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Minnesotas Suche nach Balance

Teddy Bridgewater und die Vikings-Offense werden in Arizona glänzen müssen
© getty

Wenn die Minnesota Vikings zum Week-14-Auftakt zu den Arizona Cardinals reisen, geht es um ein Statement. Nach der Klatsche gegen die Seahawks wollen die Vikes ihre Playoff-Hoffnungen untermauern, während Arizona den nächsten Schritt in Richtung Division-Sieg machen kann. Doch die Frage muss gestellt werden: Was kann Minnesota im Passing Game erreichen - und wird die angeschlagene Defense zum Problem?

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Adrian Peterson war merklich geladen. "Sie waren einfach das bessere Team. Sie waren aggressiver, haben physischer gespielt", konstatierte der Running Back der Vikings nach der deutlichen 7:38-Pleite gegen die Seahawks am vergangenen Sonntag, und fügte hinzu: "Sie haben uns auch ausgecoacht."

Es waren klare Worte des 30-Jährigen, später sollte er noch hinzufügen: "Wir sind ein Team. Wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen und heute haben wir zusammen verloren. Wir Spieler haben nicht gut gespielt und die Coaches haben nicht gut gecoacht."

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Auch wenn die Aussagen ungewohnt deutlich waren - Peterson traf den im Team herrschenden Tenor. Cornerback Captain Munnerlyn gab im Minnesota Star Tribune zu: "Manche der Jungs denken, dass wir schon am Ziel sind. Aber das sind wir nicht. Die Seahawks haben mit uns gemacht, was sie wollten. Wir haben heute eine Abreibung bekommen und haben nicht gekämpft."

Neben den (personellen) Problemen in der Defense hatte es Seattle vor allem geschafft, Minnesotas Game Plan empfindlich zu stören: Peterson hatte, auch bedingt durch den schnellen 0:21-Rückstand, lediglich acht Runs für 18 Yards. Selbst Coach Mike Zimmer musste so eingestehen, dass sein Running Back den Ball "wahrscheinlich schon" häufiger hätte erhalten sollen.

Kein Peterson - keine Chance?

Dieses "wahrscheinlich schon" lässt sich auch statistisch belegen: Bei Minnesotas acht Saisonsiegen hatte Peterson im Schnitt 24,75 Rushing-Versuche. Bei den vier Pleiten waren es durchschnittlich derer 11,75. "Es scheint, als wäre es bei allen Niederlagen das gleiche Thema: Am Ende werden wir offensiv immer zu eindimensional, und das macht das Play-Calling extrem schwer", fasste Guard Brandon Fusco die Problematik zusammen.

Die Vikings haben nach wie vor alle Chancen auf die Playoffs, stehen nach deutlichen Pleiten gegen Green Bay und Seattle über die vergangenen drei Wochen aber auch am Scheideweg. Gegen die drei bislang stärksten Gegner (Denver, Green Bay, Seattle) setzte es Niederlagen und Minnesota muss dringend Wege finden, Gegner auch im Passing Game bezwingen oder zumindest gefährden zu können. Andernfalls droht, selbst wenn der Sprung in die Postseason gelingt, ein jähes Saisonende.

Doch das ist leichter gesagt als getan, denn seit dem ersten Spieltag ziehen sich die Probleme in der Offensive Line durch diese Vikings-Season. Minnesotas O-Line ist, was Pass Protection angeht, konstant im unteren Drittel der Liga zu finden - trotzdem hielt Offensive Coordinator Norv Turner lange an Pässen mit tiefen Dropbacks, also Passspielzüge, bei denen Quarterback Teddy Bridgewater bis zu sieben Schritte zurück machen muss, fest. Es ist einer der Gründe dafür, dass die Vikes bereits 35 Sacks zugelassen haben.

Viel Sand im Passing-Getriebe

Inzwischen streut Turner auch mehr kurze Pässe ein, doch Bridgewater hat nach wie vor große Probleme damit, schnell genug den freien Mann zu finden - in sieben seiner zwölf Saisonspiele (und fünf der letzten sechs Partien) konnte er die 200-Passing-Yard-Marke nicht knacken. Insgesamt steht der 23-Jährige bei nur 6,9 Yards pro Passversuch.

Dabei hilft es wenig, dass aus dem WR-Corps viel zu wenig Unterstützung kommt: Charles Johnson und Stefon Diggs tauchen zunehmend komplett unter, der im Sommer aus Miami neu verpflichtete Mike Wallace ist bislang ein Flop. Bei Tight End Kyle Rudolph, an sich eine gute Red-Zone-Waffe, fehlt die Konstanz - auch wenn die Hälfte von Bridgewaters acht TD-Pässen auf sein Konto geht.

Die Folge liegt auf der Hand: Die Gegner investieren viel, um Peterson zu stoppen. Gegen Seattle waren bei sechs seiner acht Runs mindestens acht Verteidiger in der "Box", also in unmittelbarer Nähe zur Line of Scrimmage. Trotzdem kann Minnesota daraus bislang kein Kapital schlagen, die offensive Balance fehlt schlicht und ergreifend.

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Dazu war, wie aus Vikings-Kreisen zu hören ist, vor dem Spiel gegen die Seahawks im Training bei manchen Spielern ein gewisser Übermut festzustellen. Es würde Munnerlyns eingangs erwähnte Mahnung erklären und auch Zimmers Ansage nach der Partie in einen Kontext setzen: "Wir sind noch nicht ganz so gut, wie wir denken."

