige gute Nachricht. Denn spielerisch blieben die Bayern zuletzt vieles schuldig. So musste man in den Heimspielen gegen Nürnberg und Frankfurt lange um den Sieg zittern und kam gegen Köln nicht über ein Remis hinaus. Auswärts war's in Freiburg kaum besser, in Hamburg reichte es nicht mal für einen Punkt. Vor allem in der Offensive hapert es noch erheblich.
Die Gründe: Ribery ist einer der besten Spieler der Welt, Demichelis Abwehrchef der argentinischen Nationalmannschaft, Robben ein Ausnahme-Dribbler und Toni noch immer ein Angreifer von internationalem Format. Keine Frage, wer solche Topleute langfristig ersetzen muss, bekommt Probleme. Noch dazu, wenn sie fast zeitgleich fehlen.
Entscheidend für die momentanen Probleme sind allerdings nicht die, die fehlen, sondern eher diejenigen, die auf dem Platz stehen. Die Neuzugänge Tymoschtschuk, Pranjic, Braafheid und Gomez sind bislang nur Mitläufer, Baumjohann nicht mal das. Olic und Robben plagen sich mit Verletzungssorgen herum.
Und der Neue an der Seitenlinie? Der lässt eine klare Linie bislang vermissen. In den bisherigen 15 Pflichtspielen brachte van Gaal nie zweimal hintereinander die gleiche Elf. Dazu muss Lahm mal rechts, mal links ran, Schweinsteiger auf den Halbpositionen, vor der Abwehr oder hinter den Spitzen. Klose probierte der Niederländer schon im Mittelfeld aus. Und auch in Sachen System hat der Bayern-Coach, vor allem ohne Robben und Ribery, schon viel experimentiert. Ohne durchschlagenden Erfolg.
Die Reaktionen: Die Bayern-Bosse lassen keinerlei Zweifel, dass sie van Gaal nach wie vor für den richtigen Trainer halten. Selbst Franz Beckenbauer sagte zuletzt: "Langfristig wird er sich als Erfolgstrainer durchsetzen." Der Druck allerdings wächst. Nach dem späten Treffer von van Buyten gegen Frankfurt platzte aus van Gaal die ganze Anspannung heraus, hatten die Anhänger doch nach Demichelis' Einwechslung für Angreifer Toni erstmals leisen Unmut über eine Entscheidung ihres Trainer geäußert.
Auch von außen gibt es zunehmend Kritik an van Gaal. Günter Netzer schreibt in seiner "BamS"-Kolumne: "Louis van Gaal ist ein Top-Trainer." Aber: "Die Spieler können seinem Tempo der Erneuerung, seiner Denkweise und Philosophie noch nicht folgen. Sie scheinen von seinen Anforderungen überfordert, sind verunsichert, haben Versagensangst. Teilweise auch zu großen Respekt vor dem Trainer."
Und was sagen die Spieler selbst? "Wir sind alle überzeugt von ihm. Ich habe ein viel besseres Gefühl als letztes Jahr", sagte Mark von Bommel. Allerdings sollen den Bayern-Kapitän laut "Bild"-Informationen zuletzt mehrere Spieler aufgefordert haben, bei van Gaal um weniger harte Trainingseinheiten vor Spielen zu bitten. Auch sollen einige Akteure mit van Gaals Menschenführung Probleme haben.
Real Madrid
Die Situation: Bis Ende September lief alles wunderbar bei den Königlichen. Seit Anfang Oktober geht allerdings fast nichts mehr zusammen bei Real. In der Primera Division holte das Team von Coach Manuel Pellegrini zuletzt nur vier Zähler aus drei Spielen und blieb beim 0:0 in Gijon erstmals in dieser Saison ohne eigenen Treffer.
In der Champions League kassierte man im Bernabeu eine bittere 2:3-Pleite gegen den AC Milan, die belegte, dass Real längst noch nicht gefestigt oder gar souverän ist. Schließlich gab man gegen die Rossoneri völlig unnötig eine frühe Führung aus der Hand und fing sich dann nach dem eigenen Ausgleich kurz vor Schluss noch den K.o. ein.
Die Gründe: Schon zu Beginn der Saison warfen Kritiker Real vor, das Offensivspiel sei zu abhängig von Cristiano Ronaldo. Nun, wo der Portugiese verletzt fehlt, bestätigt sich dies. Denn Fakt ist: Seit der 24-Jährige wegen Knöchelproblemen fehlt, haben die Madrilenen nur eines von vier Spielen gewonnen.
"Was bisher nur eine Vermutung war, ist nun zur Gewissheit geworden: Real leidet an einer CR9-Abhängigkeit", schreibt die "Marca". Hinzu kommt, dass gegen Gijon mit Karim Benzema, Ruud van Nistelrooy und Gonzalo Higuain drei weitere hochkarätige Offensivkräfte fehlten und Neuzugänge wie Benzema oder Kaka noch nicht die Leistung bringen, die man sich von ihnen versprochen hat.
Doch nicht nur vorne hapert es, auch in der Defensive offenbarte Real in den letzten Wochen Probleme. Im September hatten die Königlichen in sechs Pflichtspielen nur zwei Gegentreffer kassiert, im Oktober in vier Partien schon deren sieben.
Warum? Real tut sich momentan schwer, das Spiel zu kontrollieren. Der Ball wird zu schnell verloren, Leute wie Xabi Alonso oder Mahamadou Diarra strahlen im defensiven Mittelfeld nicht die gewohnte Ruhe und Sicherheit aus. Und im Tor zeigte Iker Casillas zuletzt ungeahnte Schwächen und leistete sich - wie gegen Milan - schwere Patzer.
