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Third and Long: Patriots-Dynasty, Overtime, Super-Bowl-Ausblick

Die New England Patriots stehen wieder im Super Bowl - gegen die Chiefs gelang ein Vintage-Patriots-Erfolg
© getty

Der Super Bowl steht fest, und in seiner Kolumne fragt SPOX-Redakteur Adrian Franke: wie kam es eigentlich dazu? Die Patriots zeigen einmal mehr einen Vintage-Patriots-Auftritt, offensiv wie defensiv; was bedeutet das für den ersten Blick auf die Matchups und Schlüsselduelle im Super Bowl? Und sollten die Overtime-Regeln angepasst werden? Außerdem: wie lange geht die Dynasty in New England noch weiter?

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AFC Championship Game: Die Offense der Patriots

Die Patriots-Defense hatte gegen die Chiefs vor allem - wie schon im Regular-Season-Duell - in der ersten Hälfte einen glänzenden Plan. Die Pats konnten Kansas Citys Receiver in Man Coverage mit verschiedenen Matchups neutralisieren, spielten Press Coverage gegen Tyreek Hill und das öffnete Möglichkeiten für die Blitz-Pakete: New England blitzte Mahomes bei 16 seiner 36 Dropbacks und bestätigte damit einmal mehr die eigene, im Laufe der Saison und vor allem der zweiten Saisonhälfte angeeignete Identität.

Doch war es letztlich die Offense, die dieses Spiel prägte, nachdem die Chiefs in der zweiten Halbzeit furios zurückkamen und New England offensiv mithalten musste. New England wollte den Ball vor allem früh im Spiel laufen, Brady warf erneut für über 340 Yards und musste als einziger Quarterback am Championship Sunday nicht einen einzigen Sack einstecken, auch gegen die Chargers in der Woche davor war er sauber geblieben.

Die Interior Offensive Line hat daran einen riesigen Anteil, Center David Andrews, Left Guard Joe Thuney und Right Guard Shaq Mason ließen in Kansas City zusammengenommen einen Hit und drei Hurries zu. Dazu kommen die Pass-Konzepte, Brady wird den Ball signifikant schneller los, als jeder andere Quarterback: 2,13 Sekunden waren es im Schnitt in der Divisional-Runde, 2,23 Sekunden durchschnittlich im Championship Game.

Zum Vergleich: Goff war noch am nächsten dran (2,54 Sekunden), gefolgt von Brees (2,55) und schließlich Mahomes (3,13). 2,5 Sekunden gilt als die Faustregel, danach steigt statistisch in der Regel die Gefahr von Pressure, Sacks und dergleichen rapide. Auch in der Divisional-Runde kam kein Quarterback ansatzweise an Bradys absurde 2,13 Sekunden ran; Nick Foles (2,45) und Mahomes (2,54) folgten auf den Plätzen zwei und drei.

Der Overtime-Drive der Pats: The same Procedure as every Year

Brady war gewohnt dominant im Kurzpassspiel, abgesehen von seiner absurden Interception früh im Spiel. Den größten Schaden aber richtete er in der Intermediate-Distanz in der Mitte des Feldes an, im Bereich zwischen zehn und 20 Yards Downfield: 112 seiner 348 Passing-Yards kamen hier zustande, in diesen Bereich warf er auch die meisten Pässe (11) und hatte die meisten Completions (7). Und ganz besonders in der Overtime war das ausgesprochen notwendig.

Drei Mal kamen die Patriots hier in lange Third Downs (drei Mal 3rd&10), insgesamt warf Brady bei diesem Drive vier Pässe für First Downs: 10 Yards zu Hogan, 20 Yards zu Edelman, 15 Yards zu Edelman und 15 Yards zu Gronk. Das großartig getimte und umgesetzte Passing Game der Pats war der Schlüssel dafür, dass Mahomes den Ball in der Overtime nicht mehr erhielt.

Und besonders spannend? Man erkennt in puncto Formation und Routes ein gemeinsames Thema bei all diesen First-Down-Pässen.

Der erste der vier First-Down-Pässe war noch bei First Down und dementsprechend ohne Druck, weil er aber das Thema unterstreicht, habe ich ihn mit rein genommen. Die Patriots nutzten bei drei von vier First-Down-Conversions in der Overtime einen Stack-Release (zwei Receiver stehen eng voreinander, wobei einer leicht versetzt hinter dem anderen Receiver einen freien Release bekommt) und daraus dann Route-Kombinationen in verschiedene Richtungen.

