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Michael Jordan und sein letztes Abschiedsgeschenk für die Charlotte Hornets: Warum Brandon Miller die richtige Wahl war

Von Levi Netal
Brandon Miller wurde von den Hornets im Draft an Position zwei ausgewählt.
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Brandon Miller wurde im Draft an Position zwei von den Charlotte Hornets gepickt - eine damals sehr umstrittene letzte Entscheidung des scheidenden Besitzers Michael Jordan. Doch im Schatten von Victor Wembanyama und Chet Holmgren hat sich der Forward gemausert und die Entscheidung pro Miller wird inzwischen von vielen begrüßt.

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Sein Draft-Workout für die Charlotte Hornets wird Brandon Miller wahrscheinlich nicht so schnell vergessen. Wie der 21-Jährige im Podcast von Paul George erzählte, geriet er dort mit Michael Jordan, dem damaligen Besitzer der Hornets, aneinander. Im Rahmen des Workouts sah Miller, wie Jordan bei einem Freiwurf einen Airball hinlegte. Als MJ im Verlauf des Workouts einen angeregten Trash Talk mit Miller begann, konterte dieser mit einem abfälligen Kommentar über Jordans blamable Freiwurf-Leistung.

Heute können beide darüber lachen, denn die Wahl der Charlotte Hornets, Miller an zweiter Stelle zu draften, könnte ein wichtiger Schritt für die Franchise aus dem Keller der NBA sein. Nachdem Jordan das Team im August 2023 verkaufte, sieht Brandon Miller bisher nach einer der besten Draft-Entscheidungen seiner Funktionärs-Karriere aus, es war seine Letzte. Zwar war MJ vornehmlich Besitzer, doch bei Draft-Picks wollte His Airness stets mitreden.

Dabei war die Entscheidung bei Weitem keine einfache. Viele Experten sahen Scoot Henderson aufgrund seines kämpferischen Charismas vor Brandon Miller für den zweiten Pick im Draft. Überhaupt machte Miller erst im Verlauf seiner Freshman-Saison auf sich als einen potenziellen Top-3-Pick aufmerksam.

Millers Draft-Profil versprach einen athletischen, großen Spieler, der darüber hinaus mit einem anmutigen Jumpshot und gutem Ballgefühl zu überzeugen wusste. Seine Quoten im College unterstreichen diese Aussagen (18,8 PTS, 8,2 REB, 2,1 AST bei 43 Prozent aus dem Feld, 38,3 Prozent 3P, 85,9 Prozent FT). Aufgrund seiner Fähigkeiten und körperlichen Voraussetzungen wurde Miller mit Flügelspielern wie Paul George (diesen bezeichnete er selbst mehrfach als sein Vorbild) oder Andrew Wiggins verglichen. Schwächen zeigte das Offensivtalent aber bei Abschlüssen um den Korb.

Brandon Miller: Der erste NBA-Eindruck ist vielversprechend

Die ersten knapp 50 Spiele in Millers NBA-Karriere können die hohen Erwartungen aus dem College in vielerlei Hinsicht erfüllen. Während sein Draft-Rivale Henderson nach wie vor nach seiner Rolle (und vor allem seinem Wurf) in der NBA sucht, gelingt es Miller sehr beeindruckend, seine Spielart auch in der NBA zu etablieren. Seine Statistiken für die ganze Saison lesen sich ähnlich zu seinen College-Zahlen.

SaisonSpielePTSREBASTFG%3PT%3PTAFT%
22-23 (Alabama)3718,88,22,14338,37,585,9
23-24 (Hornets)5116,542,443,937,86,183,2

Dies ist eine beeindruckende Leistung gegeben der Tatsache, dass sich die NBA in Physis, Spielgeschwindigkeit und individueller Klasse deutlich vom College-Niveau abhebt und die Hornets für viele Spiele nicht selten gerade so fünf Spieler mit NBA-Qualität aufs Feld schickten. Fragt Euch selbst: Was machen Spieler wie Leaky Black, Bryce McGowens, Theo Maledon oder J.T. Thor mit euch?

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© getty

Brandon Miller: Die (Wieder)entdeckung der Mitteldistanz

Analysiert man Millers offensives Spiel, wird vor allem deutlich, welchen Vorteil der 2,05 Meter große Körper mit einer Spannweite von fast 2,20 Meter mit sich bringt. Seien es Würfe aus der Mitteldistanz oder Dreier mit enger Verteidigung, Millers lange Arme und seine natürliche Wurfbewegung ermöglichen es ihm stets, mit einem qualitativen Wurf über seinen Gegner abzuschließen.

Darüber hinaus wirkt Millers Ball-Handling solide genug, um auf dem NBA-Niveau bestehen zu können. Dies ermöglicht ihm, auch mit wenig Platz den Ball auf den Boden zu setzen und sich seinen eigenen Wurf kreieren zu können.Die Kombination aus Physis und Dribbling-Fähigkeit hat Miller in dieser Saison eine neue Dimension in seinem Spiel ermöglicht: den Wurf aus der Mitteldistanz.

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© nba.com/stats

Während er im College in Alabamas System aus Korblegern und Dreiern den Mitteldistanzwurf vernachlässigte, zeigt er nun Fähigkeiten, die man zuletzt in der Highschool von ihm gesehen hat! Miller nimmt in dieser Saison 40 Prozent seiner Würfe aus der Mitteldistanz, wodurch er laut Cleaning the Glass zu den oberen 10 Prozent aller NBA-Spieler gehört. Er trifft die Midranger mit soliden 43 Prozent. Das macht ihn nicht zu einem Mitteldistanz-Maestro à la Kawhi Leonard oder Brandon Ingram, zeigt jedoch eine vielversprechende Tendenz für die Vielfältigkeit seines Spiels.

