Richtiger Umweg, falscher Linksfuß

Haji Wright erzielte für die U17 der USA 18 Treffer in 22 Spielen
© imago

Mit der U17 der USA sorgte er für Furore. Er ging einen ungewöhnlichen Weg, doch der führt Haji Wright von New York Cosmos wohl in die Bundesliga. Der FC Schalke krallte sich das Talent. Sein Ex-Coach, Giovanni Savarese erklärt SPOX Wrights Chancen in Europa und Schalkes Beweggründe für die Verpflichtung.

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Mit dem großen Ziel Profifußball vor Augen scheiterte schon das eine oder andere "Supertalent" am Sprung in das Haifischbecken der großen Ligen dieser Welt. Oft erscheint die letzte Hürde unüberwindbar. Gründe dafür sind mangelnde Disziplin, Verletzungspech oder zu starke Konkurrenz.

Dennoch greifen die meisten Youngster bei einem entsprechenden Angebot selbstverständlich sofort zum Stift und realisieren ihren Traum. Der Weg zum Profi liest sich wie ein individuelles Rezept. "Ich denke, jeder Spieler hat andere Bedürfnisse. Du musst jeden Spieler einzeln analysieren, in welchem Umfeld sie sind. Jeder braucht unterschiedliche Dinge", erklärt Giovanni Savarese, Haji Wrights Trainer in den USA.

Relativ ungewöhnlich ging Wright seine Karriere an. Der 18-Jährige schlug nach dem Durchlaufen der Jugend-Akademie von L.A. Galaxy ein Vertragsangebot des MLS-Teams aus und schloss sich dagegen Cosmos New York an, einem Zweitligisten.

Dilemma internationaler Transfers

Dabei war seine bisherige Entwicklung sehr vielversprechend. Vor allem in der U17-Nationalmannschaft glänzte der US-Boy mit 18 Toren und sieben Assists in 22 Spielen. Wieso also verschwendete er sein Talent in der NASL?

Diese Frage löst sich in Luft auf, wenn man einen Blick hinter den Vorhang wagt. Im Grunde hat Wright sein Ziel genauso klar definiert. Er lässt dabei nur seine Zwischenziele nicht aus dem Fokus. Im Hinblick auf Entwicklungskapazität und Konkurrenz ist Europa den Vereinigten Staaten in Sachen Fußball doch noch um einiges voraus.

Der Wechsel zu Cosmos war daher nur ein Zwischenschritt für Wright. Es war ein kleiner Rückschritt, der ihn im Nachhinein schneller vorantreiben soll. Ein langjähriger Vertrag bei Galaxy hätte nur wenig Sinn gemacht, wenn man nach Europa will.

So unterschrieb Wright in New York nur für eine kurze Zeitspanne, um dann im Alter von 18 Jahren frei für den Markt zu sein. Da der Stürmer über keinen europäischen Pass verfügt, blieb ihm ein Wechsel unter 18 Jahren aus arbeitsrechtlichen Gründen verwehrt.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

So ging Wright kurzerhand das Risiko ein, sogar ein halbes Jahr vereinslos zu trainieren. Hauptsache der Weg in Richtung europäisches Festland ist frei. Zugegeben hoch gepokert, aber dennoch erfolgreich. Der Nachwuchsspieler wurde am 28. März beim FC Schalke 04 vorgestellt, wo er zunächst für die U19 auflaufen soll.

"Dort kann er sich akklimatisieren, es gibt ja auch noch eine kleine Sprachbarriere. Eine Umstellung ist solch ein Wechsel immer", sagte Oliver Ruhnert, Leiter der Knappenschmiede, gegenüber FUNKE Sport. Der Kontakt zu den Königsblauen stammte aus einem Probetraining des US-Talents im Sommer 2014.

Dort hatte Wright offensichtlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Genauso umgekehrt: "Ich habe dort viel gelernt. Dort herrscht eine super Atmosphäre." Ähnlich wie sein Nationalmannschaftkollege Christian Pulisic von Borussia Dortmund machte Wright bei den Nike International Friendlies das erste Mal auf sich aufmerksam.

