Die größten Talente der Halbfinalisten

Jochen Rabe
09. Mai 201720:33
Felix Götze, Haji Wright, Dzenis Burnic und Gian-Luca Itter (v.l.n.r.) gehören zu den großen Talenten der A-Junioren-Bundesligaspox
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Die A-Junioren-Bundesliga geht mit den Meisterschafts-Playoffs in die heiße Phase. In den Halbfinals trifft der FC Bayern München auf den FC Schalke 04 und der VfL Wolfsburg fordert Titelverteidiger Borussia Dortmund. SPOX blickt auf die größten Talente der Halbfinalisten.

VfL Wolfsburg

Davide-Jerome Itter: RB Leipzig bemühte sich intensiv, auch der FC Arsenal hat gerüchtehalber versucht, die Zwillinge zu verpflichten, doch am Neujahrstag gab der VfL Wolfsburg bekannt, die Itter-Zwillinge bis 2021 an den Verein gebunden zu haben. Bei der U17-Europameisterschaft in Aserbaidschan spielten die Brüder eine wichtige Rolle im deutschen Team.

Davide-Jerome spielt auf der Rechtsverteidiger-Position, hat in Jugendjahren allerdings auch schon Erfahrungen auf der Sechs gesammelt.

"Unser großes Ziel ist die Bundesliga. Spieler wie Paul Seguin oder zuletzt Jannes Horn zeigen, dass man beim VfL den Sprung schaffen kann", sagte Davide nach der Vertragsverlängerung. Er hat dabei den etwas schwereren Stand als sein Bruder, auch weil er im letzten Jahr mit Verletzungen zu kämpfen hatte.

Immerhin gelang ihm Ende April beim 3:0 gegen den VfL Osnabrück sein erstes Tor für die Wolfsburger A-Junioren - in einem Spiel, in dem Bruder Gian-Luca gleich zwei Treffer auflegte.

Gian-Luca Itter: Auf der chronisch unterbesetzten Position des Linksverteidigers ist er eines der größten Versprechen im deutschen Fußball. Schnell, konditionsstark, technisch begabt, hoher Einsatzwille - Gian-Luca bringt einiges mit, um den Durchbruch zu schaffen. In 22 Saisonspielen der Wölfe legte er zehn Tore auf und erzielte drei selbst.

Felix Götze, Haji Wright, Dzenis Burnic und Gian-Luca Itter (v.l.n.r.) gehören zu den großen Talenten der A-Junioren-BundesligaspoxDer DFB zeichnete ihn dafür im August letzten Jahres bei den U17-Talenten mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold aus - vor Kai Havertz, der bei Bayer Leverkusen derzeit in der Bundesliga sein enormes Potential zeigt.

Wenn der linke Abwehrspieler weiter an seiner Robustheit arbeitet, wird er schon in der kommenden Saison eine ernsthafte Option für die Wolfsburger A-Mannschaft sein. Mitte März saß er gegen den SV Darmstadt 98 sogar bereits erstmals in der Bundesliga auf der Bank. "Ich war natürlich überglücklich, dass ich im Profikader stand. Jetzt werde ich weiter hart arbeiten, damit ich meine Chance und irgendwann auch einmal einen Einsatz bekomme", kommentierte er nach der Partie.

Zum Problem könnte einzig werden, dass auf dem Platz links hinten mit Jannes Horn ein weiteres Wolfsburger Talent derzeit den Sprung zu den Profis geschafft hat.

Murat Saglam: Im Dezember tauchte der Name des Wolfsburger Youngsters plötzlich in der englischen Presse auf. Angeblich habe West Ham United Interesse daran, den damals 18-Jährigen zu verpflichten. Und auch Tottenham soll ein Auge auf ihn geworden haben. Aufgefallen war er den englischen Teams beim Auftritt mit der türkischen U19-Nationalmannschaft, bei der Saglam die Fäden im Mittelfeld zieht.

Mitte Januar verkündete der VfL schließlich, das Offensivtalent bis 2019 unter Vertrag genommen zu haben. "Ich freue mich auf die nächsten Jahre in Wolfsburg", verkündete Saglam über seinen Instagram-Account.

Mit zehn Assists und vier Toren hatte der 19-Jährige großen Anteil am Erfolg der A-Junioren in dieser Saison.

