Nur der dreifache Iceman dreht am Karussell

Alexander Maack
13. August 201313:29
Ferrari, Lotus oder Red Bull: Welches Cockpit besetzt Kimi Räikkönen 2014?getty
Werbung
Werbung

Kimi Räikkönen ist das Zünglein an der Waage im Fahrerkarussell für 2014. Mit seinem Rückzug zum Saisonende hat Mark Webber die Jagd auf das begehrteste Cockpit der Formel 1 neben Weltmeister Sebastian Vettel freigegeben. Der Kandidatenkreis ist mittlerweile auf zweieinhalb Kandidaten geschrumpft. Wechselt der Iceman zu Red Bull, geht die Wahnsinnsfahrt auf dem Jahrmarkt der Silly Season erst richtig los.

Eigentlich müsste Daniel Ricciardo die Nase im Kampf um das Red-Bull-Cockpit weit vorne haben, weil er die Nachwuchsschmiede von Red Bull durchlief.

Weil Jean-Eric Vergne das Mutterteam nicht überzeugt hat, eignet sich der dauerlächelnde Sunny-Boy wie kein anderer Fahrer, um das Image der österreichischen Brausemarke zu vermitteln. Es mehren sich aber Zweifel, ob er schon reif für ein Topteam ist.

Selbst Ricciardos aktueller Teamchef zweifelt. "Ich persönlich würde es lieber sehen, wenn man ihm noch ein Jahr Reifeprozess bei Toro Rosso zugesteht, um noch mehr Erfahrung zu sammeln", gab sich Franz Tost bei "Speedweek" kritisch. Bei 41 GP-Starts sammelte der Australier erst 21 Punkte. Sein bestes Resultat? Der siebte Platz in China in dieser Saison.

Auch das Red-Bull-Mutterteam ist noch nicht vollends überzeugt. Das Team aus Milton Keynes will nach drei Doppelweltmeisterschaften in Folge das eigene Prestige weiter ausbauen. Nachdem Webber nicht in der Lage war, Vettel dauerhaft Paroli zu bieten, soll nun die bestmögliche Fahrerkombination her.

Der Iceman löst die Wechsel aus

Dabei hängt alles von Kimi Räikkönen ab. Verzichtet der Finne auf persönliche Freiheiten und ordnet sich der PR-Maschine unter, führt an seiner Verpflichtung für Red Bull kein Weg vorbei. Räikkönens fahrerisches Können ist unumstritten. Der Iceman versteht sich zudem gut mit Vettel. Interne Spannungen scheinen ausgeschlossen. SPOX

Der beste verfügbare Fahrer, das beste verfügbare Cockpit - dennoch ist der Iceman mehr als zurückhaltend: "Wie auch immer die Entscheidung ausfällt - für jemand anderen könnte sie dumm aussehen." Dabei würde er mit einem Wechsel zu Red Bull sogar Vettel einen Gefallen tun. Seine größten Kritiker werfen dem Deutschen noch immer vor, nur durch ein überlegenes Auto zu gewinnen. Wird Räikkönen sein neuer Teamkollege, kann er das Gegenteil beweisen.

Lediglich ein Erfolg im stallinternen Kampf gegen Vizeweltmeister Fernando Alonso würde die eigene Stärke noch eindeutiger demonstrieren. Passend, dass dessen Manager Luis Garcia sich vor der Sommerpause zum Red-Bull-Motorhome begab.

Der Aufschrei war - wie erwartet - groß. Dabei bemühte sich der Spanier nach dem Gespräch mit Teamchef Christian Horner, ein anderes Thema in den Vordergrund zu rücken: Die Zukunft des ebenfalls von ihm betreuten GP3-Piloten Carlos Sainz jr.

Red Bull spielt mit Ferrari

Seinen Plan hatte Garcia aber ohne sein Gegenüber gemacht. "Eigentlich hatten wir uns schon ein recht klares Bild verschafft, wer das Cockpit von Mark Webber bekommen soll", sagte Horner gegenüber "Sport Bild" wenige Tage später: "Aber manchmal tauchen wie aus dem Nichts Optionen auf, über die man noch gar nicht nachgedacht hatte."

Red Bull griff die Gelegenheit dankbar auf, um in Maranello für Unruhe zu sorgen. Schon beim Ungarn-GP mussten sämtliche Ferrari-Verantwortliche dauerhaft Fragen nach der Zukunft ihres Stars beantworten. Dass neben Manager Garcia auch Rallye-Legende und GP3-Fahrervater Carlos Sainz anwesend war, machte Horners Argumentation dabei nicht glaubwürdiger. "Die Fernando-Geschichte ist unwahrscheinlich", sagte selbst David Coulthard, der immer noch eng mit Red Bull verbunden ist.