Für fünf Treffer in drei Spielen wurde dem Angreifer der Goldenen Schuh für den besten Torjäger verliehen.

"Mussten laut lachen"

Schalke, das seit Jahren bekannt für seine herausragende Jugendabteilung ist, will das Talent nicht sofort verheizen, sondern behutsam aufbauen. Wo Wrights Weg hinführt wird sich noch herauskristallisieren. "Er ist ein Mittelstürmer, kann aber auch über die linke, offensive Außenbahn kommen", analysierte Ruhnert.

Seine Physis und Statik erlaubt dem US-Boy beides. "Er hat Qualitäten, die einfach angeboren sind. Er ist physisch stark, groß und schnell. Er hat eine Menge Fertigkeiten, die es ihm ermöglichen, ein erfolgreicher Profi zu werden", zählt Savarese auf.

Gerade seine Flexibilität verschafft ihm im modernen Fußball eine angenehme Ausgangsposition. Wright vereint Robustheit und Größe (1,88 Meter) mit technischer Versiertheit.

"Wir haben gegen Mannschaften gespielt, deren Coaches ins Spielfeld gerufen haben: 'Zwingt ihn, rechts vorbeizugehen. Er kann seinen rechten Fuß nicht gebrauchen'. Wir mussten laut lachen, weil er eigentlich Rechtsfuß ist. Aber er war links so stark", erinnerte sich Jugend-Coach Mark Shanley gegenüber topdrawsoccer.com.

Behutsamer Aufbau

Der Verlust der Trainingsqualität während seiner Zeit in New York im Vergleich zu Galaxy wurde im Kader des späteren Zweitliga-Meisters recht gut aufgefangen. Mit Real-Legende Raul und Marcos Senna standen zwei gestandene internationale Stars auf dem Platz.

Vor allem vom ehemaligen Champions-League-Rekord-Torschützen profitierte Wright auf dem Trainingsplatz. "Es ist wirklich sehr hilfreich, neben ihm auf dem Platz zu stehen. Bewegung, Ballbehandlung, so viele Aspekte. Viele Spieler kommen nicht in den Genuss, mit Raul zu spielen", weiß Wright im Gespräch mit dem Guardian zu schätzen.

"Das ist ganz entscheidend für so einen jungen Spieler, sich von den Stars Erfahrungswerte einzuholen", bestätigt Savarese.

Doch der Cosmos habe "genauso von Haji gelernt". Wright schaffte sich in New York ein gesundes Firmament für das Abenteuer Europa.

Schneller als ihm lieb ist

Diese Reise könnte womöglich kaum besser beginnen als bei den Knappen. Die U19 der Königsblauen sammelte in den vergangenen fünf Jahren vier Meistertitel in der Bundesliga West und schaffte es in der UEFA Youth League sogar bis ins Halbfinale, wo man gegen La Masia aus Barcelona knapp ausschied.

Die Chance auf schnelle Einsätze in der Bundesliga bietet sich für Wright bei Schalke ebenso. Allein in den letzten drei Jahren erhielten neun A-Jugend-Spieler direkt einen Profivertrag. Und der US-Boy hat sich gleich bei seinem Debüt für höhere Aufgaben empfohlen. Beim 3:1-Sieg gegen den 1. FC Mönchengladbach erzielte der Neuzugang zwei Treffer.

Klar, das ist alles Zukunftsmusik und Wright steht noch ein langer Weg bevor. Savarese ist diesbezüglich aber sehr zuversichtlich: "Ich denke, es bedingt immer noch eines Übergangs. Aber er ist ein Spieler, der jetzt in Europa sein muss. Die Umgebung wird ihm gut tun. Er muss weiter an seiner Reife arbeiten, seine Werkzeuge richtig einsetzen, aber ich bin sicher, wenn es soweit ist, wird er ein sehr interessanter Spieler für Schalke."

Haji Wright im Steckbrief