Ein knappes Viertel der Bundesliga-Saison 2011/12 ist gespielt: Erste Trends haben sich mittlerweile abgezeichnet. Doch für was stehen die Klubs in dieser Saison? Warum ist der FC Schalke 04 plötzlich ein Stehaufmännchen? In welcher Disziplin sind der 1. FC Köln und der SC Freiburg Ligaspitze und was ist die neue Qualität des VfB Stuttgart? Alle 18 Klubs in der Datenanalyse.
Bayern München
Ein historischer Bestwert!
Jupp Heynckes' wichtigster Auftrag war es, das Defensivspiel des FC Bayern zu verbessern. Dass es ihm gelungen ist, beweist die allseits bekannte Zu-Null-Serie. Doch die Bayern haben dabei sogar noch einen historischen Rekord aufgestellt: Eine Tordifferenz von 20 bei 21:1 Toren nach acht Spieltagen ist zu diesem Zeitpunkt ein Bestwert in der Bundesliga-Geschichte. Ein weiteres Indiz für die Defensivstärke: Der Rekordmeister ließ nur 58 Torschüsse und noch keine einzige Großchance zu - auch dies sind beides Bestwerte in der Bundesliga. Zum Vergleich: In der letzten Saison waren es nach acht Runden 82 Torschüsse der Gegner und fünf Großchancen.
Werder Bremen
Die Stürmer und der lange Atem
Das 2:3 bei Hannover 96 ist ein kleiner Rückschlag für Werder Bremen: Trotzdem zeigen die Hanseaten eine klar aufsteigende Tendenz zur vergangenen Saison und das hat Werder vor allem seinen Angreifern zu verdanken. Werders zwölf Stürmer-Tore sind in der laufenden Spielzeit Ligaspitze. Zum Vergleich: 2010/11 hatten Bremens Angreifer nach acht Runden nur sieben Mal getroffen. Und da ist ja noch die Sache mit dem langen Atem: Bremen erzielte diese Saison ligaweit die meisten Tore in der Schlussviertelstunde (sieben) - letzte Saison waren es zur gleichen Zeit nur zwei Treffer im letzten Spielabschnitt.
Borussia Mönchengladbach
Das Bollwerk
Gut zwei Jahre dauerte das Defensivelend bei der Borussia: Mönchengladbach kassierte Tore wie am Fließband, selbst wenn die Mannschaft defensiv eingestellt war. Mit der Übernahme von Lucien Favre hat sich das Blatt aber gewendet. Gladbach ließ in dieser Saison gerade mal vier Treffer zu, was nach Bayern München der zweitbeste Wert ist. Dass so wenige Gegentore fallen, kommt nicht von ungefähr: Die Borussen ließen in der Vorsaison beispielsweise nach acht Spieltagen 128 Torschüsse und 21 Großchancen zu. In dieser Saison sind es nur noch 85 Torschüsse (nur Bayern und Nürnberg weniger) und sechs Großchancen (nur Bayern und Hoffenheim weniger) der Gegner. Das Problem Abwehr wäre damit keines mehr.
FC Schalke 04
Die Stehaufmännchen
"Steht auf, wenn ihr Schalker seid", hallt es regelmäßig durch die Veltins-Arena. Gemeint sind die Fans, aber auch die Spieler fühlen sich in dieser Spielzeit immer wieder mal angesprochen. Denn: Schalke siegte schon drei Mal noch nach einem 0:1-Rückstand. In dieser Wertung ist man mit Werder Bremen Ligaspitze! In der vergangenen Saison gelang den Knappen dieses Kunststück kein einziges Mal. Passend dazu: 13 von 17 Saisontoren erzielte Schalke in der zweiten Halbzeit. Das "Stehaufmännchen"-Syndrom kann mit der Torgefährlichkeit begründet werden: Nur Schalke schoss in drei Spielen vier oder mehr Tore - ingesamt erzielte S04 nach Bayern die meisten Tore. Eine deutlich aufsteigende Tendenz, wenn man bedenkt, dass Schalke in der vergangenen Rückrunde nur 13 Treffer gelangen.
Hannover 96
Macht die Flanken dicht!
