"Drei Rennen vor Schluss ist Seb Weltmeister"

Alexander Maack
26. August 201314:33
Sebastian Vettel holte in Spa seinen 31. GP-Sieggetty
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Mit 46 Punkten liegt Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel nach dem Großen Preis von Belgien in der Fahrerwertung vor seinem härtesten Konkurrenten Fernando Alonso. Der vierte Titel in Folge ist eigentlich schon fast gebucht. Kimi Räikkönen hat sich aus dem direkten WM-Kampf verabschiedet. Nur Ferrari steckt nicht auf.

Die abwechselnden Pfiffe und Jubelschreie beim Interview auf dem Siegerpodest irritierten Vettel sichtlich. Nachdem er zuvor souverän den 31. Sieg seiner Karriere eingefahren hatte, wirkte der Dreifachweltmeister plötzlich unsicher. "Wir sind ein bisschen verwirrt, weil das Publikum buht und wir nicht wissen warum", erklärte der 26-jährige Heppenheimer mitten in seiner Antwort.

Das gesamte Ergebnis des Rennens in der Übersicht

Der Grund für die Verunsicherung war eine Greenpeace-Aktivistin, die sich vom Dach der Boxenanlage abseilte um gegen die Ölförderung des Belgien-GP-Hauptsponsors zu protestieren. Als die Securitys die Unruhestifterin unsanft und von den TV-Kameras ausgeblendet entfernt hatten, kehrte die Leichtigkeit jedoch schnell wieder zurück. "Wir hatten nicht erwartet, hier dominant zu sein. Fakt ist, dass uns das alle überrascht hat", sagte Vettel, der das halbe Rennen die Handbremse angezogen hatte.

Räikkönens WM-Träume lösen sich in Bremsstaub auf

Besonders von Lotus hatte der Weltmeister ein höheres Tempo im Trockenen befürchtet. Stattdessen verabschiedete sich Kimi Räikkönen aus dem Kreis der heißen WM-Kandidaten. Seine eindrucksvolle Serie von 38 Rennen in Folge ohne Ausfall und 27 Rennen hintereinander in den Punkten riss. "Wir haben eine Menge Rennen beendet und hatten eine gute Zuverlässigkeit. Eines Tages muss einem das Glück ausgehen. Der Tag war heute", zeigte sich Kimi enttäuscht.

Durch eine defekte Bremse, die bis zum unfreiwilligen Ende überhitzte und schwarze Staubwolken absonderte, hat Räikkönen nun 63 Punkte Rückstand auf Vettel und nur einen Saisonsieg auf dem Konto. Statt seine eindrucksvolle Serie mit dem fünften Sieg beim Belgien-GP in seiner Karriere auszubauen, läuft er künftig einem Rückstand hinterher, der ohne Fehler der Konkurrenz nicht mehr aufzuholen ist.

RB denkt Schritt für Schritt

Die Bilanz des Weltmeisters sieht dagegen besser aus: Dem Ausfall in Silverstone stehen nach dem Spa-Erfolg fünf Siege gegenüber. Vom WM-Zweiten trennen Vettel 46 Punkte. "Jedes Rennen ist ein wichtiger Schritt", erklärte Red-Bull-Teamchef Christian Horner anschließend: "Aber es ist noch ein langer Weg. Es wäre von uns fahrlässig, wenn wir Fernando Alonso, Lewis Hamilton oder sogar Kimi Räikkönen unterschätzen würden."

"Sky"-Experte Marc Surer lobte die ungewöhnlich flachen Heckflügel und die Höchstgeschwindigkeit des Red Bull. Die Argumentation hatte allerdings eine kleine Lücke. Schon im Vorjahr lagen Vettel und Mark Webber bei der Lichtschranke nach Eau Rouge auf den Plätzen zwei und drei. Lediglich Felipe Massa war im Ferrari noch schneller. Die Reihenfolge aus diesem Jahr gleicht der des letzten haargenau.

Stattdessen profitierte Vettel vor allem von Technikdirektor Adrian Newey. Der abtriebsstarke RB9 ermöglichte das entscheidende Überholmanöver gegen Lewis Hamilton. "Sebastian hat vor allem in der Eau Rouge massiv aufgeschlossen", verdeutlichte der Mercedes-Pilot: "Es gab ehrlich gesagt nicht viel zu verteidigen. Ich musste zusehen, wie er an mir vorbeifuhr."

Lauda: "Seb hat das perfekt gemacht"

Dabei war Hamilton nicht Mercedes' einziger Angestellter, der die Konkurrenz lobte. "Seb hat das perfekt gemacht", sagte Aufsichtsratschef Niki Lauda: "Das war eine Gesamtleistung: Das Auto hat Newey designt, Horner hat die Strategie gemacht und Seb ist super gefahren."

Schon am Samstag entschied Red Bull, das Setup stärker auf Trockenheit auszurichten als die Silberpfeile. Hätte es doch geregnet, wäre der Zeitverlust im Nassen dennoch kleiner gewesen wie der eines Regen-Setups im Trockenen.

Fernando Alonso meldet sich zurück

Allerdings hatte das Rennen in Spa einen weiteren Gewinner: Fernando Alonso. Der Vizeweltmeister bewies nach einem enttäuschenden Samstag, der ihn von Platz neun starten ließ, und dürftigen Ergebnissen der letzten Rennen wieder seine Klasse.

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"Das Ergebnis zeigt, dass der Ausgang des Qualifyings wenig mit dem Ergebnis am Sonntag zu tun hat", gab sich Alonso zufrieden: "Natürlich haben wir wieder sieben Punkte verloren, aber wenn sie das Wochenende dominieren, alles besser machen als wir und das Rennen gewinnen, dann verdienen sie auch den Sieg." Der Asturier denkt, "es war ein gutes Wochenende für die Meisterschaft - in Sachen Gefühl und in Sachen Punkte."

Durch das verregnete Qualifying ist allerdings noch nicht klar, ob Ferrari in der Sommerpause endlich sein größtes Problem abgestellt hat. In Spa sollte unter anderem eine neue Bremsbelüftung die Qualifyingschwäche beenden. Stattdessen belegten Alonso und Felipe Massa auf nasser Strecke gemeinsam Startreihe fünf. "Selbst wenn ich von der Pole gestartet wäre, wäre ich wohl immer noch auf Platz zwei ins Ziel gekommen. Vettel war schneller", gab Alonso zu.

Horner: In Spa und Monza eigentlich schwächer

Dabei ist Belgien eigentlich kein gutes Pflaster für die Bullen. "Monza und Spa sind in der Theorie zwei Strecken, auf denen wir etwas schwächer sind. Dass wir nun hier gewonnen haben, ist eine besondere Leistung", freute sich Teamchef Christian Horner. Schon in zwei Wochen folgt somit beim Italien-GP womöglich die letzte Chance, Red Bull zu attackieren.

BLOG Der Belgien-GP 2008: Ein Co-Pilot namens Petrus

Anschließend kommen die Strecken, die Vettels Team liegen. Mercedes hat schon jetzt resigniert. "Drei Rennen vor Schluss ist Seb Weltmeister", prognostizierte Lauda eine vorzeitige Entscheidung nach dem Indien-GP. Den Weltmeister kümmern solche Prognosen kaum. "Man muss kein Genie sein, um zu wissen, dass man durch einen Sieg mehr Punkte bekommt", sagte Vettel: "Aber im Rennen denkt man nicht an die WM." Die Bilanz von fünf Saisonsiegen soll aufpoliert werden.

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