Verletzungssorgen zur Unzeit

Und trotz alledem gilt: Wer diese Vikings abschreibt, macht das auf eigene Gefahr. Denn es war, neben Peterson, vor allem die Defense, die dieses Team trug. Schaut man sich das Seahawks-Spiel nochmals an, wirkt das zwar weit hergeholt. Doch auch hier gilt es, auf den Kontext zu achten.

Minnesota musste am Sonntag ohne seinen herausragenden Nose Tackle Linval Joseph sowie weitestgehend ohne seinen besten Linebacker Anthony Barr und ohne seinen wichtigsten Safety Harrison Smith auskommen. Die Konsequenz war der Team-interne Höchstwert von 433 zugelassenen Total Yards. Das Problem hierbei allerdings: Alle drei fallen, genau wie Ersatz-Safety Antone Exum, wohl gegen die Cardinals am Donnerstagabend erneut aus. Dann wartet eine der explosivsten Offenses der Liga.

Ein Problem, das Zimmer mehr als nur bewusst ist. Er kennt Cards-Quarterback Carson Palmer noch selbst aus Cincinnati und lobte unter der Woche: "Er spielt unglaublich selbstbewusst und ich kann mich nicht erinnern, dass seine Würfe schon einmal besser ausgesehen haben. Die Fußarbeit ist herausragend und er vertraut seinen Receivern. Carson ist ein legitimer MVP-Kandidat."

Defensive End Brian Robison fügte hinzu: "Carson ist einer dieser Top-Quarterbacks, über die kaum einer spricht. Aber er trifft auf dem Platz gute Entscheidungen und kann problemlos diese weiten Pässe zu seinen Big-Play-Receivern werfen."

Arians will mehr

Arizona auf der anderen Seite bleibt trotz nunmehr sechs Siegen in Folge auf dem Boden. "Wir wollen uns immer weiter verbessern. Ich muss Gründe finden, um die Jungs ein bisschen anzuschreien", erklärte Arizonas Coach Bruce Arians, dessen Team defensiv einen ähnlichen Ansatz verfolgen dürfte, wie beim Sieg über die Rams am Sonntag: St. Louis' Rookie-RB Todd Gurley kam auf lediglich 41 Rushing-Yards und die Secondary sollte Minnesotas Receivern gehörig Probleme bereiten können.

Für die Cardinals geht es immerhin darum, die Pole Position in der eigenen Division sowie den Nummer-2-Seed in der NFC zu verteidigen. Dementsprechend lässt Arians auch die kurze Vorbereitungszeit nicht als Ausrede gelten: "Ich habe keine Lust mehr, wegen der Donnerstagsspiele zu meckern. Abgeschafft werden sie sowieso nicht."

Auch was die Running-Back-Situation angeht gilt: Meckern verboten. Chris Johnson fällt ohnehin länger aus, Andre Ellington muss gegen die Vikings wohl ebenfalls nochmals passen. Doch schon gegen die Rams war Rookie David Johnson mehr als nur ein fähiger Vertreter, lediglich seine Fumble-Probleme muss der Youngster schleunigst abstellen.

Chance zur Wiedergutmachung

Arizona könnte das Glück haben, auf ein offensiv verunsichertes sowie defensiv dezimiertes Vikings-Team zu treffen. Doch zu unterschätzen sind Peterson und Co. zweifellos mitnichten. "Wenn man sieht, wie das Running Game die ganze Saison über funktioniert hat, will man daran natürlich ansetzen und das schnellstmöglich wieder aufs Feld bringen", fügte der Running Back dann am Sonntag noch hinzu: "Acht Carries, das ist hart. Ich glaube aber, dass wir einige Dinge evaluieren und zu unserem Spiel zurückkehren können."

Es wäre dringend notwendig, denn angesichts der potentiellen Ausfälle steht zu erwarten, dass die Vikings gegen Arizona einige Punkte auf die Anzeigetafel bekommen müssen. Dafür wird mehr Balance in der Offense unabdingbar sein.

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Für Minnesota, das auch noch auf die Packers an der Spitze der NFC North schielen darf, ist es gleichzeitig die Chance zur Wiedergutmachung. Gegen Green Bay und gegen Seattle haben es die Vikes verpasst, ein Statement innerhalb der eigenen Conference abzugeben. In der Wüste winkt dafür jetzt zur Primetime die nächste Gelegenheit.

Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 14:

Florian RegelmannStefan PetriAdrian FrankeMarcus BlumbergBastian
Strobl
Vikings @CardinalsCardinalsCardinalsCardinalsCardinalsCardinals
Bills @EaglesEaglesBillsBillsEaglesEagles
Seahawks @RavensSeahawksSeahawksSeahawksSeahawksSeahawks
49ers @Browns49ers49ers49ers49ersBrowns
Lions @RamsLionsLionsLionsLionsLions
Titans @JetsJetsJetsJetsJetsJets
Steelers @BengalsSteelersSteelersSteelersBengalsSteelers
Colts @JaguarsColtsJaguarsJaguarsColtsColts
Chargers @ChiefsChiefsChiefsChiefsChiefsChiefs
Redskins @BearsBearsRedskinsBearsBearsBears
Falcons @PanthersPanthersPanthersPanthersPanthersPanthers
Saints @BuccaneersBuccaneersBuccaneersBuccaneersBuccaneersBuccaneers

Raiders @Broncos

BroncosBroncosBroncosBroncosBroncos
Cowboys @PackersPackersPackersPackersPackersPackers
Patriots @TexansPatriotsPatriotsPatriotsTexansPatriots
Giants @DolphinsGiantsGiantsGiantsGiantsGiants
Letzte Woche:12-410-610-6

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Der Schedule: Week 14 im Überblick

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