NBA

Der beste Kidd, den Dallas je hatte?

Von Philipp Dornhegge
Jason Kidd dirigierte die Mavs-Offensive, Shawn Marions Defense gab den Wizards den Rest
© Getty

Zwei Tage nach dem famosen Sieg bei den Boston Celtics gewannen die Dallas Mavericks auch gegen die Washinton Wizards. Dirk Nowitzki trug 28 Punkte zum 94:93-Erfolg bei.

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Viel besser als Jason Kidd dieser Tage kann man die Rolle des Point Guards nicht interpretieren, so viel steht fest. Die unglaubliche Ruhe und Erfahrung gepaart mit Überischt und Ballsicherheit lassen den 36-Jährigen derzeit wie den besten Spielmacher der Liga aussehen.

Schon gegen die Boston Celtics war Kidd mit 17 Assists neben Superstar Dirk Nowitzki der Motor hinter einer bärenstarken zweiten Hälfte. Gegen die Wiazrds wiederholte er diese Leistung annähernd und fuhr 15 Assists ein, bei nur einem Turnover.

Genau so macht man seine Mitspieler besser, genau so gewinnt man Basketball-Spiele. Bevor Kidd jedoch Traumpässe in Serie verteilen konnte, musste er sich an den Gedanken gewöhnen, dass er gegen die Wizards auf eine potenzielle Anspielstation würde verzichten müssen.

Howard muss einmal mehr passen

Zum 21. Mal in diesem Jahr fiel Josh Howard aus. Die Nachricht traf die Mavs allerdings nicht ganz unvorbereitet: Schon den ganzen Tag hatte der Swingman über Magenschmerzen geklagt, abends musste er dann abwinken.

Sein Fehlen war zunächst aber kein Problem. Denn das erste Viertel war eigentlich nur ein lockerer Aufgalopp für die Mavs. Jason Terry legte los wie die Feuerwehr, konnte aber auch schalten und walten, wie er wollte.

Dirk Nowitzki - vom starken Auftakt seines Kumpels angestachelt - machte munter mit und punktete gleich mal zweistellig. Aber in den letzten Minuten knabberte Washington den zwischenzeitlichen 12-Punkte-Rückstand mit einem 7:0-Run ab und ging nur mit einem 20:25 in die erste Pause.

Jamison ein Totalausfall

Der Run wurde übrigens nicht etwa von Antawn Jamison (7 Punkte) und Caron Butler (20), den beiden verbliebenen All Stars der Wizards angeführt, sondern von Point Guard Randy Foye (26 Punkte, 9 davon im ersten Viertel) und Center Brendan Haywood (13 Punkte und 18 Rebounds, 7 und 7 im ersten Viertel). Butler und Jamison lagen nach dem ersten Viertel bei einer Quote von 1 von 6.

Dass dieses Spiel nicht die gleiche Bedeutung für Mavs-Coach Rick Carlisle hatte wie das letzte Auswärtsspiel gegen Boston, konnte man daran ablesen, dass im zweiten Spielabschnitt Reservisten wie James Singleton oder Quinton Ross über mehrere Minuten Zeit bekamen sich auszuzeichnen.

Singleton gab mit guter Drecksarbeit und einigen Punkten eine gute Figur ab. Auch J.J. Barea, der zuletzt oft nicht über zehn Spielminuten hinauskam, durfte mal wieder Werbung für sich machen. Allerdings ohne Erfolg: Dem Puertoricaner gelang einmal mehr so gut wie nichts (1 von 10 aus dem Feld).

Mavs-Spieler lassen sich einlullen

Dafür saßen die Starter sieben lange Minuten auf der Bank - undenkbar in einem Spitzenspiel. Aber es lief ja auch so gegen die in dieser Phase völlig überforderten Wizards: Als Nowitzki wieder den Court betrat, stand es schon 38:26.

Vor Langeweile drohten die Zuschauer im Verizon Center einzuschlafen, und so ging es offenbar auch den Mavs. Offensiv kam nicht mehr viel in den letzten sieben Minuten der ersten Hälfte, defensiv mussten sie jetzt mit einem aufgetauten Butler klar kommen.

Der Small Forward machte zehn Punkte im zweiten Viertel und zog ein ums andere Mal Fouls gegen den Mavs-Frontcourt. So schmolz der Vorsprung, den Dallas' Reservisten herausgespielt hatten, fast komplett. Beim Stand von 47:50 gingen beide Teams in die Kabine.

Saunders' Halbzeitansprache verpufft

Trotzdem hatte man längst nicht das Gefühl, dass Dallas dieses Spiel verlieren könnte. Washington zeigte einfach zu oft, dass es in diesem Jahr zu Recht zu den schlechteren Teams der Liga gehörte. Von den zehn Turnovern, die den Wizards unterliefen, war einer leichtfertiger als der andere.