Die große Stärke des Deutsch-Türken im System der ungeschlagenen Wolfsburger U19 ist seine Flexibilität. Trainer Thomas Reis setzte ihn als Rechtsverteidiger ein, brachte ihn jedoch auch Rechtsaußen, Linksaußen, im zentralen und offensiven Mittelfeld, einmal sogar als Mittelstürmer.

Seine Kernkompetenz sieht Saglam auf der Zehn, dort will er im Laufe der nächsten Jahre von seinem Landsmann Yunus Malli lernen.

Borussia Dortmund

Jacob Bruun Larsen: Das größte Talent aus den Reihen des BVB kommt aus Dänemark. Der 18-Jährige war der Dominator der West-Staffel. In 17 Spielen traf er 20 Mal - neben drei Doppelpacks und einem Dreierpack traf er im November gegen Wuppertal sogar fünffach. Darüber hinaus durfte der Youngster im Pokal sogar schon einmal bei der A-Mannschaft reinschnuppern.

Zum Porträt: Der nächste 98er beim BVB

Bruun Larsen war mit seinen Toren maßgeblich am Einzug in die Playoffs beteiligt, diese wird er allerdings verpassen: Seit Anfang März fällt er wegen Ermüdungsbruchs im linken Fuß aus. Erst zur Vorbereitung auf die neue Saison wird das nächste Talent aus der Dortmunder Class of '98 wieder eingreifen.

Dzenis Burnic: Mit seiner Startelfnominierung im Bundesligaspiel gegen den SV Darmstadt 98 überraschte Dortmunds Profitrainer Thomas Tuchel alle - und stellte sich nach dem durchwachsenen Debüt demonstrativ vor den Youngster: "Ich verbiete Ihnen geradezu, diese beiden Namen mit der Niederlage in Verbindung zu bringen", sagte er, bezogen auf Burnic und Emre Mor nach der Partie.

"Dzenis war jetzt einfach mal dran. Er hat schon in der Champions League gespielt und bei uns auch eine gute Vorbereitung gespielt", begründete Tuchel weiter.

Bei den A-Junioren des BVB ist der deutsche Nationalspieler mit bosnischen Wurzeln eine feste Stütze, Leistungsträger und Mannschaftskapitän. Insgesamt absolvierte er in dieser Saison 19 Spiele in der A-Junioren-Bundesliga (fünf Tore, vier Assists) und sieben in der Youth League. Am letzten Spieltag war er der entscheidende Mann, als er gegen den MSV Duisburg einen Elfmeter zum 1:0-Sieg verwandelte und Dortmund damit doch noch zur Meisterschaft führte, weil Schalke zeitgleich 1:1 gegen Wuppertal spielte.

"Ich finde meine Entwicklung super. Ich bin aber nicht zufrieden, das wäre falsch. Ich will immer mehr erreichen. Ich kann mich nicht ausruhen, wenn ich ganz oben ankommen will", bewertet er selbst seinen Werdegang.

Defensiv ist Burnic flexibel einsetzbar. Während er bei den Profis Innen- und Linksverteidiger spielte, ordnet er das Spiel bei der U19 vom zentralen Mittelfeld aus. Mit seiner Ballsicherheit, Robustheit und Spielübersicht will er die BVB-Junioren zur Titelverteidigung führen.

Etienne Amenyido: In Abwesenheit des verletzten Bruun Larsen ruhen die Offensiv-Hoffnungen der Schwarz-Gelben auf dem 19-Jährigen. Seit Jahren kickt der gebürtige Herforder in den Jugendabteilungen des BVB. Ob im 4-4-2, im 4-3-3- oder im 4-2-3-1, Amenyido ist im Angriff des Teams von Benjamin Hoffmann gesetzt.

Und er zahlte das Vertrauen zurück: In 34 Pflichtspielen war er an 20 Toren beteiligt (15 Treffer, fünf Assists).

Der Angreifer hat seine Stärken im Raumgefühl und im Abschluss. Im November 2016 durfte er unter Frank Kramer auch sein erstes Länderspiel für deutsche U19-Nationalmannschaft absolvieren, im März diesen Jahres startete er dann richtig durch: Bei drei EM-Qualifikationsspielen der U19 traf er viermal.

FC Bayern München

Timothy Tillman: Barca, Real Madrid, Manchester City - die Liste der internationalen Spitzenklubs, die angeblich Interesse am Münchner Youngster haben, ist lang. Dabei sind die Werte des Offensivspielers keineswegs rekordverdächtig: An zwölf Toren war er in 28 Pflichtspielen für Bayerns U19 direkt beteiligt. Stark, aber gleich die Qualifikation für einen Wechsel zu einem Spitzenklub? Oder den Durchbruch bei den Bayern?

