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Third and Long: Darum sind die Saints und die Rams so stark

Todd Gurley ist der Mittelpunkt der runderneuerten Rams-Offense
© getty

Weihnachten und Week 16 verschwinden im Rückspiegel, das Regular-Season-Finale steht vor der Tür! Bevor aber Playoff-Szenarien gewälzt werden, blickt SPOX-Redakteur Adrian Franke in seiner wöchentlichen Kolumne nochmals zurück, und schaut vor allem auf zwei Teams, die ihr Postseason-Ticket bereits sicher haben: Die New Orleans Saints und die Los Angeles Rams sind geprägt durch ihre Running Backs. Aber wie funktionieren die? Außerdem: Ein vollgepackter Mailbag mit User-Fragen zu Derek Carr, dem Playoff-Rennen zwischen Falcons und Seahawks, Cleveland, Christian Hackenberg und vielem mehr.

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Wie McVay Todd Gurley zum Rams-Fokus macht

Es dauerte eine Weile, ehe der Fokus in der Betrachtung der Rams von Jared Goff auf Todd Gurley überging. Während Goff fraglos Fortschritte gemacht hat und die Offensive Line in ihrer Qualität mit der aus dem Vorjahr in keinster Weise vergleichbar ist, so ist doch Gurley der Mittelpunkt in der Offense von Sean McVay.

Das Titans-Spiel war wie ein Mini-Kosmos hierfür. Nicht nur, weil Gurley sein erstes 100-Yard-Receiving-Spiel in der NFL hatte oder weil er jetzt der erste Rams-Running-Back seit Marshall Faulk ist, der über 100 Receiving-Yards und zwei Receiving-Touchdowns in einem Spiel auflegen konnte. Auch nicht nur, weil er neben 158 Receiving-Yards die 100-Yard-Marke auch im Run Game (118 YDS) knackte. Und auch nicht nur, weil er die Liga in Scrimmage-Yards (2.093) und Touchdowns (19 - 13 Rushing, 6 Receiving) anführt.

Das Tape vielmehr verrät, wie all diese Zahlen schematisch zustande kommen.

Als allererstes fällt etwas auf, das auch die Offense von Kyle Shanahan prägt - hierbei gilt es nicht zu vergessen, dass McVays Offensive Coordinator Matt LaFleur 2015 und 2016 als Quarterbacks-Coach unter Shanahan in Atlanta gearbeitet hat. Run-, Play-Action- und Screen-Spielzüge nämlich sind äußerst gut miteinander verknüpft, sowohl situativ als auch schematisch und personell.

Einfacher gesagt: Die Rams sind sehr gut darin, in verschiedensten Situationen mit ihrem Play-Call zu überraschen, während gleichzeitig Play-Action-, Run- und Screen-Spielzüge für die Defense auf den ersten Blick sehr ähnlich aussehen. Weiter noch, McVay verbindet immer wieder Play Action ganz direkt mit einem Screen, indem er erst den Run zu Gurley antäuscht und in dem Moment, in dem die Defense das gelesen hat und sich anderweitig orientiert, doch den Pass zu ihm wirft.

Die Route-Kombinationen der Screen-Pässe sind dann äußerst effizient gewählt, am deutlichsten wurde das bei Gurleys langem Touchdown-Catch. Alle anderen Routes räumen den Weg frei, wieder gelingt es McVay, Gurley nicht nur Raum, sondern auch nicht mehr als ein Eins-gegen-Eins-Duell zu geben.

Das fällt nicht nur in den Screen-Designs auf. Auch bei regulären Plays gibt es immer wieder Eins-gegen-Eins-Situationen für Gurley, der bei fast jedem Pass-Spielzug zumindest eine kurze Swing- oder Flat-Route zur Seite oder aber eine Angle-Route über die Mitte erhält. Das gibt Goff Sicherheit.

Gurley ist so auch ohne Screens teilweise der Mittelpunkt von Pass-Spielzügen, etwa zu sehen beim ersten Touchdown gegen Tennessee: Hier räumen zwei Receiver via Rub-Route gezielt für den Running Back den Weg frei, so dass der einen kurzen Pass völlig freistehend in der Endzone fängt.

