NFL

Ein Déjà-vu der schlimmen Art

Deshaun Watson darf Week 2 wohl starten
© getty

Es ist erst ein Spiel gespielt, und trotzdem herrscht bei den Cincinnati Bengals und den Houston Texans bereits Katerstimmung. Im Fokus dabei: Desolate Offensive Lines sowie die anhaltende Quarterback-Problematik bei den Texans. Beide Teams brauchen schnell ein Erfolgserlebnis - wer setzt sich im direkten Duell zum Auftakt in Week 2 (Fr., 2.25 Uhr live auf DAZN) durch?

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Fans der Houston Texans müssen sich am Sonntag wie in einem schlechten Film vorgekommen sein, als Head Coach Bill O'Brien - zum zweiten Mal nach 2015 - bereits im ersten Saisonspiel seinen absurd kurzen Geduldsfaden mit den eigenen Quarterbacks zeigte: Nachdem im Opener vor zwei Jahren Ryan Mallett Brian Hoyer ersetzte, war dieses Mal Tom Savage das Opfer.

Eine schlimme erste Halbzeit der eigenen Offense reichte, und O'Brien zog die Reißleine, die Reißleine namens Deshaun Watson. Der Rookie hatte zwar in der Preseason deutlich offenbart, dass er noch Zeit braucht, O'Brien entschied sich dennoch für den Tausch. Mit dem Ergebnis, das man erwarten konnte.

Watson konnte zwar einen Touchdown-Drive dirigieren und mit seinen Rushing-Fähigkeiten einige Yards rausholen. Allerdings stand er auch bei zehn seiner 29 Dropbacks unter Pressure. Gegen Pressure brachte er einen von vier Pässen für zwölf Yards an den Mitspieler, warf eine Interception und kassierte vier Sacks, wobei ihm ein Fumble unterlief. 4,43 Yards pro Passversuch verzeichnete Watson und seine Abstimmung mit den Receivern offenbarte - wie bereits in der Preseason - noch viel Luft nach oben.

O'Brien sind die Hände gebunden

Es war ein Spiel, in das O'Brien den Rookie nie zur Halbzeit hätte rein werfen dürfen. Die Texans-Line ließ gegen Jacksonville insgesamt zehn Sacks sowie 23 Total Pressures zu, dazu kamen zwei weitere Pressures, die auf das Konto der Running Backs gingen. Houstons O-Line ist durch die Bank weg unterdurchschnittlich besetzt, umso mehr, da Left Tackle Duane Brown nach wie vor im Streik ist.

Und doch lässt O'Briens Entscheidung, einmal mehr nach monatelanger Saisonvorbereitung doch im ersten Spiel den Quarterback zu tauschen, eigentlich nur einen Schluss zu: Watson wird wohl auch gegen die Bengals spielen. Nicht zwangsläufig weil Watsons Leistung signifikant besser war als Savages (war sie nicht) oder weil er jetzt wichtige Dinge lernt und sich verbessert, wenn er direkt ins Feuer geworfen wird.

Nein, einfach der Wechsel selbst bindet O'Brien die Hände. Jetzt den Tausch zurück zu machen, würde nicht nur einen komplett verunsicherten Tom Savage wieder auf den Platz bringen und so die eigene Offense zusätzlich ins Ungewisse lenken, auch für Watson selbst wäre es nicht gerade ein ermutigendes Signal.

In jedem Fall ist es das nächste unglückliche Kapitel für O'Brien, der mit dem Ruf eines Quarterback-Experten nach Houston gekommen war. Startet Watson gegen die Bengals, wäre er der neunte Texans-Starting-Quarterback seit O'Briens Amtsantritt 2014 - nach Brock Osweiler (14 Starts), Ryan Fitzpatrick (12), Brian Hoyer (9), Ryan Mallett (6), Savage (3), T.J. Yates und Case Keenum (je 2) sowie Brandon Weeden (1).

Bengals: Andy Dalton unter Dauerbeschuss

Trotz alledem ist das Spiel am Donnerstag relativ offen, denn die Bengals hatten gegen Baltimore gar nicht unähnliche Probleme. Bei der 0:20-Pleite erlaubte Cincinnati fünf Sacks und genau die Probleme, die man vor der Saison befürchten musste, bewahrheiteten sich: Die Bengals hatten schon im vergangenen Jahr große Probleme in der Line, mit Andrew Whitworth und Kevin Zeitler verließen die beiden besten Linemen Cincinnati in der Offseason.

Allein Ogbuehi erlaubte zwei Sacks und zwei Hurries gegen die Ravens, die Interior-Line war fast noch schlechter als die Tackles. Und Andy Dalton ist ein Quarterback, der eine saubere Pocket mehr braucht, als viele seiner Kollegen - bei Würfen gegen Pressure lautete seine Stat-Line am Sonntag: 2/6, 13 YDS, 5 Sacks.