Dass Hannovers Durchmarsch in die Europa League kein Zufallsprodukt war, beweist die aktuelle Saison. Hannover ist schon wieder Fünfter und gewann gegen Klubs wie Borussia Dortmund oder zuletzt Werder Bremen. Hannover ist nur noch schwer bezwingbar. Zuletzt vor 42 Jahren, in der Saison 1969/70, hatte Hannover in der Bundesliga an den ersten acht Spieltagen nur ein Mal verloren. Der gute Trend setzt sich fort und ein Detail belegt, dass sich Hannover in allen Belangen deutlich verbessert hat: Kassierte Hannover an den ersten acht Spieltagen der vergangenen Saison noch sechs Gegentore im Anschluss an eine Flanke (Ligahöchstwert), liegt dieser Wert in der laufenden Spielzeit nur bei zwei.
Borussia Dortmund
Vorsicht bei Standards!
Das Augsburg-Spiel war das 1500. Bundesliga-Spiel in der Geschichte Borussia Dortmunds: Dafür erstmal herzlichen Glückwunsch. Doch der BVB hat in der ersten Saison nach der Meisterschaft so seine Problemchen. In der Champions League zahlte man im Gastspiel bei Olympique Marseille Lehrgeld - besonders die Defensive wirkte bei weitem nicht so gefestigt wie noch in der Spielzeit zuvor. Zwar hat Dortmund nach Bayern und Mönchengladbach gemeinsam mit Hoffenheim die drittbeste Abwehr der Liga, aber man lässt deutlich mehr Chancen zu und vor allem fallen viele vermeidbare Gegentore. Da wären die Standardsituationen: In der letzten Saison hatte der Meister nach acht Spieltagen nur zwei Gegentore nach ruhenden Bällen kassiert, jetzt sind es schon vier.
Platz 7 - 12: Die Trends von Stuttgart bis Köln
Platz 13 - 18: Die Trends von Wolfsburg bis Hamburg
VfB Stuttgart
Konzentration mit dem Anpfiff
Khalid Boulahrouz wollte mit dem Taxi von Kaiserslautern nach Stuttgart fahren, hätte der Niederländer auch im Fritz-Walter-Stadion nicht getroffen. Doch Boulahrouz gelang endlich sein zweites Bundesliga-Tor seit der Saison 2004/05, als er für den Hamburger SV bei Arminia Bielefeld traf. Taxi-Kosten gespart, drei Punkte geholt und aufgeatmet. Doch Boulahrouz und Co. können nicht nur Tore schießen, sondern auch inzwischen gut verteidigen - und das vom Anpfif weg: Der VfB kassierte in der laufenden Saison erst ein Gegentor vor der Pause. Zum Vergleich: In der vergangenen Saison waren es hier nach acht Spieltagen noch sage und schreibe neun Gegentreffer (Ligahöchstwert).
1899 Hoffenheim
Gefestigte Sinsheimer
Es geht in dieser Zeit durchaus als Achtungserfolg durch, wenn man in einem Heimspiel den FC Bayern torlos nach Hause schickt und einen Punkt holt. Hoffenheim hat den FC Bayern aufgehalten, die Siegesserie des Rekordmeisters gestoppt. Holger Stanislawski hat geschafft, Struktur ins 1899-Spiel zu bringen. Ein Indiz dafür: In der Vorsaison kassierte Hoffenheim nur an den ersten acht Spieltagen noch ligaweit die meisten Gegentore in der Anfangsviertelstunde (drei), in der laufenden Saison musste Hoffenheim hier erst ein frühes Gegentor schlucken. Das 0:0 gegen Bayern war übrigens gleichzeitig das Ende einer Durstsrecke: Seit April 2011 spielte Hoffenheim nicht mehr Remis.
