Kartstrecke mit Hitzegarantie

Alexander Maack
26. Juli 201308:21
Sebastian Vettel übte kürzlich schon in Super-Mario-Verkleidung für seinen Auftritt in Ungarngetty
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Beim Großen Preis von Ungarn (alle Sessions im LIVE-TICKER) spekulieren Vizeweltmeister Fernando Alonso und Kimi Räikkönen auf den letzten Sieg, bevor die Formel 1 in die Sommerpause geht. Der Ferrari-Pilot setzt die Scuderia unter Druck, während der Finne von den Regel- und Reifenänderungen profitiert. Weltmeister Sebastian Vettel kann unterdessen die nächste Negativserie beenden.

Micky-Maus-Kurs, Monaco des Ostens, ausgewachsene Kartstrecke - der 20 Kilometer von Budapester Stadtzentrum entfernte Hungaroring hat im Laufe der Jahre viele Spitznamen bekommen. Sie alle resultieren aus der Charakteristik des 4,381 Kilometer langen Kurses: Langsame Kurven reihen sich fast ausschließlich direkt hintereinander. Die Piloten sind dauerhaft gefordert, weil sie keine Gelegenheit haben, sich auf einer langen Gerade kurzzeitig zu entspannen.

Im zweiten Sektor sprinten die Fahrer innerhalb von 29 Sekunden durch acht Kurven. "Wenn man in einer Kurve von der Ideallinie abkommt, wirkt sich das auf den ganzen Sektor aus. Man muss die Linie genau treffen", erklärte Sauber-Pilot Nico Hülkenberg und führte gleich das nächste Problem an: "Überholen ist schwer auf dem Hungaroring, auch mit DRS. Es gibt zwar eine Gerade, aber die ist nicht wirklich lang genug. Deshalb ist eine gute Qualifikation umso wichtiger."

Sebastian Vettel noch ohne Sieg

Obwohl Red-Bull-Technikdirektor Adrian Newey seit Jahren seine Konstruktionen auf Topstartplätze ausrichtet, konnte Sebastian Vettel ausgerechnet in Ungarn noch nie einen Sieg einfahren. Sechsmal ging er in Budapest an den Start, sein bestes Resultat war der zweite Platz 2011. "Von einem Ungarn-Fluch würde ich nicht sprechen", sagt Vettel: "Wichtig ist doch, dass wir das Optimum rausholen."

Ähnliche Worte wählte zu Beginn dieser Saison Vizeweltmeister Fernando Alonso immer wieder. Zuletzt verschärfte er den Ton angesichts seiner 34 Punkte Rückstand in der Fahrer-WM jedoch. "Wenn wir ein Siegerauto hätten, wäre der Abstand zu Sebastian egal", kritisierte der Asturier nach fünf sieglosen Rennen in Folge sein eigenes Team: "2012 hatte ich nach der Halbzeit über 40 Punkte Vorsprung auf Vettel - und verlor die WM. Ich hoffe, diesmal läuft es umgekehrt."

Fernando Alonso kritisiert fehlende Ferrari-Fortschritte

Der Hungaroring liegt Ferrari durch die fehlenden Überholmöglichkeiten aber eigentlich nicht. Trotz zahlreicher Neuentwicklungen hat die Scuderia die fehlende Pace im Qualifying immer noch nicht in den Griff bekommen. "Im Grunde hat sich am Auto seit Barcelona nichts verändert", beanstandete Alonso: "Wir führen Teile ein, die dann nicht das erhoffte Resultat bringen."

Seit dem letzten Rennen am Nürburgring hatte Ferrari außerdem durch den Young Driver Test in Silverstone immerhin die Chance, die Updates vor dem Rennwochenende in der Realität zu testen. Nachwuchspilot Davide Rigon war prompt schneller als Felipe Massa, der sein Auto aufgrund der Testbeschränkung für Stammfahrer nicht modifizieren durfte.

Immerhin spielt den Italienern die neue Doppel-DRS-Zone in die Karten. Nach der Start-Ziel-Geraden können die Fahrer auch auf dem kurzen Geradeausstück zur zweiten Kurve den Flügel flachstellen. Dass dort Überholmanöver möglich sind, bewies Lewis Hamilton 2009 im McLaren, als er Mark Webber überraschte.

Bekommt Mercedes wegen der Hitze Reifenprobleme?

Der Brite hat schon drei Mal in Ungarn gewonnen. Dass er seinen Sieg aus dem Vorjahr wiederholt, ist nach dem Wechsel zu Mercedes nicht auszuschließen. Schon im charakteristisch ähnlichen Monaco gewann sein Teamkollege Nico Rosberg, weil er sich die Pole-Position sicherte und danach das Feld kontrollierte.

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Allerdings haben die Silberpfeile nun einen bedeutenden Nachteil: Sie kennen die neuen Pirelli-Slicks nicht, weil sie vom Reifentest in Silverstone in der Vorwoche wegen ihrer illegalen Fahrten im Mai ausgeschlossen waren.

Zudem liegt Mercedes die angekündigte Hitze nicht. Für Sonntag prognostizieren die Meteorologen aktuell Temperaturen von weit über 30 Grad Celsius. Sie werden den ohnehin hohen Reifenverschleiß noch verstärken. Obwohl in Budapest keine einzige Kurve mit mehr als 250 Stundenkilometern durchfahren wird, können leicht durchdrehende Räder beim Herausbeschleunigen schnell zu ernsten Problemen führen.

Kimi Räikkönen als großer Profiteur

Kimi Räikkönen könnte hingegen durch seinen schonenden Fahrstil davon abermals profitieren. "Hitze kam uns beim Auto entgegen. Und unter der Hitze leidest du nur dann überhaupt nicht, wenn du gewinnst", sagte der Iceman: "Ich war schon zu oft Zweiter in Ungarn. Ich weiß also, wie wichtig es ist, dieses Rennen nach der ersten Kurve anzuführen."

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Obwohl der Lotus-Pilot auf einen Einsatz bei den Reifentestfahrten in Silverstone verzichtete, könnte er der große Profiteur der neuen Slicks sein, bei denen die Konstruktion des Vorjahres mit den Gummimischungen der Saison 2013 verbunden wird. Bei den bisherigen WM-Läufen war meist der härtere Reifen im Rennen besser geeignet. Durch die nun länger haltenden Pirelli-Slicks könnte der Iceman künftig öfter die Möglichkeit haben, die deutlich weichere und damit schnellere Reifenmischung am Sonntag länger zu nutzen.

Wer weniger Boxenstopps machen muss, profitiert zudem künftig von der reduzierten Höchstgeschwindigkeit in der Box. Weil Mark Webbers herrenloses Hinterrad in der Eifel einen Kameramann schwer verletzte, dürften die Autos nun in der Boxengasse nur noch 80 statt bisher 100 Stundenkilometer schnell sein. In Ungarn werden die Fahrer dadurch etwa vier Sekunden länger brauchen, bis sie wieder auf der Strecke sind.

Der Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM