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Third and Long: Playoff-Guide - wer kommt rein, wer muss zuschauen?

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zum Spieltag.
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Jets und die Tanking-Frage - und was tun mit Jared Goff?

nicom1995, Nogagoal48: Wie weit dürfen die Limitierungen von Goff noch gehen? Bzw. müssen sich die Rams auf dem QB-Markt umschauen? Gibt es Möglichkeiten aus dem Goff Vertrag rauszukommen? Sollten sich die Rams nach einem neuen Quarterback umschauen?

Die Zahlenspiele vorneweg: Im Prinzip ist es bei Goff eine ähnliche Situation wie bei Carson Wentz. Goff ist noch bis einschließlich 2024 an die Rams gebunden, eine Entlassung ist 2021 finanziell gesehen undenkbar. Der Dead Cap Hit wäre 30 Millionen höher als wenn Goff im Kader bleibt.

Genau wie bei Wentz wäre ein Trade dagegen machbar, sogar noch zu deutlich besseren Konditionen: Die Rams würden "nur" 22,2 Millionen Dollar an Dead Cap schlucken und 12,4 Millionen Dollar Cap Space einsparen. Nur müsste man natürlich auch erstmal jemanden finden, der für Goff tradet und das halte ich angesichts seines Vertrags und seiner Leistungen für eher unwahrscheinlich

So viel zu den Rahmenbedingungen, spannender finde ich allerdings die übergreifenden Lehren. Denn gerade die Rams unter McVay - ähnlich wie die 49ers unter Shanahan - haben eine Offense gebaut, in der zunächst einmal sehr viele Quarterbacks funktionieren können. Rollouts, offene Würfe, sehr viel designte Yards nach dem Catch, Screens und vieles baut auf einem vergleichsweise effizienten Run Game auf: Der Quarterback in dieser Offense ist tatsächlich der als Begriff gerne inflationär gebrauchte "Game Manager". Er muss die Offense konstant umsetzen, und vereinzelt mal ein Spiel selbst gewinnen können, dann ist man schon auf einem guten Weg.

Das Problem damit ist einerseits, dass die Umstände eben auch gut sein müssen. Man braucht eine gute Offensive Line, um so zu gewinnen. Man braucht die Waffen, die nach dem Catch gefährlich sind. Und idealerweise benötigt man auch eine gute Defense, damit die eigene Offense nicht zu häufig in Shootouts verwickelt wird. Und ein starker Kader ist in der NFL nun mal immer schwer über mehr als ein, zwei Jahre aufrechtzuerhalten.

Das ist unter anderem so, weil man nicht alle Leistungsträger langfristig bezahlen kann, womit wir wieder den Bogen zur Quarterback-Frage schließen: McVay mit seiner Qualität und mit seinem System wäre der ideale Testfall dafür gewesen, einen soliden Quarterback wie Goff nach dem Rookie-Vertrag ziehen zu lassen, um sich dann per Free Agency oder Draft für deutlich weniger Geld eine Alternative zu holen, die ins System passt, um so immer einen riesigen Salary-Cap-Vorteil gegenüber den Teams zu haben, die 30 Millionen und mehr ihres Cap Spaces für den Quarterback verwenden.

Plus es würde den Rams ganz natürlich innerhalb des Prozesses die Chance geben, immer wieder neue Quarterback-Lotterietickets zu ziehen. Ist einmal ein Volltreffer dabei, dann ist es natürlich auch eine andere Konversation was einen möglichen zweiten Vertrag angeht.

Aber wir kommen gleich bei der nächsten Frage nochmal zu der "Vakuum"-Problematik, und die ist auch hier anwendbar: Diese Ideen sehen in der Theorie gut aus, und ich würde es sehr gerne mal sehen, dass ein Team das mit Konsequenz durchzieht. Gleichzeitig aber wird es GMs und Head Coaches immer schwer fallen, einen sicheren durchschnittlichen Quarterback aufzugeben und das Risiko einzugehen, dass man womöglich über mehrere Jahre danach signifikant schlechtere Quarterbacks hat.

