NFL

Ausverkauf, Verzweiflung, Hoffnung

Osweiler und Miller (l.) sowie Vernon und Jenkins gehören zu den FA-Schwergewichten
© getty

Die erste große Welle der Free Agency ist vorbei, Zeit für ein Fazit: Während die New York Giants per Verzweiflungstat versuchen, die Problemzone des vergangenen Jahres zu reparieren, gehen die Houston Texans in Person von Brock Osweiler das große Risiko ein. Die Running Backs feiern ein Comeback, die Panthers landen die Top-Deals und Cleveland taumelt dem Abgrund entgegen. Der Hangover bewahrt trotz wilder Transferoffensiven und Winter-Schlussverkäufe den Überblick.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Verzweiflungstat: Die New York Giants. Olivier Vernon ist ein guter NFL-Pass-Rusher. Mehr sogar, er ist ein sehr guter NFL-Pass-Rusher. Tatsache ist: Über die letzten zehn Regular-Season-Spieltage hatte niemand mehr Pressures als der Ex-Dolphin (64), der trotz allem während der Saison noch ein wenig unter dem Radar flog. Das war schnell vorbei, als klar wurde, dass ihm Miami nicht den Franchise Tag geben würde - schnell war Vernon einer der Top-Free-Agents.

Das belegten dann auch die Zahlen: Fünf Jahre, 85 Millionen Dollar und 52,5 Millionen garantiert gaben die Giants Vernon, damit er einen im Vorjahr non-existenten Pass-Rush wieder belebt. New York stach dabei die Jaguars aus - die JAGUARS! Niemand überbietet die Jaguars in der Free Agency.

Alle Deals vom zweiten Tag der Free Agency gibt's hier zum Nachlesen!

Doch damit nicht genug, denn wesentlich fragwürdiger ist die Verpflichtung von Janoris Jenkins. Der Ex-Rams-Cornerback erhält über die kommenden fünf Jahre stolze 62,5 Millionen Dollar (40 Millionen garantiert), und Jenkins ist ein absoluter Boom-or-Bust-Spieler. Auf jede spektakuläre Interception kommt mindestens ein kostspieliger Mega-Fehler, weil Jenkins auf den Pick spekuliert. 16,8 Targets pro Touchdown sowie 22 zugelassene TD-Pässe über die letzten vier Jahre stehen auf Jenkins Resüme. Top-Cornerback-Zahlen - Jenkins kassiert mit seinem Deal mehr als Patrick Peterson und Richard Sherman - sehen anders aus.

Der dritte im Bunde ist Damon Harrison - und hier muss man die Giants auch mal loben. 46 Millionen Dollar über fünf Jahre für den vielleicht besten individuellen Run-Stopper der Liga sind ein guter Deal. Über 200 Millionen Dollar ließen sich die Giants die Verpflichtungen von Vernon, Jenkins und Harrison kosten, dazu kommt der neue Einjahresvertrag für Jason Pierre-Paul, der nach seinem Feuerwerks-Unfall erst einmal wieder richtig tackeln muss. Die Giants haben den Mega-Splash hingelegt und nur allzu häufig rächt es sich, die eigene Problemzone - und sei sie auch so groß und präsent wie in New York - derart aggressiv in der Free Agency anzugehen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Verzweiflungs-Transferoffensive rächt - oder ob sie als Wiedergeburt der Good Old Giants im Gedächtnis bleibt.

Das Risiko: Brock Osweiler. Die ausführliche SPOX-Analyse zum Osweiler-Trade könnt ihr bereits hier nachlesen, unerwähnt darf der ehemalige Vertreter von Peyton Manning aber natürlich nicht bleiben. Immerhin geht Houston ein großes Risiko ein, die ganze Team-Führung legt im Prinzip ihre Zukunft in die Hände des siebenfachen NFL-Starters. Denn eines ist klar: Wird das Osweiler-Experiment nicht relativ schnell ein Erfolg, werden Köpfe rollen.