Nicht die Werte sind es, aufgrund derer Tillman einen Hype erfährt. Vielmehr sind es seine Fähigkeiten: Neben seiner technischen Stärke verfügt er über eine stark ausgeprägte Wahrnehmungs- und Orientierungsfähigkeit. Er ist ein Mann fürs Eins-gegen-eins, ein Spieler, der den Unterschied machen kann.

Zuletzt überzeugte er als Linksaußen beim 3:1-Sieg gegen den VfB Stuttgart und beim 5:0 gegen seinen Ex-Verein Greuther Fürth. Nun soll Tillman auch gegen Schalke zum X-Faktor im Bayern-Spiel werden.

Zum Porträt: Bayerns größte Nachwuchshoffnung

Marco Friedl: "Er ist für mich wie ein kleiner Bruder", sagt David Alaba über seinen Landsmann. Beide sind gemeinsam im Jahr 2008 aus Österreich zu den Bayern gewechselt, Friedl war damals zehn Jahre alt. Mittlerweile ist der Linksfuß eine feste Größe bei den A-Junioren der Münchner und gilt als große Nachwuchshoffnung.

Im März statteten die Bayern Friedl schließlich mit einem Profivertrag bis 2021 aus. "Er hat eine sehr gute Entwicklung gemacht", begründete Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, "er hat durchaus das Potential, beim FC Bayern zu spielen."

Friedl im Gespräch mit SPOX: "Ancelotti hat mich sehr gelobt"

Ursprünglich hatte Friedl als Stürmer begonnen, unter Heiko Herrlich schulte er zum Linksverteidiger um. Dort hat er seinen Platz bei den Bayern-Junioren, er kann jedoch auch in der Innenverteidigung und auf der Sechs spielen. "Aktuell trainiere ich bei den Profis als Innenverteidiger. Aber die Position ist mir nicht so wichtig. Nur Stürmer werde ich wohl nicht mehr", sagte er im Gespräch mit SPOX.

Im Winter fuhr Friedl mit den Profis ins Trainingslager, danach saß er gegen Werder Bremen in der Bundesliga einmal auf der Bank. Das war es erstmal, schließlich ist er bei der U19 unabkömmlich, bei seinen letzten drei Ligaspielen trug er sogar die Kapitänsbinde.

Trainer Holger Seitz vertraut in den Meister-Playoffs auf den Österreicher als Linksverteidiger - dort sieht er seine Stärken: "Er ist physisch stark, schnell und verfügt über eine gute Technik mit beiden Beinen. Zudem hat er den Vorteil, dass er Linksfuß ist, da gibt es nicht so viele", sagte er zu Goal.

Felix Götze: Der 19-Jährige hat das Kreuz seines großen Namen zu tragen. Ein Jahr nach seinem berühmten Bruder wechselte auch er im Sommer 2014 von Borussia Dortmund zu den Bayern, damals in die U17.

Dass sein Bruder nach drei glücklosen Jahren zurück zum BVB gewechselt ist, war Felix egal, er ist nach eigener Aussage "schon immer meinen eigenen Weg gegangen". SPOXspox

Im Gegensatz zu Mario fand er seine stärkste Position in der Innenverteidigung. "Mit seiner Größe und Zweikampfstärke bringt er alle Voraussetzungen mit, die er auf dieser Position braucht", analysierte sein Trainer Holger Seitz die Perspektiven des Youngsters. Allerdings sei dieser "schlau genug, um zu wissen, dass er dranbleiben und an manchen Dingen noch arbeiten muss", führte Seitz weiter aus.

Weil er in früheren Jugendjahren im zentralen und offensiven Mittelfeld ausgebildet wurde, hat Götze eine starke Spieleröffnung. Auch in der Torgefahr macht sich die Angriffs-Ausbildung bemerkbar: Als Innenverteidiger traf Götze bereits sechsmal in dieser Spielzeit, unter anderem schnürte er einen Doppelpack im emotional wichtigen Münchner Derby gegen die Löwen.

Bei den Profis durfte er bislang lediglich reinschnuppern. Zwar war er für die Champions League gemeldet, stand jedoch nie im Kader. In der Bundesliga saß er zumindest viermal auf der Bank, zuletzt im April beim Auswärtsspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim.