So verkündete Coach Flip Saunders in der Halbzeit natürlich, dass man diese verdammten Ballverluste vermeiden müsse, sonst habe man gegen ein Klasseteam wie Dallas keine Chance.

Klar, dachten sich auch die Spieler - und schmissen gleich zu Beginn der zweiten Hälfte die nächsten zwei Bälle zum Gegner. Dallas kreierte sich in der Offensive beliebig viele freie Würfe und baute den Vorsprung wieder aus.

Jetzt kann man sich natürlich vortrefflich darüber streiten, ob Washington nun wirklich so schlecht war oder Dallas einfach zu gut. Fakt ist, dass die Mavs als Team 27 Assists bei 39 Field Goals verteilten - eine bärenstarke Quote.

Wizards - Mavericks: Die Highlights im Video bei ESPN

Dallas verspielt mehrfach eine klare Führung

Doch auch nach dem dritten Viertel war das Spiel noch nicht entschieden, weil sich Dallas wieder zu sicher fühlte, zweimal den Ball verlor und offene Jumper vergab.

Zum dritten Mal kamen die Hausherren wieder heran und hatten sogar die Chance auf die erste Führung seit der ersten Minute. Sie nutzten sie nicht, und wenig später war es Zeit für die nächste Pause. Der Spielstand nach drei Vierteln: 70:67 für die Mavs.

Die hatten jedoch auch zu Beginn des Schlussviertels noch nicht begriffen, dass man auch die schlechteren Mannschaften der Liga erstmal schlagen muss, und so nutzte Washington die Gunst der Stunde.

Erst ein schönes Zusammenspiel zwischen den Big Men Andray Blatche (8) und Haywood, dann ein Turnaround-Jumper von Mike Miller (8), und plötzlich war es soweit: Dallas hatte seine Führung verspielt.

Spannung erst im vierten Viertel

Zum ersten Mal überhaupt wachten die Fans jetzt auf, feuerten ihr Team lautstark an und kommentierten fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen mit Buhrufen. Die Spannung stieg. Dallas gab die passende Antwort und hielt dagegen, aber Washington wollte dieses Spiel jetzt haben.

In den letzten zwei Spielen gegen Sacramento und Portland hatten die Wizards jeweils im letzten Viertel den Sack zugemacht, und auch hier spielten sie grundsoliden Basketball.

27 Sekunden vor Schluss hatten die Mavs dennoch eine Vier-Punkte-Führung, aber Miller netzte einen Dreier zum 93:94. Dallas hatte den Ball und Washington entschied sich, Defense zu spielen, anstatt den Gegner zu foulen.

Also spielte der Gast die Uhr herunter, gab Nowitzki die Kugel und sah zu, wie der Superstar Haywood über den Haufen lief - Offensivfoul. Es war der letzte Negativhöhepunkt in einem von Flüchtigkeitsfehlern geprägten Spiel.

Marions Block sichert den Sieg

Die Wizards hatten aber immer noch sieben Sekunden, um die Partie zu ihren Gunsten zu entscheiden. Saunders hatte offenbar das größte Vertrauen in Butlers Crunch-Time-Fähigkeiten, hatte aber nicht bedacht, dass der mit Shawn Marion den stärksten Mavs-Verteidiger gegen sich hatte.

Und das sollte sich rächen. Butler zog zwar mit Dampf Richtung Korb, aber Marion drängt ihn nach außen, stieg hoch, als Butler hochstieg, und blockte dessen Wurf mit der Schlusssirene.

"Ein Spiel mit einer Defensivaktion zu gewinnen, das war sonst nicht typisch Mavericks", ist sich Kidd der neuen Stärke bewusst. "In diesem Jahr haben wir uns fest vorgenommen, hinten besser zu arbeiten."

Nächste Roadtrip-Station: Philadelphia

Marion war immer schon einer, der gute Verteidigung genießt: "Wenn einem so eine Aktion gelingt, dann macht dich das richtig heiß. Dann macht es erst richtig Spaß."

Das Spiel war aus, Dallas war nochmal mit einem blauen Auge davongekommen nach einer müden Vorstellung gegen ein Team, das viel mehr aber auch nicht rechtfertigte.

Auf dem aktuellen Roadtrip war dies der zweite Sieg in drei Spielen, eine Ausbeute, mit der man sicher leben kann. Zwei weitere Partien verbleiben noch: Das nächste findet am Freitag in Philadelphia statt, bevor es am Sonntag zu einem weiteren Nachmittagsspiel zu den Knicks geht. Zwei Gegner, die bestimmt nicht stärker einzuschätzen sind als die Wizards.

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