Dementsprechend spielt Houston mit dem Feuer, Osweilers Game Tape aus dem Vorjahr zeigt immerhin, auch wenn er fünf seiner sieben Spiele gewann, zumindest noch keinen Franchise-Quarterback. Man sieht viele Fehler in der Pocket, schlechte Entscheidungen und überhastete Würfe. Helfen soll Lamar Miller, der Top-Running-Back der diesjährigen FA-Klasse, und all das hinter einer neuen O-Line: Mit Brandon Brooks und Ben Jones verlor Houston hier im Gegenzug zwei Starter.

An keinen Spieler bindet man sich so sehr wie an seinen Franchise-Quarterback. Die Texans-Verantwortlichen wissen, was die Stunde geschlagen hat.

Das Comeback: Die Running Backs. Wer hätte es gedacht - die Running Backs sind wieder da! Eine Position, die über die vergangenen Jahre eine beispiellose finanzielle Entwertung erfahren hat, spielte in dieser Free Agency plötzlich wieder eine Rolle: Doug Martin erhielt von den Bucs 15 Millionen garantiert, wenige Stunden bevor er auf den Markt gekommen wäre.

Denver holt Sanchez - Johnny Manziel entlassen

Lamar Miller bekommt in Houston 14 Millionen garantiert, während die Jaguars Chris Ivory über die ersten beiden Jahre zehn Millionen geben. Ivorys Nachfolger bei den Jets, Matt Forte, unterschrieb für drei Jahre, zwölf Millionen Dollar und neun Millionen garantiert. Als fast 31-jähriger Running Back. C.J. Anderson bekommt von Miami 18 Millionen über vier Jahre - oder mehr von Denver, sollten die Broncos auf die Offerte reagieren. Fazit: Wenn der Wert da ist, sind Teams noch immer dazu bereit, für Running Backs Geld in die Hand zu nehmen.

Der Top-Deal: Charles Johnson und Mike Tolbert. Große Mega-Deals haben die Panthers in der Free Agency nicht raus gegeben, der NFC-Champion hat angesichts seines stark besetzten Kaders dafür auch keinerlei Veranlassung. Stattdessen holten die Panthers zwei ihrer eigenen Spieler zum Schnäppchen-Preis zurück.

Fullback Mike Tolbert, insbesondere als Blocker ein wichtiger Bestandteil im Running Game, unterschrieb für zwei Jahre und 3,3 Millionen Dollar. Vor allem aber schaffte es Carolina, mit Charles Johnson eine Einigung zu erzielen: Die Panthers entließen den Defensive End, der den Cap eigentlich mit 15 Millionen Dollar belastet hätte, zunächst - und holten ihn dann mit einem Einjahresvertrag über drei Millionen Dollar zurück. Ein absolutes Schnäppchen für einen Spieler, der in den vergangenen Playoffs alleine drei Sacks verzeichnete.

Die Entlassung: Johnny Manziel. Keine zwei Jahre ist es her, da explodierte Cleveland in einem einzigen Freudentaumel. Die Browns hatten mit dem zweiten ihrer beiden Erstrunden-Draft-Picks gerade Johnny Manziel geholt und die leidgeprüften Browns-Fans sahen die Chance auf den großen Heilsbringer.

Knapp zwei Jahre später fragten sich alle nur: Wann wird Manziel entlassen? Am Freitag war es schließlich so weit, die Manziel-Ära endete mit einem schmucklosen Statement. Kein Zitat eines Verantwortlichen, eine kurze Auflistung der Statistiken von Manziel im Browns-Trikot. Das war's. Cleveland begibt sich damit wieder einmal auf die Suche nach einem Quarterback. Stichwort Statistiken: Die Browns haben in den letzten neun Jahren drei QBs in der ersten Runde gedraftet. Keiner davon blieb länger als drei Jahre im Team.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema