Das Kriseln der Großen

Von Daniel Börlein/Christian Bernhard
Derzeit liegt Real Madrid in der Primera Division hinter Barca auf Platz zwei
© Getty
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Juventus Turin

Die Situation: Juve liegt mit 18 Punkten aus neun Spielen vier Zähler hinter Spitzenreiter Inter auf Rang drei der Serie-A-Tabelle. Die Bianconeri haben in der laufenden Saison zwar erst einmal verloren, in den letzten fünf Spielern allerdings auch nur in Siena gewonnen. Vor allen Dingen in der Offensive hat Juve Probleme - trotz Diego. In der Liga gab es erst 13 Treffer, in der Champions League gar erst zwei Tore in drei Spielen und zwei spielerisch dürftige Heimauftritte gegen Bordeaux und Haifa.

Der Großteil der Tore fiel nach Standards, ansonsten stockt der Angriff. Kein Wunder also, dass von den zwölf Saisonpartien "nur" sechs gewonnen wurden. Die Defensive steht zwar auf dem Papier - erst acht Gegentore fingen sich Cannavaro und Co. in zwölf Partien ein. Allerdings bewahrte Keeper Gianluigi Buffon sein Team bereits häufig vor Schlimmerem.

Die Gründe: Juve spielte zuletzt jahrelang im 4-4-2-System. Mit Neu-Coach Ciro Ferrara und vor allen Dingen der Verpflichtung von Diego wurde das Spiel allerdings auf den Brasilianer zugeschnitten und auf 4-3-1-2 umgestellt. Erstmals seit Zinedine Zidane vertrauen die Bianconeri wieder einem klassischen Spielmacher.

Das Problem: Diego fehlte nach seinem Traumstart schon früh für mehrere Wochen wegen muskulärer Probleme. Seit seiner Rückkehr im CL-Spiel in München merkt man dem Ex-Bremer an, dass er noch nicht bei 100 Prozent ist. Felipe Melo, Juves zweiter Millionen-Neuzugang, hat im defensiven Mittelfeld noch Anpassungsschwierigkeiten. Momo Sissoko, der zweite Sechser, kam gerade erst von einer langen Verletzungspause zurück.

Überhaupt stehen Verletzungen in Turin auf der Tagesordnung. Wie in der vergangenen Saison fielen auch in der laufenden Spielzeit schon viele Leistungsträger aus. Das macht die Systemumstellung nicht wirklich leichter. Gegen Haifa wechselte Ferrara erneut - diesmal auf ein 4-2-3-1 mit den kreativen Diego, Giovinco und Camoranesi hinter der einzigen Spitze Trezeguet.

Klar ist: Die Bianconeri sind immer noch in der Findungsphase und haben vor allem auf der Außenverteidiger-Position ihre Probleme. Sowohl das 4-3-1-2 als auch das 4-2-3-1 lebt von offensivstarken Außen, doch weder Grygera und Zebina (rechts) noch der unauffällige Grosso und Molinaro (links) zeigten bisher, dass sie das wirklich können.

Die Reaktionen: Noch rumort es in Turin nicht, der enorm wichtige Sieg gegen Haifa hat erstmal etwas Ruhe einkehren lassen. Juve-Urgestein Ferrara wurde bisher weder von den Fans noch von Vereinsseite an den Pranger gestellt. Auch die Presse hält sich noch zurück. Die Juve-nahe "Tuttosport" forderte zuletzt vehement den Wechsel auf das 4-2-3-1-System, ansonsten griff sie eher die Spieler, als den Coach an. Von den Schlüsselspielern müsse einfach mehr kommen, so die Turiner Sporttageszeitung.

Ferraras Standpunkt: "Nach fünf, sechs Jahren mit dem 4-4-2-System hat Juve einen neuen Weg eingeschlagen. Da ist es normal, dass Probleme auftreten. Wir haben noch viel Luft nach oben." Die Spieler stehen voll hinter ihrem Coach. Giorgio Chiellini sagte nach dem Siena-Spiel: "Eine neue Juve entsteht. Nicht einmal das Lippi-Team hat wunderschönen Fußball gespielt. In unserer DNA stand das Konkrete immer über der Schönheit."

Ein Faktor, der bei weiteren Punktverlusten allerdings aufkommen könnte: Ferraras Unerfahrenheit. Bisher blieben die Kritiker ruhig, was diesen Punkt betrifft. Sollte sich die spielerische Krise aber verschärfen, müssen die Turiner wohl mit Attacken aus dieser Richtung rechnen.

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