NFL

"Johnny Fehlstart"

Johnny Manziel am Boden: Hier wird der Rookie von Bengals-Verteidiger Chris Carter gelegt
© getty

Die Cleveland Browns haben beim ersten Start von Rookie-Quarterback Johnny Manziel eine deutliche 0:30-Schlappe (BOXSCORE) gegen die Cincinnati Bengals kassiert. Dabei reihte sich "Johnny Football" nahtlos in eine insgesamt desaströse Mannschaftsleistung ein. Während die Playoff-Hoffnungen der Browns damit praktisch ausgeträumt sind, bleibt Cincy dank starker Defense und einem gut aufgelegten Rookie-Running Back in der AFC North weiter an der Spitze.

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Die Bengals starteten das Spiel mit einem langen Touchdown-Drive und setzten Manziel so von Beginn an unter Druck. Während die Gäste vor allem auf ihr bärenstarkes Running Game bauen konnten - Rookie Jeremy Hill kam auf 148 Yards und zwei Touchdowns, insgesamt standen unglaubliche 244 Rushing Yards zu Buche - ging bei den Browns am Boden überhaupt nichts.

So verlebte Andy Dalton einen weitgehend ereignislosen Arbeitstag und konnte sich einen mäßigen Auftritt (14/24, 117 YDs, INT) leisten, während Manziel immer wieder bei third-and-long-Situationen gefordert war. Der Rookie zeigte, dass er noch eine Menge zu lernen hat, leistete sich drei Sacks und viele Plays mit Raumverlust und warf darüber hinaus noch zwei Interceptions.

Dabei erhielt der frühere College-Superstar auch keine Unterstützung anderer Mannschaftsteile, gerade den Kampf an der Line of Scrimmage verloren die Browns regelmäßig. Insgesamt haben die Hausherren nun zehn Spiele im Dezember oder Januar in Folge verloren, am kommenden Sonntag reist man zu den Carolina Panthers. Die Bengals müssen ihre Leistung am kommenden Sonntag in Prime Time gegen die Denver Broncos bestätigen.

Die Reaktionen:

Johnny Manziel (Cleveland Browns) über seine zweite Interception: "Die darf ich nicht in der Jugendliga werfen, nicht einmal als Sechsjähriger in der Einfahrt."

Mike Pettine (Coach Cleveland Browns): "Manziel sah aus wie ein Rookie und hat gespielt wie ein Rookie. Er hat ein paar offensichtliche Fehler gemacht, die ein alter Hase nicht macht. Wir haben um ihn herum aber auch nicht gut gespielt."

Marvin Lewis (Coach Cincinnati Bengals): "Das war ein guter Sieg für unser Team. Wir haben einen guten Job gemacht und die Line of Scrimmage dominiert."

Vor dem Kick-Off: Nach den schwachen Leistungen von Brian Hoyer vollzieht Coach Mike Pettine den Quarterback-Tausch auf den die Fans - und die Öffentlichkeit gewartet haben: Johnny Manziel startet gegen die Bengals, die das erste Duell in Week 10 klar mit 3:24 verloren hatten.

Zudem liefert Cincy-Coach Marvin Lewis noch eine Motivationsspritze ab, als er Manziel in einem Moment geistiger Umnachtung als "Zwerg" bezeichnet - und sich wenig später entschuldigt. Motivation braucht es für beide Teams jedoch eigentlich nicht: Cincinnati braucht den Sieg, um nicht von der Spitze der AFC North verdrängt werden können, Cleveland muss gewinnen, um die eigenen Hoffnungen auf die Postseason am Leben zu halten.

Das erste Duell beider Teams mit positiver Bilanz so spät in einer Saison seit 1986 zieht eine Menge Prominenz an: Cavaliers-Star LeBron James, der auch privat mit Manziel befreundet ist, hat sich angekündigt. Zudem sind einige Wrestling-Superstars erschienen - am Abend findet in Cleveland das "TLC"-Pay-per-View statt.

8.: Starker erster Drive der Bengals, die sich vom lauten Publikum so überhaupt nicht beeindrucken lassen. Mehrerer starke Runs von Jeremy Hill, dann hilft auch noch Barkevious Mingo mit: Der hat bei third down Dalton vor sich, greift aber zu hoch an und kassiert die Flagge. Mühsam ernähren sich die Gäste weiter, dann findet Hill aus zwei Yards Entfernung die Endzone. Und weil's so schön ist, grüßt er mit seiner Jubelpose LeBron James höchstpersönlich. 7:0 Cincinnati!