Insofern kann man es für die Rams ganz simpel zusammenfassen: L.A. sollte sich definitiv im Draft nach Quarterbacks umschauen. Vielleicht auch einen beispielsweise in Runde 2 nehmen, die allermeisten Teams sollten das in meinen Augen generell viel häufiger machen. Einfach um die Möglichkeit auf einen Treffer zu haben. Und ab 2022 wäre dann auch eine Entlassung im Bereich des finanziell Machbaren.

Niki, Max: Wenn die Saison schon gelaufen ist wie für die Jets, ist es nicht fahrlässig sich ein Supertalent wie Trevor Lawrence durch die Lappen gehen zu lassen? Der auf Jahre dein Problem auf Quarterback löst? Und was sollten die Jets jetzt mit ihrem Nummer-2-Pick machen? Quarterback? Traden? Um Darnold aufbauen?

Viele Fragen über die letzten beiden Wochen bezüglich der Jets. Hier ist denke ich nochmals wichtig die gesamte Tanking-Thematik aufzugreifen, die ja insbesondere bei den betroffenen Fan-Bases gerne wie das sprichwörtliche rote Tuch wirkt.

Tanking im Sinne davon, dass eine Franchise versucht absichtlich zu verlieren, das gibt es in meinen Augen nicht. Gleichwohl kann eine Franchise sich sehr wohl bewusst auf die Zukunft ausrichten, und das auf eine derart extreme Art und Weise, dass kurzfristig schlechtere Ergebnisse bewusst in Kauf genommen werden. Wie die Browns vor einigen Jahren, wie die Dolphins zuletzt. Die Qualität des Kaders wird kurzfristig gezielt verschlechtert, um sich mit einer langfristigeren Perspektive aufzustellen. Dass es das in der NFL gibt, steht außer Frage.

Vermutlich ist "Tanking" als Begriff dafür zu negativ belastet, weil die Idee des absichtlichen Verlierens mitschwingt, und der Gedanke hört spätestens dann auf, wenn das Spiel losgeht. Die NFL ist viel zu schnelllebig, Coaches und Spieler sind häufig bereits weg, bevor ein Umbruch abgeschlossen ist. Die wollen gewinnen, und dass die Jets, komplett am Boden, das Gespött der Liga und gerade von den Seahawks zerstört worden, diese Reaktion gegen die Rams und die Browns zeigen, spricht für den Charakter des Teams. Und so schwer es auch greifbar ist: Ich denke, dass etwas an der Idee dran ist, dass Franchises das gewinnen lernen müssen. Zumindest als kleines Trostpflaster.

Natürlich wäre es im Vakuum betrachtet besser gewesen, aus 0-13 dann auch 0-16 zu machen und eine Saison, die sowieso von Spott und Frust geprägt ist, wenigstens mit dem Hauptpreis abzuschließen. Aber man kann diese Dinge nicht im Vakuum betrachten, nicht mit Blick auf das was auf dem Feld passiert. Auch wenn es die Jets fraglos auf Jahre hinweg verfolgen könnte, Trevor Lawrence "verloren" zu haben.

Was die Jets mit dem Pick machen sollten? Ich bleibe beim Quarterback. Darnold zeigt weiter nur vereinzelt sein Talent, und unter dem Strich hat er - auch wenn man die Umstände berücksichtigt - über drei Jahre nicht genug gezeigt, um zu rechtfertigen, dass man die Chance auf einen Quarterback mit dem Nummer-2-Pick liegen lässt. Ich denke auch, dass Joe Douglas die Chance auf "seinen" Quarterback haben will.

Die einzige halbwegs denkbare Alternative wäre, dass der neue Head Coach - dass Gase bleibt halte ich auch weiterhin für ausgeschlossen - von Darnold derart überzeugt ist und einen derart klaren Plan für ihn hat, dass er Douglas mit ins Boot holt und die Jets ihr enormes Draft-Kapital nutzen, um den Kader aufzurüsten. Für Darnold, oder dann einen neuen Quarterback 2022, falls Darnold den erhofften Sprung auch im vierten Jahr nicht macht.

Doch wer weiß, wann die Jets dann picken. Womöglich kommt die Chance auf den Wunsch-Quarterback erstmal nicht wieder.