Bayer Leverkusen
Weniger Gefahr aus der Mitte
Dass Bayer Leverkusen in der Vorsaison Borussia Dortmunds größter Rivale in Sachen Meisterschaft war, kam nicht von ungefähr. Leverkusen war mit 64 Toren das zweitgefährlichste Team der Bundesliga, vor allem weil alle Mannschaftsteile an den Toren beteiligt waren. So erzielten die Mittelfeldspieler Arturo Vidal (10), Sidney Sam (7), Renato Augusto (6) oder Simon Rolfes (5) einen beachtlichen Anteil aller Tore. Nur die Mittelfeldspieler vom BVB erzielten mehr Tore als die Bayer-Jungs. In dieser Saison ist ein Abwärtstrend erkennbar. Die Bayer-Mittelfeldspieler trafen nur vier Mal. Da ist das Tor von Gonzalo Castro, den Robin Dutt im Wolfsburg-Spiel erstmals ins Mittelfeld beorderte, doch ein Hoffnungsschimmer...
Hertha BSC
Das Problem: Die Standards
Die Umstellung von der 2. Bundesliga auf die Bundesliga ist wie erwartet schwierig und dennoch steht Hertha BSC mit zwölf Punkten nach acht Spieltagen sehr ordentlich da. Ansätze zur Verbesserung gibt es selbstverständlich. Da wäre zum Beispiel das Defensivverhalten bei Standardisituationen. Kassierten die Hauptstädter an den ersten acht Spieltagen in der 2. Liga nur einen Gegentreffer, musste Thomas Kraft in dieser Saison schon fünf Gegentore nach Standards einstecken. Angesichts von nur neun Gegentreffern insgesamt kein unerheblicher Wert...
1. FC Nürnberg
Gefährliche Kontermannschaft
Ilkay Gündogan weg, Mehmet Ekici weg, Julian Schieber weg! Der 1. FC Nürnberg verlor vor dieser Saison seine besten drei Spieler und man attestierte dem Klub eine schwere Saison 2011/2012. Elf Punkte nach acht Spielen sind nicht berauschend, aber auch kein so schlechter Wert für den Club. Bemerkenswert ist dabei, wie Nürnberg seine Tore erzielt. Die Franken sind auf dem besten Wege, sich zur besten Kontermannschaft der Liga zu entwickeln: Nur Köln erzielte in dieser Saison mehr Kontertore (fünf) als der FCN, der vier Mal traf. Zum Vergleich: in der letzten Saison klappte das Umschalten beim Club nicht so gut. Die Franken trafen an den ersten acht Spieltagen nur zwei Mal nach einem schnellen Gegenangriff.
1. FC Köln
Noch fehlt die Abstimmung
Dem kurzen Aufschwung folgte die Ernüchterung: Nach zwei tollen Siegen ist der 1. FC Köln beim 0:3 in Berlin auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden. Wieder war es die Defensive, die Trainer Stale Solbakken Kummer bereitete. Mit 18 Gegentoren rangiert der FC unter den Flop 5 der Liga. Dabei sind viele Treffer vermeidbar, weil sie nach ruhenden Bällen fallen. Köln kassierte bereits acht Gegentore nach Standardsituationen, was Köln in dieser Wertung gemeinsam mit dem HSV zum Schlusslicht macht. Besser lief es in der Vorsaison: Die Kölner hatten sich nach ruhenden Bällen zur gleichen Zeit nur drei Gegentreffer gefangen.
Platz 1 - 6: Die Trends von Bayern bis Dortmund
Platz 13 - 18: Die Trends von Wolfsburg bis Hamburg
VfL Wolfsburg
Gesucht: Ein Knipser
Der VfL Wolfsburg kommt einfach nicht in die Gänge: Das 1:0 gegen Kaiserslautern sollte der Startschuss zu einer Serie werden, aber anscheinend war es nur ein Strohfeuer. Problematisch gestaltet sich vor allem das Angriffsspiel. Der VfL verbucht im bisherigen Saisonverlauf nur drei Stürmertore - in der Bundesliga erzielten nur Kaiserslauterns Angreifer weniger Tore. In der vergangenen Saison waren es nach acht Runden noch zehn Stürmer-Tore gewesen, womit man ganz vorn dabei war. Aber damals spielten auch noch die Herren Edin Dzeko und Grafite für den VfL Wolfsburg. Der neue Hoffnungsträger heißt Mario Mandzukic: Auf sein Konto gehen nämlich alle drei Stürmertore der laufenden Spielzeit.