10.: Das war ein kurzer erster Auftritt von Manziel! Zwei Runs von Terrance West, beim dritten Versuch empty Backfield! Manziel schaut kurz, will dann durch die Mitte durchstarten, wird aber schnell zu Boden gebracht. Cleveland muss punten. 7:0 Bengals.

15.: Cincinnati legt ein Field Goal nach, nächste Chance für Johnny Football. Der erste Pass kommt an, dafür verliert er beim nächsten Run gleich sieben Yards. Langer dritter Versuch: Manziel improvisiert und hat Anthony Hopkins eigentlich offen - aber der lässt die Pille nach einem krachenden Hit fallen. Punt! 10:0 Bengals.

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17.: Wunderbare Field Position für Cincy bei diesem Drive. Das lässt sich Jeremy Hill nicht entgehen. Sechs Yards, dann neun, dann fünf - und dann gleich 16! Nächster Touchdown - es wird eng für Cleveland! 17:0 Cincy.

19.: Interception! Da ist der erste Pick von Manziel! Zuvor hatte man aufgrund einer Flagge das erste First Down des Tages geschafft. Dann ist Manziel beim Pass aber einfach nicht schnell genug! Hawkins war eigentlich offen, aber so kann Dre Kirkpatrick die Lücke schließen und den Ball abfangen. Weiter 17:0 Bengals.

22.: Ein schneller Dreier für Cincy, dann ist Clevelands Rookie-Qb wieder dran. Sein Pass auf Jim Dray gerät einfach ein bisschen zu hoch, wenn auch vielleicht nicht unmöglich zu fangen. Egal, nächster Punt nach nur drei Plays. 20:0 Cincy.

29.: Wow! Da spielt Andy Dalton mit einer Interception schon mit, und dank dreier Penalties der Bengals-Defensive und einem ausgespielten vierten Versuch erreichen die Browns sogar die Red Zone. Dann will Manziel bei third down einfach zu viel! Wilder Scramble, dann wirft er unter Druck einfach nur dem Jump Ball an die Endzone - und es geht schief! Pacman Jones holt sich die Interception, das Publikum stöhnt. Keine Punkte, weiter 20:0 Bengals.

36.: Läuft es in der zweiten Halbzeit besser? Viel schlimmer kann es ja für Cleveland eigentlich nicht werden. Die ersten beiden Drives sind jedoch das alte Lied: Zuerst wird Manziel bei third down trotz vieeel Zeit gesackt, wenig später kassiert er den nächsten Sack - die Line ist diesmal eine einzige Katastrophe. Zwei Drives, kein einziger Yard Raumgewinn. 20:0 Bengals.

43.: Die vielen schnellen Punts der Browns bringen Cincys Offense ein ums andere Mal in guter Position auf den Platz. Kurze Pässe, Runs von Hill und Giovani Bernard - da braucht es nicht viel. Einen vierten Versuch verwertet Dalton höchstpersönlich per QB-Sneak, dann wird wieder ein Field Goal draus. 23:0 Bengals.

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46.: Erstes Big Play für die Browns - man nimmt mittlerweile, was man kriegen kann! Third-and-long, Manziel findet Josh Gordon, der mit einer schnellen Drehung entwischt und stolze 32 Yards herausholt. Aber eine Strafe sorgt für first-and-twenty, und dann gibt's auch noch den nächsten Sack. Punt! 23:0 Cincinnati.

51.: So wird das nichts! Dritter Versuch für Manziel, zwei Yards fehlen: Die Bengals bringen den Monster-Blitz, so dass Johnny um sein Leben rennt - und im Rückwärtslaufen einen Pass nach vorn segelt. Ein absolutes No-Go, er hat Glück, dass das nicht Pick Nummer drei gibt. Riskieren will Pettine jetzt auch nichts mehr. Punt! 23:0 Cincy.

60.: Hier ist schon längst alles entschieden, aber die Bengals setzten angesichts indiskutabler Defensive Line der Gastgeber noch einen drauf. 14-Play-Drive, in dem Dalton nur einen einzigen Pass werfen muss. Wenige Sekunden vor dem Ende besorgt Rex Burkhead mit einem Zehn-Yard-Rush den Endstand. Touchdown! 30:0 Bengals!