Wo sie beim ersten First-Down-Pass noch aus ihrem so häufig genutzten 21-Personnel (zwei Running Backs, ein Tight End) raus kamen - Fullback James Develin spielte im AFC Championship Game mehr Snaps (41 in der Offense, 10 im Special Team) als die Fullbacks von elf verschiedenen Teams über die komplette Regular Season -, war es danach konstant 11-Personnel, also drei Wide Receiver.

So auch im ersten wirklich kritischen Moment der Overtime. 3rd&10 an der eigenen 35-Yard-Linie, und wieder ist es der Stack-Release mit zwei Receivern auf einer Seite der Formation.

Genauso sah es auch bei Third Down wenig später, dann schon in der Chiefs-Hälfte, aus:

Beim zweiten und dritten Third Down ist dann Edelman (rot umkreist) auch tatsächlich der Spieler, der den Pass bekommt - beim ersten First-Down-Pass von Brady in der Overtime war es Hogan, doch auch da war Edelman der Spieler, der "versteckt" wurde und den freien Release erhielt.

Aus der Reihe tanzt lediglich das letzte Third Down, dieses Mal zu Gronkowski. Es war das einzige Mal in diesen Situationen in der Overtime, dass New England zu einer Y-ISO-Formation überging, also mit dem Tight End Outside aufgestellt, isoliert auf einer Seite der Formation.

Das verschaffte Brady einen klaren Read: hätte sich der Safety (grün markiert) Richtung Gronk orientiert, wäre der Pass zum Slot Receiver, der die nach innen gerichtete Route läuft, gegangen. Da der Safety aber einen Schritt Richtung Mitte des Feldes macht, hat Gronkowski den Inside-Release gegen seinen Gegenspieler und es ist ein einfacher Pass für Brady.

Wer dabei genau aufgepasst hat, dem kam der kritische Third-Down-Pass zu Gronk übrigens bekannt vor, zumindest was die Formation angeht: als New England in der letzten Minute der regulären Spielzeit dringend den Touchdown brauchte, isolierte McDaniels Gronkowski bei Third Down ebenfalls auf Bradys linker Seite und gab ihm so eine simple vertikale Route mit einem Eins-gegen-Eins-Matchup.

Patriots: Brady, Edelman, Gronk - das alte Erfolgsrezept

Brady warf in den finalen 7:45 Minuten der regulären Spielzeit und dann in Overtime für 147 Yards, dirigierte drei Touchdown-Drives - und 106 seiner 147 Yards gingen zu Gronkowski und Edelman. Es war also ein altes Erfolgsrezept, das einmal mehr funktionierte.

Auffällig war aber auch, wie New England das Spiel in puncto Game Plan anging. Die Patriots machten in Kansas City aus 13 von 19 Third Downs ein neues First Down, eine herausragende Quote. Deshalb konnte New England die Uhr kontrollieren und hatte am Ende ein massives Plus was Ballbesitzzeit (43:59 vs. 20:53) anging. Ein Schlüssel zum Erfolg.

Die Auffälligkeit bezieht sich vor allem auf die Sturheit, mit der New England an seinen First-Down-Runs festhielt. 28 Mal liefen die Pats bei First Down, bei einem Schnitt von lediglich 3,8 Yards pro Run und zwölf Runs, die zwei oder weniger Yards einbrachten.

Das per se ist kein Erfolgsrezept, im Gegenteil. Doch ein sehr starkes Passing Game in der regulären Spielzeit bei Second Down sowie im gesamten Spiel und vor allem in Overtime bei Third Down hielt die Drives am Leben und erlaubte den Run-lastigen Ansatz bei First Down. Ein derart herausragendes Passing Game vor allem bei Third Down (10,8 Yards pro Pass, sechs von elf Pässen brachten Raumgewinne über mindestens elf Yards ein) ist unheimlich schwer zu konservieren; gegen die Chiefs aber klappte es.

New England hatte 94 Plays, davon brachte exakt eines einen Raumverlust ein - der Kneel-Down; das ist nichts anderes als spektakulär und unterstreicht die Qualitäten des Game Plans, des Play-Callings (für mich hatte Josh McDaniels von all den tollen Play-Callern am Championship Sunday das beste Spiel) und natürlich auch der Umsetzung dieses Game Plans. In der Red Zone waren die Pats 4/5. So konnte New England auch die beiden Turnover letztlich wegstecken.

Der Schlüssel aber für diese Offense bleibt, wie es in vergangenen Jahren schon so häufig der Fall war, wieder einmal das kurze und mittellange Passing Game, das hat dieses Spiel einmal mehr klar gemacht. Und wenn Brady, Edelman und Gronkowski an die Leistung aus dem Chiefs-Spiel anknüpfen können, dann können die Pats auch Los Angeles im Super Bowl genau da attackieren, wo es der Rams-Defense besonders wehtut.

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