"Wir haben noch 15 Spiele vor uns. Dieses eine Spiel wird unsere Saison nicht bestimmen. Das dürfen wir nicht zulassen", forderte Dalton, während Head Coach Marvin Lewis zugab: "Ich weiß nicht, ob ich schon einmal ein derart enttäuschendes Spiel erlebt habe. Wir haben uns mit Strafen selbst geschadet, von Anfang an. Diese Dinge dürfen wir uns nicht erlauben."

Texans vs. Bengals - Preview im Kurzformat:

Cincinnati Bengals (0-1) - Houston Texans (0-1) (Fr., 2.25 Uhr live auf DAZN)

  • Überraschenderweise litt Houstons Run Game statistisch nicht unter der desolaten Line-Vorstellung gegen Jacksonville: vier Yards pro Run bei 23 Versuchen sind in Anbetracht der Umstände vertretbar, umso mehr, da es keine Big Plays gab. Houstons längster Run ging über neun Yards, lediglich die Eagles (7 Yards) hatten im ersten Spiel der neuen Saison keinen längeren Einzel-Run.
  • Darauf aufbauend sollten die Texans auch weiter stark auf Play Action setzen: Watson brachte vier von fünf Play-Action-Pässen an den Mitspieler, inklusive des Touchdowns auf Hopkins - der wohl auch als Run-Pass-Option hätte durchgehen können.
  • Die mit Abstand aber größte Überraschung waren die Schwierigkeiten in der eigenen Front. Houston ließ umgekehrt auch vier Yards pro Run zu, der achthöchste Wert in Week 1. Vor allem aber gelang gegen eine eigentlich anfällige Jaguars-Line nicht ein Sack, damit waren die Texans neben San Francisco das einzige Team ohne eigenen Sack. J.J. Watt etwa hatte im ganzen Spiel nur einen QB-Hit. Von seiner am Sonntag erlittenen Verletzung am Finger will sich Houstons Star-Verteidiger nicht stoppen lassen: "Der Finger ist immer noch dran."
  • Schwer wiegt der Ausfall von C.J. Fiedorowicz: Der Tight End fing gegen Jacksonville alle vier fangbaren Pässe und verzeichnete 4,6 Yards pro gelaufener Route. Hier erwartet Watson ein großes Vakuum: Neben Fiedorowicz (mit Gehirnerschütterung auf der IR-Liste) werden auch die Tight-End-Kollegen Stephen Anderson und Ryan Griffin fehlen.
  • Cincinnati bangt ebenfalls noch um mehrere Stammkräfte: Michael Johnson (Gehirnerschütterung) und Trey Hopkins (Knie) fallen mutmaßlich aus. Dagegen sollte Rookie-Receiver John Ross sein NFL-Debüt geben.
  • Cincinnatis Run Game hatte, im Gegensatz zu dem der Texans, analog zum eigenen Passing Game gegen die Ravens-Front wenig zu melden. Ein 23-Yard-Run von Gio Bernard - der generell einer der wenigen Lichtblicke war - hübschte die Bilanz (22 ATT, 77 YDS) auf. Für Rookie Joe Mixon (8 ATT, 9 YDS) war hier nichts zu holen, immerhin verzeichnete Mixon aber drei Catches.
  • Dalton hatte gegen die Ravens kein leichtes Spiel hinter der Line - doch die Turnover waren zumindest nicht das direkte Produkt davon. Alle vier Interceptions kamen ohne Pressure.

Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 2:

Florian RegelmannAdrian FrankeMarcus Blumberg

Pascal

De Marco

Texans @BengalsBengalsBengalsTexansTexans
Browns @RavensRavensRavensRavensRavens
Bears @BuccaneersBuccaneersBuccaneersBuccaneersBuccaneers
Vikings @SteelersSteelersSteelersSteelersVikings
Patriots @SaintsPatriotsPatriotsPatriotsPatriots
Eagles @ChiefsChiefsChiefsChiefsChiefs
Titans @JaguarsTitansTitansJaguarsJaguars
Cardinals @ColtsCardinalsCardinalsColtsCardinals
Bills @PanthersPanthersPanthersPanthersPanthers
Jets @RaidersRaidersRaidersRaidersRaiders
Dolphins @ChargersChargersChargersChargersChargers
49ers @SeahawksSeahawksSeahawksSeahawksSeahawks
Redskins @RamsRamsRamsRamsRams
Cowboys @BroncosBroncosBroncosCowboysCowboys
Packers @FalconsFalconsPackersFalconsFalcons
Lions @GiantsGiantsGiantsLionsGiants
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