Fest steht: Drei Jahre ohne Titel haben Alonso frustriert. Der 32-Jährige griff die Scuderia zuletzt mehrmals öffentlich an, weil er mit der Weiterentwicklung unzufrieden war, und kassierte dafür einen öffentlichen Rüffel von Präsident Luca di Montezemolo.

Als die Appelle nicht halfen, folgten Wechselgerüchte. Dabei hat der Doppelweltmeister von 2005 und 2006 bereits bei McLaren gemeinsam mit Lewis Hamilton gezeigt, dass er im internen Kampf gegen einen gleichwertigen Teamkollegen nicht der unkomplizierteste Fahrer ist.

"Verträge müssen respektiert werden"

"Fernando hat einen Vertrag. Und Verträge müssen respektiert werden", betonte der frühere Alonso-Manager Flavio Briatore zuletzt gegenüber der "Gazzetta dello Sport".

Abmachungen werden in der Formel 1 allerdings mit Vorliebe gebrochen. Kimi Räikkönen musste die Scuderia etwa 2009 trotz gültigen Vertrags verlassen, weil der neue, spanische Großsponsor lieber Alonso in der roten Göttin sehen wollte. SPOX

Mittlerweile soll die Scuderia dem Iceman laut "Bild" eine Rückkehr mit 15 Millionen Euro pro Jahr schmackhaft machen.

Dauerwasserträger Felipe Massa wäre damit raus, sofern Alonso nicht doch wechselt. Nach einer überzeugenden zweiten Saisonhälfte 2012 hat der Brasilianer mittlerweile erkannt, dass sein Cockpit für das nächste Jahr unsicher ist.

Ferrari setzt Felipe Massa unter Druck

"Meine Resultate entscheiden, ob ich hier bleibe oder das Team wechsle", so der seit 2006 für die Scuderia fahrende Massa. Die Botschaft von di Montezemolo ist eindeutig: "Wir waren stets direkt und haben ihm gesagt, dass wir Ergebnisse und Punkte sehen wollen. An einem gewissen Punkt werden wir uns in die Augen sehen und entscheiden müssen, wie es weitergehen soll."

Räikkönen scheint mehr Informationen zu haben. "Ich kann machen, was immer ich will", sagte der Finne: "Ich habe zwei, drei Optionen auf dem Tisch."

Neben Red Bull und seinem bisherigen Team Lotus bleibt eigentlich nur Ferrari als weiterer Interessent mit Siegpotenzial. Bei Mercedes ist nach den Erfolgen von Lewis Hamilton und Nico Rosberg in der kommenden Saison kein Cockpit frei.

Räikkönen passt zudem ins Anforderungsprofil der Italiener. Ferrari will wegen der gravierenden Änderungen durch die Umstellung auf V6-Turbo-Motoren einen Routinier als zweiten Fahrer. "Die technische Herausforderung ist sehr komplex ", erklärte Teamchef Stefano Domenicali.

Wen hat Lotus als Iceman-Ersatz auf dem Zettel?

Ferrari hätte kein Problem, das Jahresgehalt des Finnen in Höhe von geschätzten 18 Millionen Euro aufzubringen. Lotus sucht dagegen immer noch nach einem Hauptsponsor und muss Abstriche machen.

Günstigere Alternativen gibt es zuhauf: Adrian Sutil hat bei Force India nach einem Jahr Zwangspause mit guten Leistungen direkt Aufmerksamkeit erregt. Sein Teamkollege Paul di Resta hat ebenfalls höhere Ambitionen. Williams-Pilot Pastor Maldonado bietet zudem venezolanische Petrodollar.

Für Nico Hülkenberg könnte die Finanznot bei Sauber dagegen zum Alles-oder-Nichts-Spiel werden. Die Schweizer mussten dem 17-jährigen Sergej Sirotkin 2014 für russische Millionen ein Cockpit zusichern.

Da Hülkenberg im Gegensatz zu Teamkollege Esteban Gutierrez kein Geld einzahlt, muss er hoffen, dass ein anderer Platz frei wird. Bei Lotus hat der Emmericher angeblich schon eine Sitzprobe absolviert. Damit der Flirt ernst wird, muss sich Kimi Räikkönen aber entscheiden und das Wechselkarussell anschieben.

WM-Stand 2013