FC Schalke 04

Haji Wright: Kein Geringerer als Raul soll den US-amerikanischen Junioren-Nationalspielern an den FC Schalke 04 vermittelt haben. Es ist nicht bewiesen, dass da etwas dran ist. Doch der mittlerweile 19-Jährige spielte bei New York Cosmos kurze Zeit mit der spanischen Stürmerlegende: "Ich habe im Training so viel von ihm gelernt. Oft auch nur Kleinigkeiten, zum Beispiel, wie ich richtig in Position zu laufen oder wie ich den Ball zu treffen habe. Nicht viele kommen in den Genuss, mit Raul zu spielen", sagte Wright im Guardian.

Offenbar hat er sich tatsächlich einiges von seinem Idol abgeschaut. In Schalkes U19 jedenfalls läuft es in dieser Saison für den Angreifer rund - und das sowohl im Abschluss als auch als Vorbereiter. In 23 Bundesliga-West-Spielen war Wright an 22 Toren direkt beteiligt (elf Treffer, elf Assists).

Zum Porträt: Richtiger Umweg, falscher Linksfuß

"Wright hat Qualitäten, die einfach angeboren sind. Er ist physisch stark, groß und schnell", bewertete sein Ex-Cosmos-Trainer Giovanni Savarese die Chancen des US-Boys.

Erste Profiluft durfte Wright im Wintertrainingslager in Benidorm schnuppern, für einen Platz im Profikader reichte es noch nicht. In den A-Junioren-Meisterschafts-Playoffs will er nun eine Duftmarke setzen, um sich womöglich im Hinblick auf die kommende Saison für größere Aufgaben zu empfehlen.

Benjamin Goller: Im vergangenen Sommer von den Stuttgarter Kickers nach Gelsenkirchen gewechselt, spielte sich der mittlerweile 18-Jährige spätestens im September in die Herzen der Schalker Fans. Als er Königsblau nämlich im Derby gegen den BVB mit einem Doppelpack zum 2:1-Sieg führte. "Das war ein geiles Gefühl", sagte er hinter: "Ich kannte Derbys ja bereits den Stuttgarter Kickers, wenn wir gegen den VfB gespielt haben. Aber Schalke gegen Dortmund ist etwas ganz anderes. Hier im Ruhrpott ist das viel extremer."

Knappenschmiede-Macher Norbert Elgert setzt den "Schwabenbomber" vornehmlich als Rechtsaußen an, selten hilft er auch einmal in der Sturmspitze aus.

Vor allem in der Hinrunde überzeugte Goller voll und ganz. Nach 13 Spielen stand er bereits bei acht Toren und zehn Vorlagen. Im Anschluss an eine schwere Prellung zwischen Sprunggelenk und Wadenbein im Dezember, als der Youngster laut Elgert "Riesenglück" hatte, "dass nichts gebrochen ist", kam er nach der Winterpause nur schwer in Tritt. Nur noch einmal spielte er über 90 Minuten durch. Allerdings traf er pünktlich Ende April gegen Bayer Leverkusen noch einmal doppelt.

Auch Deutschlands U18-Nationaltrainer Meikel Schönweitz hat Gollers Talent bereits erkannt. Im November debütierte er gegen Irland, im März machte er beide Spiele gegen Frankreich.

Erdinc Karakas: Erstmals für großes Aufsehen sorgte der Deutsch-Türke bei der U17-EM in Bulgarien, als er mit der deutschen Auswahl ins Finale einzog. Als Linksverteidiger machte Karakas mit seiner Dynamik Dampf auf dem Flügel und erzielte darüber hinaus zwei Tore, unter anderem den Ehrentreffer bei der 1:4-Finalniederlage gegen Frankreich.

Kein Wunder, dass unter anderem RB Leipzig, Galatasaray und Chelsea am damaligen Bochumer interessiert waren. Dieser entschied sich jedoch für den Schritt in die Schalker Knappenschmiede. Dort ist er seitdem gesetzt und einer der Garanten für die beiden Vizemeisterschaften in der West-Staffel. Neben seinen Einsätzen als Linksverteidiger hat Karakas in dieser Saison auch im Abwehrzentrum bereits Qualitäten bewiesen.

Der Schritt zu den Profis zeichnet sich derzeit allerdings noch nicht ab. Medienberichten zufolge ist er deshalb so unzufrieden, dass er einen Wechsel forcieren will. Werder Bremen soll bereits angeklopft haben. Möglicherweise sind die Meisterschafts-Playoffs also sein vorerst letztes Hurra in Königsblau.