Mehr denn je scheint das Abschneiden des FC Barcelona in der Champions League von Lionel Messi abhängig. Jedoch: Ganz alleine wird es der Argentinier gegen den FC Bayern München beim Champions-League-Finalturnier in Lissabon am Freitag nicht richten können (ab 21 Uhr im LIVETICKER). Wer dem Superstar den Rücken freihalten kann.
Es ist vor großen Spielen gang und gäbe, dass Klub-Legenden befragt werden. FC Barcelona gegen den FC Bayern ist eines dieser elektrisierenden Duelle. Im Viertelfinale des Champions-League-Finalturniers ist das Spiel am Freitag das mit der größten Tradition.
Bernd Schuster kennt beide Seiten, er war nicht nur lange Jahre Spieler in der Bundesliga, sondern spielte von 1980 bis 1988 auch für die Katalanen. "Wenn man die beiden Mannschaften vergleicht, haben die Bayern den kompletten Kader, sind auch auf dem Platz kompletter", sagte der 60-Jährige der Bild und begründete: "Das kommt davon, dass Barcelona in dieser Saison so abhängig von Lionel Messi ist, wie es das noch nie gegeben hat."
Aussagen, die nicht nur aufhorchen lassen, sondern auch statistisch belegbar sind. 86 Tore erzielte Barca in der abgelaufenen LaLiga-Saison, mehr als die Hälfte davon wurden von Messi gemacht oder vorbereitet. Noch drastischer wird es, wenn man etwas mehr in die Tiefe geht. Messi kreierte laut Opta-Daten 2019/20 36 Großchancen, das waren mit astronomischem Abstand die meisten im Kader. Antoine Griezmann und Jordi Alba liegen in dieser Wertung mit lediglich acht auf Platz zwei.
FC Barcelona extrem von Lionel Messi abhängig
Auch bei den erfolgreichen Pässen ins Angriffsdrittel liegt der kleine Argentinier mit weitem Abstand vorne, 860 gelangen dem 33-Jährigen in der Spielzeit, Alba (559) und Sergi Roberto (509) folgen auf den weiteren Plätzen. Weitere relevante Statistiken, die Messi Barca-intern - oft sogar meilenweit - anführt und die die Abhängigkeit der Blaugrana von ihrem Superstar unterstreichen, sind: Schüsse auf das gegnerische Tor, abgeschlossene Dribblings und gezogene Fouls.
Es wird gegen die Bayern also wieder auf Messi ankommen. Dass er mit seiner Genialität Spiele im Alleingang entscheiden kann, ist schon lange kein Geheimnis mehr, doch das werden auch die Münchner wissen und ihren Fokus darauf legen, den Linksfuß auszubremsen. Sollte das dem deutschen Rekordmeister halbwegs gelingen, müssen andere Spieler aus Messis Schatten treten, um Barcas Halbfinalchancen zu erhöhen.
SPOX undGoalbeleuchten, wer im Estadio da Luz in Messis Schatten zum X-Faktor für den FC Barcelona werden könnte.
Variante 1: FC Barcelona im 4-4-2 gegen den FC Bayern
Mehrere spanische Medien berichten davon, dass Trainer Quique Setien darüber nachdenkt, mit einem gestärkten Mittelfeld in das Duell zu gehen. Statt des bekannten 4-3-3 könnte Barca aus einer 4-4-2-Grundordnung antreten. Die Doppelspitze würden Messi und Luis Suarez bilden, dahinter sollen Sergio Busquets, Frenkie de Jong, Sergi Roberto und der Ex-Münchner Arturo Vidal die Kreise des Bundesligisten einengen.
Die Viererkette vor Marc-Andre ter Stegen dürfte im Vergleich zum Spiel gegen Napoli unverändert bleiben: Nelson Semedo, Gerard Pique, Clement Lenglet und Jordi Alba.
Ein großer Name, der dem Systemwechsel zum Opfer fallen würde, wäre den Berichten zufolge 120-Millionen-Euro-Mann Antoine Griezmann.
Bei diesem Personal dürfte es vor allem auf Messi-Sturmpartner Suarez, de Jong und die beiden Außenverteidiger ankommen, wenn es darum geht, das Spiel ausgeglichener zu gestalten.
Suarez und Messi sind nicht nur neben dem Platz beste Freunde, sondern harmonieren in der Regel auch auf dem Spielfeld prächtig. Doch der Uruguayer läuft seit seinem Comeback nach einer Knie-OP seiner Form hinterher. Sechs Treffer in zwölf Spielen lesen sich zwar ordentlich, auf dem Platz wirkte der 33-Jährige jedoch nicht immer hundertprozentig fit. Dennoch steht außer Frage, dass Suarez den Münchnern an einem guten Tag im Zusammenspiel mit Messi Kopfschmerzen bereiten kann.
FC Barcelona im 4-4-2: De Jong muss mehr Verantwortung übernehmen
Sollte sich Barca tatsächlich für das 4-4-2 entscheiden, muss de Jong, der für 75 Millionen Euro von Ajax kam und als der perfekte Spieler für den 26-fachen spanischen Meister gefeiert wurde, mehr Verantwortung im Spielaufbau übernehmen. Der Niederländer erlebte eine durchwachsene erste Spielzeit, bekam von den Verantwortlichen dennoch das Vertrauen und stand auf dem Platz, sofern er fit war.
