NFL

Ein hoffnungsvoller Debütantenball

Von Henning Schulz / SPOX
Anquan Boldin, Steven Jackson, Alex Smith und Reggie Bush wechselten im Sommer den Verein
© getty

Kleider machen Leute! Das könnte auch für Reggie Bush, Anquan Boldin, Alex Smith und Steven Jackson gelten, die bei ihren neuen Teams zum Auftakt der NFL-Saison einen guten ersten Eindruck hinterließen. SPOX nimmt das Quartett genauer unter die Lupe.

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RB Reggie Bush, Detroit Lions

"Er hat in die falsche Richtung gezeigt." So beschrieb Reggie Bush seinen Daumen nach dem ersten Spiel der neuen NFL-Saison. Ein Schmunzeln konnte er sich dabei trotzdem nicht verkneifen.

Das lag weniger an einer nicht näher bekannten masochistischen Ader, immerhin verletzte er sich beim Sieg seiner Lions gegen Minnesota auch noch an der Leiste. Sondern an der Performance bei seinem Debüt für Detroit. Am Ende des Tages standen für ihn 90 Rushing-Yards zu Buche.

Zudem fing der Running Back auch noch vier Pässe für 101 Yards und erzielte einen Touchdown. Damit war Bush sogar der beste Receiver in seinem Team. "So haben wir uns das vorgestellt. Ich hatte viel Platz und ein Mismatch gegen einen Linebacker oder den Safety. Unser Plan ging vor allem dank Calvin auf."

Gemeint ist Calvin Johnson. Weil die Vikings sich auf Megatron konzentrierten, flog Bush unter dem Radar und verpasste den Lions die dringend benötigte Power am Boden. Dass der 28-Jährige dieses Talent besitzt, sollte niemanden mehr überraschen.

Allerdings hat es Bush in seinen fünf Jahren bei den New Orleans Saints (2006-2010) kaum geschafft, an seine starken College-Leistungen heranzukommen, trotz des Super-Bowl-Triumphs 2009. Schließlich hatte das die Saints dazu bewogen, den Running Back im Draft 2006 sogar an Position zwei auszuwählen.

2007 war seine beste Saison in New Orleans, als er 581 Yards erlief, aber weit entfernt von der 1000-Yards-Marke, die er in jeder seiner fünf Spielzeiten bei den Saints deutlich verfehlte. 2009 schloss er sich den Miami Dolphins an. Dort konnte er seine Leistung erheblich verbessern: Gleich in seinem ersten Jahr knackte er die 1000-Yard-Marke (2010: 1086 Yards) und etablierte sich auch als zuverlässiger Ballfänger.

Dies machte ihn so für die Pass-orientierte Offensive der Detroit Lions interessant, die ihm einen Vierjahresvertrag über 16 Millionen Dollar gaben. Gegen Minnesota zahlte er einen kleinen Teil schon mal zurück.

WR Anquan Boldin, San Francisco 49ers

Mit dem Super Bowl in der Tasche war Anquan Boldin vor dieser Saison von den Ravens eben zu jenem Team gewechselt, das Baltimore im Super Bowl XLVII unterlegen war: den San Francisco 49ers. Vor seinen drei Jahren an der Ostküste (2010-2012) hatte Boldin seine ersten sieben NFL-Spielzeiten (2003-2009) bei den Arizona Cardinals verbracht.

Bis auf seine zweite Saison, in der er nur zehn Spiele absolvierte, fing Boldin immer über 800 Yards und durchbrach fünfmal die 1000-Yards-Marke. Seine beiden besten Jahresleistungen waren 2005 mit 1402 Yards und 2008 mit elf Touchdowns jeweils für die Cardinals. Im März war der dreimalige Pro Bowler für einen Sechstrunden-Draftpick von den Ravens zu den 49ers abgegeben worden und hätte dort für kein beeindruckenderes Debüt sorgen können.

In einem knappen Auftaktspiel gegen die Green Bay Packers war es immer wieder die Kombination von Quarterback Colin Kaepernick und Wide Receiver Boldin, gegen die die Packers keine Mittel fanden und den 49ers letztendlich den 34:28-Sieg brachte. Am Ende standen 13 gefangene Pässe für 208 Yards und ein Touchdown für Boldin zu Buche.

Der Receiver scheint ein Händchen für Auftaktspiele mit neuen Teams zu haben: Bei seinem Debüt für die Cardinals fing er zehn Pässe für 217 Yards, für die Ravens waren es 110 Yards bei sieben gefangenen Pässen.