Die prominente Rolle Gurleys im Passspiel sowie die guten Screen- und Play-Action-Designs erleichtern das Run Game enorm - Defenses wissen einfach seltener, was sie erwartet. Wenn die Rams dann aber den Ball einfach laufen wollen, klappt das einerseits mit sehr gutem Run-Blocking, andererseits aber auch durch Gurleys positive Entwicklung.

Wo er in der vergangenen Saison noch zu häufig aus der Struktur des Plays ausbrach oder dem Blocking nicht vertraute, sieht man jetzt andere Züge: Er hat Geduld, er sucht die richtigen Lücken - und er findet sie. Das Run-Blocking ist dabei um Welten besser, die Rams setzen auf Eins-gegen-Eins-Blocking auf der Backside sowie auf Double-Teams auf der Playside, um dann einen O-Liner schnell aufs zweite Level gegen einen Linebacker zu bringen.

Wie stark McVay seine Offense um Gurley herum aufgebaut hat, ist bemerkenswert. Seine Präsenz erleichtert viele der Downfield-Konzepte und ist für Goffs weitere Entwicklung von unschätzbarem Wert. Wer auch immer in der Wildcard-Runde nach L.A. reist: Gurley auszuschalten muss Priorität Nummer eins sein.

Die New Orleans Saints und die Rolle des Fullbacks

Schon vor einigen Wochen hatte ich einen kurzen Blick auf die Screen-Designs der Saints geworfen, und wer sich erinnert, der wird konzeptuell eine gewisse Ähnlichkeit zu den Rams feststellen. Denn auch die Saints sind sehr gut darin, Run-, Screen- und Play-Action-Spielzüge miteinander zu verbinden und gleichzeitig den Running Backs auch bei anderen Routes einen freien Release zu geben.

Im Gegensatz zu den Rams aber spielt bei den Saints ein Fullback noch eine größere Rolle, so dass Screen-Pässe aus der I-Formation häufiger zu sehen sind. Auch New England nutzt das dieses Jahr häufiger oder geht beispielsweise aus I-Formation vor dem Snap in eine 5-Receiver-Spread-Formation über.

Die Saints nutzen dieses Mittel ebenfalls, der Trend, den Fullback als eine Art Matchup-Spieler einzusetzen, ist in Kyle Shanahans Offense ganz besonders zu beobachten. New Orleans hat statistisch das beste Screen Game dieser Saison, kein Team produziert mehr Yards aus Pässen innerhalb von fünf Yards der Line of Scrimmage und der Fullback hat daran einen nicht unerheblichen Anteil.

Der Clou hierbei ist: Kommt eine Offense mit einem Running Back und einem Fullback raus, ist es für die allermeisten Defenses sehr schwierig, irgendwelche (mal mehr, mal weniger) exotischen Sub-Packages aufzubieten. Defenses sind gezwungen, simpler zu agieren, weil sie den Run sowie den Fullback als zusätzlichen Blocker respektieren müssen. So werden nicht nur die Reads im Passspiel klarer definiert, die Offense kann auch Matchups deutlich besser diktieren.

Gleichzeitig hat der Fullback in der Offense der Saints auch eine wichtige Rolle als tatsächlicher Blocker. New Orleans nutzt ihn, um etwa bei Screens die Backside zu sichern sowie auch schlicht als Lead-Blocker aus dem Backfield heraus.

Es ist in dieser Hinsicht schematisch ein ganz anderes Run Game als das der Rams. Während L.A. vor allem im Play viel mit Gurley macht, ist New Orleans Pre-Snap und im Backfield generell viel aktiver: Motion und mögliche Misdirection-Fakes, Formationen mit Ingram und Kamara, wobei sich beide Pre-Snap als Receiver aufstellen, die analysierte Rolle des Fullbacks, und so weiter.

Die Saints nutzen ihre Backs viel eher noch als Matchup-Waffen, um Coverages vor dem Snap zu entlarven sowie um personell eine Defense simpel zu halten. Die Rams machen das eher mit den Play-Designs und Formationen und schlagen dann die Schwachstellen, die eine Defense ihnen präsentiert. Beides ist auf seine Art sehr effektiv - und auch New Orleans' Playoff-Gegner wird die Running Backs ausschalten müssen, um Erfolg zu haben.

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