Brandon Miller: Großes 3-and-D-Potenzial

Das Wurf-Gefühl aus der Mitteldistanz spiegelt sich auch in seinen Quoten von außerhalb der Dreipunktelinie wider. Miller stellt mit klugen Positionsveränderungen stets eine gute Anspielstation dar, wenn einer seiner Mitspieler zum Korb zieht. Falls Miller seinen Touch aufrechterhalten kann, ist er durch seine Fähigkeit, in jeder Situation von überall abschließen zu können, eine offensive Waffe, die von gegnerischen Verteidigungen respektiert werden muss.

Defensiv müssen Millers Leistungen relativ dazu gesehen werden, dass die Hornets mit einem Defensiv-Rating von 119,1 eine der schlechtesten Defenses der Liga zählen (aber: 98,6 in den vergangenen fünf Spielen - NBA-Bestwert). Dennoch zeigt Miller immer wieder Ansätze, die ihn zu einem potenten Verteidiger machen können. Charlotte stellte Miller nicht selten gegen den besten Guards des Gegners, der Rookie zahlte zwar oft Lehrgeld, machte es aber dennoch ordentlich.

Durch seine Länge kann er den Spielaufbau gegnerischer Teams stören und mehrere Positionen verteidigen. Darüber hinaus hat er gute Instinkte und eine sichtbare defensive Motivation, die hin und wieder in spektakulären Chasedown-Blocks oder cleverem Blockieren von Passwegen sichtbar wird. Es ist daher sicher anzunehmen, dass er mit mehr Hilfe um sich herum ein Verteidiger wäre, der ein Team defensiv verstärkt.

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© nba.com/stats

Besonders bemerkenswert ist Millers offensive Entwicklung, die er im vergangenen Monat gezeigt hat. In den vergangenen fünfzehn Spielen hat sich vor allem sein Scoring verbessert. Er legte über 20 Zähler pro Spiel auf und erzielte zwei Mal 30+ Punkte. Er nimmt mehr Dreier pro Spiel und trifft diese annehmbar (36 Prozent(. Allgemein wirkt es so, als würde er mehr und mehr seinen Rhythmus finden. Die Abschlüsse sind gut überlegt und er weiß mehr und mehr, seine körperlichen Vorteile in verschiedenen Spielsituationen zu nutzen.

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Warum Miller keine Rolle bei Rookie of the Year spielt

  1. Die Phänomene Victor Wembanyama und Chet Holmgren überschatten mit ihrem historischen Zweikampf um die ROY-Auszeichnung unter anderem Miller, der in anderen Jahren mit seiner Leistung zumindest berücksichtigt werden würde.
  2. Aber auch bei Miller gibt es in seinem ersten NBA Jahr Probleme in seinem Spiel, die es für ihn zu verbessern gilt.

Ein erster Punkt ist das nur in Ansätzen vorhandene Passspiel. Laut Cleaning the Glass gehört Miller aktuell zu den unteren 20 Prozent aller Spieler, wenn es um seine Assists gemessen an seinem Ballbesitz geht. Dieser Eindruck bestätigt sich auch in Millers Spielanalyse. Seine Spielübersicht ist zweifellos in Ansätzen erkennbar. Vor allem aus dem Pick´n´Roll oder in Transition kann er Spielsituationen lesen und seinen Mitspielern einen einfachen Abschluss ermöglichen. In weiten Teilen ist Miller jedoch bisher ein Score-First Spieler.

Ein zweiter Punkt ist die unterdurchschnittliche Abschlussquote am Ring. Miller trifft nur 52 Prozent seiner Abschlüsse am Ring und befindet sich damit im unteren Viertel aller Spieler. Grund dafür mag durchaus seine noch fehlende Durchsetzungskraft sein. Mit gerade einmal 90 Kilo ist es in einer Zeit elitärer Shot-Blocker schwer, seinen Körper am Ring zu seinem Vorteil einzusetzen. Das spiegelt sich auch in seinen Freiwurf-Versuchen. Miller geht nur ca. zwei Mal pro Spiel an die Freiwurflinie, zu selten sucht er den Kontakt und versucht stattdessen, mit Finesse abzuschließen.

Brandon Miller: Die Hornets haben den Richtigen

Dennoch: Mit Miller in ihren Reihen haben die Charlotte Hornets Stand jetzt die richtige Wahl im Draft letztes Jahr getroffen. Selbst wenn man die aktuellen Probleme von Scoot ignoriert, zeigt sich dennoch, dass Miller mit seinem vielfältigen und effizienten Scoring genau der richtige Partner an LaMelos Seite sein kann. Im Vergleich zu Scoot braucht Miller nicht den Ball in seinen Händen, sondern ist als Off-Ball-Spieler in der Offensive gefährlich. Mit LaMelo und Miller haben die Hornets folglich zwei junge und vielversprechende Spieler, die sie mit erfahrenen Veteranen gezielt flankieren sollten. Seth Curry und Grant Williams sind hierbei Spieler, die zur Trade Deadline kamen und eben jene Rolle erfüllen können.

Nach all den Jahren von schlechten Moves könnte Jordan ausgerechnet mit seiner letzten richtungsweisenden Entscheidung der Franchise ein Geschenk gemacht haben. Der Weg zur Relevanz ist zwar noch weit, aber immerhin gibt es wieder ein Fundament, welches ein bisschen Hoffnung verkaufen kann. Denn Hoffnung gab es in der Queen City längere Zeit nicht mehr.

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