Der Star des Spiels: Jeremy Hill. Der 22 Jahre alte Rookie erwischte einen absoluten Sahnetag. Die ersten vier Spielzüge liefen gleich über ihn und erspielten 24 Yards - ein Zeichen für das, was noch kommen sollte. 25 Runs bekam er und machte daraus 148 Yards und zwei Scores. Damit setzte Hill seine starke erste Saison fort (729 Yards, sechs Touchdowns). Man muss allerdings auch seine O-Line loben, die es Ersatzmann Giovani Bernard (15 CAR, 79 YDs) ebenfalls einfach machte.

Der Flop des Spiels: Johnny Manziel. 80 Yards. Zwei Picks. Drei Sacks. Man sollte die Flinte noch nichts in Korn werfen - Manziel ist eben ein Rookie, und man hätte sich sicherlich einen leichteren Gegner als die Bengals wünschen können. Trotzdem spielte "Johnny Football" einfach auch ganz schlechten Football - es hätte auch mehr als die zwei Picks werden können. Mit Hoyer hätte man wohl besser ausgesehen, allerdings muss man Manziel auch die Zeit geben, um sich an das Tempo und die Athletik der Profis zu gewöhnen.

Das fiel auf:

  • Das Publikum im "Dawg Pound" zu Cleveland war heiß, buhte die verhassten Bengals kräftig aus und lieferte zu Beginn eine großartige Kulisse. Das war womöglich kontraproduktiv: Die zwei Strafen gegen die Defense im ersten Drive kann man gut und gerne übermotivierten Verteidigern zuschreiben. Leistet sich Mingo nicht die Strafe, müssen die Bengals punten - und vielleicht verläuft das Spiel dann ganz anders.
  • Hinter einer solchen O-Line sieht auch ein Aaron Rodgers alt aus, so schlimm stand es um die Browns. Gerade einmal 3,1 Yards pro Carry konnte man herausholen, und immer wieder war Manziel ganz auf sich allein gestellt, während die Bengals-Rusher heranflogen. Saubere Pocket? Blitz-Pickup? Fehlanzeige! Andererseits ließ sich Manziel auch oft viel zu viel Zeit bei seinen Reads.
  • Es sah nicht so aus, als hätte sich das Team unter der Woche an Manziel gewöhnen können: Die "Zone Reads", in denen Manziel entscheidet, ob er den Ball an den Running Back abgibt oder selbst läuft, wurden schlampig gespielt. Nach der Two-Minute-Warning in Halbzeit eins musste sogar eine Auszeit genommen werden, weil nicht die richtigen Spieler auf dem Platz waren. Mit No-Huddle wollten die Coaches immer wieder Geschwindigkeit ins Spiel bringen, aber auch das brachte nichts.
  • Dass Manziel das eine oder andere "Money-Sign" provoziert, war klar. Natürlich bekam er es nach dem ersten Sack zu sehen. Linebacker Rey Maualuga trieb das ganze dann in einer kuriosen Szene auf die Spitze. Weil er nach einem abgewehrten Pass förmlich in Manziels Gesicht feierte, kassierte er eine Strafe - und hätte nur Sekunden später wieder feiern können, weil er sich eine Interception schnappte. Aufgrund einer Abseits-Strafe wurde das jedoch zurückgepfiffen.
  • Zu allem Übel mussten die Browns auch noch einige Verletzte verkraften: Cornerback Joe Haden durfte sich zu Beginn mit A.J. Green messen, bevor er mit einer Schulterverletzung rausmusste. Auch der zweite Corner Justin Gilbert musste mit einer Gehirnerschütterung raus.
  • Andy Dalton musste nicht viel tun - sah aber gerade bei Deep Balls alles andere als gut aus. Die erste Bombe auf A.J. Green wäre fast interceptet worden, auch die Deep Balls danach waren teils extrem unpräzise, sowohl auf Green als auch auf Mohamed Sanu. Gegen indisponierte Browns stellte das kein Problem dar, gegen Denver in einer Woche könnte das schon anders aussehen.
  • Dafür stimmte es im Running Game: Die O-Line riss große Löcher für die Backs, die entweder mit Power durch die Mitte brachen, oder mit Pitches und ein wenig Missdirection die Seitenlinie suchten.

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