Gegen die Packers hatte er sogar wegen eines verdrehten Knies einige Zeit draußen sitzen müssen, um sich mit einem 43-Yard-Catch im Schlussviertel zurückzumelden. "Er hat Fänge gemacht, die er nicht hätte schaffen dürfen", zeigte sich Kaepernick nach dem Spiel beeindruckt.

QB Alex Smith, Kansas City Chiefs

Neuer Verein, neue Stadt, neues Glück. Für kaum jemanden könnte das so sehr gelten wie Alex Smith. Kleine Geschichtsstunde: 2005 war Alex Smith von den San Francisco 49ers an erster Stelle gedraftet worden. Nach einem katastrophalen ersten Jahr, in dem Smith kaum spielte und nur einen Touchdown, aber elf Interceptions warf, konnte er sich stabilisieren.

Er erarbeitete sich einen Ruf als solider Quarterback, der zwar nie riesige Yard-Zahlen auflegte, aber auch nur selten den Ball herschenkte. 2011 lieferte er seine beste Saison bei den Niners ab, warf 3044 Yards und 17 Touchdowns bei nur fünf Interceptions.

Damit sollte das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sein. Doch es kam alles anders. Eine Gehirnerschütterung gegen St. Louis zwang Smith zu einer Pause. Der Rest ist bekannt: Colin Kaepernick nutzte seine Chance und führte San Francisco bis in den Super Bowl.

Ohne Aussicht auf Spielzeit verließ Smith die 49ers und schloss sich vor dieser Saison den Kansas City Chiefs an, die ihn Ende Februar für einen Zweitrunden-Pick 2013 und einen weiteren Draft-Pick 2014 erwarben. Chefcoach Andy Reid gab ihm sofort den Job als Starting-Quarterback und Smith zahlte das Vertrauen im ersten Saisonspiel zurück.

Beim 28:2-Erfolg über die Jacksonville Jaguars brachte er 21 von 34 Pässen für 173 Yards an den Mann und warf zwei Touchdowns. Dabei verteilte er den Ball gut unter seinen Receivern und warf neun verschiedene Spieler an, ohne eine Interception zu fabrizieren. "Unter Reid werden wir den besten Alex Smith aller Zeiten sehen", prophezeit der ehemalige Head Coach und NFL-Analyst Jon Gruden bereits.

Allerdings fehlt dem Quarterback in Kansas City die starke O-Line der 49ers. Das mag gegen bemitleidenswerte Jags reichen. Wie es gegen stärkere Teams aussieht, muss man jedoch erst mal abwarten. Derzeit ist Smith aber genau der Quarterback, den die Chiefs brauchen: Einer, der nur wenige Fehler macht.

RB Steven Jackson, Atlanta Falcons

Eine Institution in St. Louis! Nicht weniger war Steven Jackson bei den Rams. Neun Jahre lang pflügte er für die Mound City über das Feld. Abgesehen von seiner Debüt-Saison, in der er noch als Backup von Marshall Faulk agierte, brachte er es in jedem Jahr auf über 1000 Yards. Seine Bestmarke waren 1528 Yards aus dem Jahr 2006, in dem er dazu 13 Touchdowns erzielte.

Sein einziges Manko war, dass er außer 2006 nie mehr als acht Touchdowns pro Saison erzielen konnte. Die Offensive der Rams gab Jackson oft nicht die Gelegenheit, innerhalb der 10-Yard-Linie zu punkten. Er schaffte es nur 43 Mal in den vergangenen drei Jahren. Michael Turner, den Jackson im Sommer als Running Back der Falcons ablöste, erhielt den Ball im gleichen Zeitraum 102 Mal innerhalb der gegnerischen 10-Yard-Linie.

In Atlanta sollten sich für Jackson also weitaus mehr Möglichkeiten ergeben, in die Endzone zu stürmen. Auch wenn ihm dies in seinem Debüt gegen New Orleans noch nicht gelang, deutete Jackson zumindest an, was von ihm erwartet werden darf. Der Running Back kam auf 77 Yards in elf Versuchen - dabei ein Lauf über 50 Yards - und fing fünf Pässe für 45 Yards.

Positiv aus Sicht der Falcons: Jackson bewies, dass er mit seinen 30 Jahren immer noch über genügend Speed verfügt, um den gegnerischen Verteidigern auszuweichen. Nur auf die Big Plays, die ihn in seinen letzten Jahren bei den Rams auszeichneten, müssen sich die Fans im Georgia Dome noch gedulden. Zumindest bis zum zweiten Saisonspiel gegen - wie sollte es auch anders sein - St. Louis.

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