Die Reaktionen: 19 Punkte aus acht Spielen sind durchaus okay. Weil der große Konkurrent Barca allerdings drei Zähler mehr auf dem Konto hat, wird es für Coach Manuel Pellegrini bereits ungemütlich.
Von Vereinsseite gab es nach der Pleite gegen Milan zwar deutliche Rückendeckung und ein klares Bekenntnis zum Chilenen, doch die Real-nahe "AS" schrieb bereits: "Die Uhr tickt für Pellegrini. Hinter den Kulissen rumort es gewaltig."
Und "Marca" legt nach: "Es wird immer schlimmer, Pellegrini hat es einfach nicht begriffen. Wer immer entschieden hat, diesen Mann auf einen solchen geschichtsträchtigen Trainerstuhl zu setzen, sollte ihn und sich hinterfragen."
Die Spieler hingegen stehen zum Trainer. "Die Mannschaft ist inmitten eines Prozesses. Pellegrini hat nach all den Veränderungen bisher gute Arbeit geleistet. Es wurden große Spieler geholt, aber wir kennen uns erst seit zwei Monaten. Wir dürfen nicht zu sehr besorgt sein und müssen genauso weiterarbeiten", sagt Kapitän Casillas.
Was ist los bei Juventus Turin?
Juventus Turin
Die Situation: Juve liegt mit 18 Punkten aus neun Spielen vier Zähler hinter Spitzenreiter Inter auf Rang drei der Serie-A-Tabelle. Die Bianconeri haben in der laufenden Saison zwar erst einmal verloren, in den letzten fünf Spielern allerdings auch nur in Siena gewonnen. Vor allen Dingen in der Offensive hat Juve Probleme - trotz Diego. In der Liga gab es erst 13 Treffer, in der Champions League gar erst zwei Tore in drei Spielen und zwei spielerisch dürftige Heimauftritte gegen Bordeaux und Haifa.
Der Großteil der Tore fiel nach Standards, ansonsten stockt der Angriff. Kein Wunder also, dass von den zwölf Saisonpartien "nur" sechs gewonnen wurden. Die Defensive steht zwar auf dem Papier - erst acht Gegentore fingen sich Cannavaro und Co. in zwölf Partien ein. Allerdings bewahrte Keeper Gianluigi Buffon sein Team bereits häufig vor Schlimmerem.
Die Gründe: Juve spielte zuletzt jahrelang im 4-4-2-System. Mit Neu-Coach Ciro Ferrara und vor allen Dingen der Verpflichtung von Diego wurde das Spiel allerdings auf den Brasilianer zugeschnitten und auf 4-3-1-2 umgestellt. Erstmals seit Zinedine Zidane vertrauen die Bianconeri wieder einem klassischen Spielmacher.
Das Problem: Diego fehlte nach seinem Traumstart schon früh für mehrere Wochen wegen muskulärer Probleme. Seit seiner Rückkehr im CL-Spiel in München merkt man dem Ex-Bremer an, dass er noch nicht bei 100 Prozent ist. Felipe Melo, Juves zweiter Millionen-Neuzugang, hat im defensiven Mittelfeld noch Anpassungsschwierigkeiten. Momo Sissoko, der zweite Sechser, kam gerade erst von einer langen Verletzungspause zurück.
Überhaupt stehen Verletzungen in Turin auf der Tagesordnung. Wie in der vergangenen Saison fielen auch in der laufenden Spielzeit schon viele Leistungsträger aus. Das macht die Systemumstellung nicht wirklich leichter. Gegen Haifa wechselte Ferrara erneut - diesmal auf ein 4-2-3-1 mit den kreativen Diego, Giovinco und Camoranesi hinter der einzigen Spitze Trezeguet.
Klar ist: Die Bianconeri sind immer noch in der Findungsphase und haben vor allem auf der Außenverteidiger-Position ihre Probleme. Sowohl das 4-3-1-2 als auch das 4-2-3-1 lebt von offensivstarken Außen, doch weder Grygera und Zebina (rechts) noch der unauffällige Grosso und Molinaro (links) zeigten bisher, dass sie das wirklich können.
Die Reaktionen: Noch rumort es in Turin nicht, der enorm wichtige Sieg gegen Haifa hat erstmal etwas Ruhe einkehren lassen. Juve-Urgestein Ferrara wurde bisher weder von den Fans noch von Vereinsseite an den Pranger gestellt. Auch die Presse hält sich noch zurück. Die Juve-nahe "Tuttosport" forderte zuletzt vehement den Wechsel auf das 4-2-3-1-System, ansonsten griff sie eher die Spieler, als den Coach an. Von den Schlüsselspielern müsse einfach mehr kommen, so die Turiner Sporttageszeitung.
Ferraras Standpunkt: "Nach fünf, sechs Jahren mit dem 4-4-2-System hat Juve einen neuen Weg eingeschlagen. Da ist es normal, dass Probleme auftreten. Wir haben noch viel Luft nach oben." Die Spieler stehen voll hinter ihrem Coach. Giorgio Chiellini sagte nach dem Siena-Spiel: "Eine neue Juve entsteht. Nicht einmal das Lippi-Team hat wunderschönen Fußball gespielt. In unserer DNA stand das Konkrete immer über der Schönheit."
Ein Faktor, der bei weiteren Punktverlusten allerdings aufkommen könnte: Ferraras Unerfahrenheit. Bisher blieben die Kritiker ruhig, was diesen Punkt betrifft. Sollte sich die spielerische Krise aber verschärfen, müssen die Turiner wohl mit Attacken aus dieser Richtung rechnen.
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