Bei Ajax glänzte er im Vorjahr beim sensationellen Vormarsch ins Champions-League-Halbfinale als Spielgestalter, diese Rolle musste bei Barca in dieser Saison Messi regelmäßig alleine übernehmen. De Jong besitzt die nötigen Qualitäten, um Messi im Spiel nach vorne zu entlasten und das Spiel anzukurbeln. Mit den beiden Abräumern Vidal und Busquets an seiner Seite hätte er durchaus in der Defensivbewegung gewisse Freiheiten, die er jedoch auch nutzen muss. Denn eines ist klar: Muss Messi selbst im 4-4-2 ständig aus dem Mittelfeld das Spiel in die Hand nehmen, wird es personell in der Offensive dünn aus Sicht der Katalanen.
Schaut man sich die Besetzung im Mittelfeld an, wird schnell ersichtlich, dass keine gelernten Flügelspieler auf dem Platz stehen. Hier sind in dieser Konstellation vor allem die Außenverteidiger Alba und Semedo gefordert. Beide sind für ihre Offensivfähigkeiten bekannt, vor allem Albas Zusammenspiel mit Messi führte schon zu vielen Toren.
Es ist also durchaus denkbar, dass es Barcas Plan ist, die Bayern mit hoch stehenden Außenverteidigern unter Druck zu setzen und die jeweilige Defensivseite mit einem der zweikampfstarken Mittelfeldspieler abzusichern. Klappt diese Absicherung allerdings nicht, könnte der Schuss nach hinten losgehen.
Variante 2: Barca bleibt beim 4-3-3 - mit Fati statt Griezmann?
Bleibt Barca bei der 4-3-3-Grundordnung, wird es neben de Jongs spielerischer Qualität und den offensiv agierenden Außenverteidigern vor allem auf Messis Gegenpart auf dem Flügel ankommen. Die Saison hat deutlich gezeigt, dass sich Weltmeister Griezmann auf dem linken Flügel nicht wohlfühlt, da er - ähnlich wie Messi - als Linksfuß lieber von der rechten Seite kommt, sich gerne in den Zwischenräumen aufhält und gewisse Freiheiten in seinem Spiel braucht, um sich komplett entfalten zu können. Statistisch gesehen hat der Franzose mit 15 Toren und vier Vorlagen keine schlechte Saison gespielt, doch ihm fehlte in vielen Partien die Bindung zu seinen Nebenleuten.
Die bessere Option für Linksaußen wäre eigentlich Ansu Fati. Der 17-Jährige war einer der wenigen Lichtblicke dieser Spielzeit und sticht vor allem durch seine Unbekümmertheit und seine Qualitäten im Eins-gegen-Eins heraus. Sieben Treffer in 24 Ligaeinsätzen sprechen außerdem für eine gewisse Torgefährlichkeit.
Beim Achtelfinal-Rückspiel gegen Neapel (3:1) schmorte Fati jedoch 90 Minuten lang auf der Bank, während Griezmann vor allem im Spiel mit dem Ball erneut eher einem Fremdkörper ähnelte. Es bleibt also abzuwarten, ob Setien mutig genug ist, in diesem bedeutenden Spiel den sündhaft teuren Neuzugang für einen unerfahrenen Youngster auf die Bank zu setzen.
Pünktlich vor dem Abflug zum Finalturnier nach Lissabon gab es für Barca Grund zur Freude und zudem eine weitere Option für die Flügelpositionen: Der ehemalige Dortmunder Ousmane Dembele, der aufgrund mehrerer Muskelverletzungen seit Ende November kein Spiel mehr bestreiten konnte, gehört in der Königsklasse zumindest wieder zum Aufgebot. Für mehr als einen Kurzeinsatz dürfte es beim Franzosen aber (noch) nicht reichen.
Fazit: Barca braucht mehrere Weltklasse-Leistungen - nicht nur Messi
Für Außenstehende geht der FC Bayern als Favorit in das Duell gegen Barcelona, lediglich der Faktor Messi wird immer wieder als Argument für die Katalanen genannt. In eine ähnliche Kerbe schlug auch Schuster, der davon sprach, dass es für die Mannschaft in dieser Saison nur zwei Möglichkeiten gebe: "Dass Messi das Tor trifft oder dass Barcelona im Spiel ohne Ball einen Weltklasse-Tag erwischt."
Um gegen den deutschen Rekordmeister weiterzukommen, braucht es vermutlich mehr als Messi, zu gefestigt schienen die Münchner im Saisonendspurt. Spieler wie Suarez, de Jong oder auch Griezmann, sollte er erneut den Vorzug vor Fati bekommen, haben zweifellos Weltklasse-Qualität, nur konnten sie das in dieser Saison zu wenig zeigen. Aus Barca-Sicht besteht allerdings die Hoffnung, dass große Spieler in den großen Momenten zur Stelle sind - und durch den Wegfall des Rückspiels ist in einem einzelnen K.-o.-Duell sowieso alles möglich.
Champions League: Die Viertelfinalspiele im Überblick
Datum | Heim | Auswärts | Ergebnis|Anstoß |
13.08.2020 | Atalanta Bergamo | Paris Saint-Germain | 1:2 |
14.08.2020 | RB Leipzig | Atletico Madrid | 2:1 |
15.08.2020 | FC Barcelona | FC Bayern München | 21 Uhr |
16.08.2020 | Manchester City | Olympique Lyon | 21 Uhr |
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