1. FSV Mainz 05
Kein Durchhaltevermögen
Der FSV Mainz 05 startete furios in die vergangene Saison, wehte wie ein frischer Wind durch die Liga und qualifizierte sich am Ende für die Europa League. Der gute Lauf war ein Produkt starker Offensive, konzentrierter Defensivarbeit und einer großen Portion Durchhaltevermögen. In der kompletten Vorsaison gab Mainz nach einer 1:0-Führung (13 Mal) nur einmal noch Punkte ab (12 Siege, ein Remis). In der laufenden Saison führte der FSV schon sechs Mal mit 1:0, ließ aber jetzt schon vier Mal Punkte liegen (zwei Siege, ein Remis und drei Niederlagen). Symptomatisch war das letzte Bundesliga-Spiel: Mainz machte aus einem 0:2 in Nürnberg schon nach 52 Minuten ein 3:2, kassierte aber in der 82. Minute den Ausgleichstreffer.
SC Freiburg
Ausgekontert!
Wenn man ganz böse sein will, traf der SC Freiburg am vergangenen Wochenende auf sein Vorbild: 22 Gegentore in sieben Spielen, das erinnerte doch sehr an das Mönchengladbach vergangener Spielzeiten. Doch im direkten Duell machte es Freiburg dann dem neuen Gladbach nach und hielt seinen Kasten beim 1:0-Erfolg sauber. Viele Freiburger Gegentore dieser Spielzeit resultierten aus Kontern. Sechs Kontergegentore sind der Ligahöchstwert. Dass Freiburg als gute Kontermannschaft mit den eigenen Mitteln geschlagen wird, ist die Ironie des Fußballs.
1. FC Kaiserslautern
Zu ungefährlich
Mit Srdjan Lakic verlor der 1. FC Kaiserslautern seinen besten Angreifer und damit auch sämtliche Torgefährlichkeit: Kaiserslautern erzielte bisher die wenigsten Tore (5), weil auch die Stürmer nur zwei Mal trafen. In der vergangenen Saison waren es nach nur acht Spieltagen schon neun Treffer mit einem Stürmer-Anteil von sieben - sechs Treffer gingen auf das Konto von Lakic. Dass die FCK-Angreifer in dieser Spielzeit nicht treffen, kann nicht damit begründet werden, dass sie es nicht versuchen - nur an der Zielgenauigkeit hapert es gewaltig: Für ein Tor braucht Kaiserslautern 24 Torschüsse - die Hälfte war es in der Vorsaison.
FC Augsburg
Offensiv wie Defensiv ein Problemfall
Die Debüt-Saison in der Bundesliga verlief für den FC Augsburg bisher schlecht. Der FCA hat Probleme - sowohl offensiv, als auch defensiv: Die Luhukay-Elf ließ schon 129 Torschüsse (nur Freiburg und der HSV mehr) und 16 Gegentore zu. Zum Vergleich: In der vergangenen Saison in der 2. Liga waren es nach acht Runden nur 109 Torschüsse der Gegner gewesen und auch nur zehn Gegentore. In der Offensive ist Augsburg nach Kaiserslautern mit nur sechs Toren das ungefährlichste Team. Auch hier ein Vergleich zur Vorsaison: An den ersten acht Zweitligaspieltagen trafen die Augsburger noch doppelt so oft.
Hamburger SV
Kein Geheimnis: Es ist die Defensive...
Warum der Hamburger SV seit fünf Spieltagen Letzter ist? Frag' nach in der Defensive: Der HSV musste drei Mal drei oder mehr Gegentore hinnehmen und wartet saisonübergreifend schon seit zwölf Spielen auf ein Zu-Null-Spiel. Dass es in der Abwehr nicht klappt, beweist auch die Aufschlüsselung der Gegentore: Der HSV kassierte ligaweit die meisten Gegentore nach Standardsituationen (acht wie Köln) und auch ligaweit die meisten Kopfball-Gegentore (sechs wie Freiburg). Zum Vergleich: In der vergangenen Saison waren es zur gleichen Zeit nur vier Gegentore nach Standards und auch nur ein Kopfballgegentreffer gewesen.
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