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NBA - Lance Stephenson als weiser Anführer: Wie LeBrons "größter" Rivale zurück nach Indiana fand

Von Alex Weber
Lance Stephenson erzielte bei Kyrie Irvings Comeback 30 Punkte gegen die Brooklyn Nets.
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Noch vor wenigen Wochen spielte Lance Stephenson in der G-League für die Grand Rapids Gold. Mittlerweile ist er zurück bei den Indiana Pacers, wo seine Karriere im Jahr 2010 begann - nach vielen Umwegen ist er endlich wieder zuhause.

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Eigentlich ging alles um Kyrie Irving, als er mit den Brooklyn Nets in Indiana gastierte. Endlich sollte der streitbare Guard sein langersehntes Comeback geben, nachdem er fast die komplette erste Saisonhälfte aufgrund seiner Impfverweigerung verpasst hatte. Doch als Uncle Drew dann endlich wieder auf dem Parkett stand, war es erstmal nicht seine Show. Denn auch Lance Stephenson kehrte in dieser Partie zurück.

Und wie! Der mittlerweile 31 Jahre alte Veteran explodierte zu Beginn der Partie förmlich und schenkte der Superstar-Truppe aus Brooklyn 20 Punkte im ersten Viertel ein - inklusive Buzzer-Beater zum Ende des Abschnitts, inklusive Luftgitarre. Als wäre er nie weg gewesen.

"Born Ready" stahl somit nicht nur Kyrie das Rampenlicht - auch wenn die Gäste aus dem Big Apple am Ende als Sieger vom Parkett gingen -, er avancierte zudem zum ersten Spieler in der Geschichte der NBA, der im ersten Viertel jemals so viele Punkte von der Bank erzielte. 30 Punkte waren es am Ende, und er setzte diesen Traumstart fort, als er drei Tage später gegen Utah 14 Assists verteilte - ein neuer Karrierebestwert.

Stephenson zeigt seit seiner Rückkehr für die Pacers, dass er durchaus noch das Zeug dazu hat, einem Team weiterzuhelfen. Dabei schien es vor nicht allzu langer Zeit noch so, als wäre seine Karriere in der besten Basketballliga der Welt vorbei.

Stephenson: Über China und die G-League zurück in die NBA

2019 zog es Stephenson nach einer ziemlich durchwachsenen Spielzeit mit den Los Angeles Lakers mangels Angeboten aus der NBA nach China, wo er eine Saison für die Liaoning Flying Leopards spielte. 2021 folgte der Schritt in die G-League, um sich wieder für eine Rückkehr in die NBA anzubieten.

Offiziell erfolgte diese schon Ende Dezember, als Stephenson per Zehntagesvertrag bei den Atlanta Hawks vorspielte. Sein dortiger Deal wurde allerdings nicht verlängert, stattdessen verpflichtete Indiana ihn wenig später als Free Agent. "Ich bin so glücklich hier zu sein", sagte Stephenson über seine Rückkehr. "Das ist mein Zuhause. Es ist, als würde ich vor meiner Familie spielen."

Für Stephenson schloss sich dadurch ein Kreis: Es ist bereits sein dritter Aufenthalt bei den Pacers, die ihn 2010 in der zweiten Runde gedraftet hatten. Wenngleich es schwer werden dürfte, an die darauf folgenden vier Jahre noch einmal anzuknüpfen.

Ebenfalls 2010 hatte der damalige General Manager Larry Bird auch Paul George an Position 10 ausgewählt. Mit PG, Stephenson, David West und Roy Hibbert bildete sich binnen kurzer Zeit ein Team, das sich in den kommenden Jahren immer wieder mit dem damaligen Überteam, den Miami Heat, legendäre Playoff-Duelle liefern sollte. Wobei Stephenson die Rolle des großen Antagonisten für LeBron James einnahm.

Lance vs. LeBron: Die ungleichste Rivalität der NBA

Um die Spannung zwischen den beiden zu verstehen, muss man zurück ins Jahr 2012 blicken. Die Heat trafen auf dem Weg zu LeBrons erster Meisterschaft in den Eastern Conference Semifinals auf die Pacers. Stephenson war damals noch kein richtiger Rotationsspieler, beobachtete fast die gesamte Serie von der Bank aus. In Spiel drei der Serie ließ er sich es trotzdem nicht nehmen, den King von der Bank aus auf die Schippe zu nehmen.

Als James einen Freiwurf vergab, machte Stephenson eine "Choking"-Geste, bei den Heat kam diese Majestätsbeleidigung jedoch überhaupt nicht gut an. Miami sollte die Serie schlussendlich in sechs Spielen gewinnen, doch die Rivalität der beiden Teams hatte gerade erst begonnen.

In den beiden Spielzeiten darauf kreuzten sich die Wege der Pacers und Heat erneut in den Playoffs - diesmal jeweils in den Conference Finals. Stephenson, der sich mittlerweile als Starter festgespielt hatte, übernahm die schwierige Aufgabe, LeBron zu verteidigen. 2013 hatte Indiana das Star-Ensemble der Heat am Rande einer Niederlage, in Spiel 7 konnte sich der amtierende Champion aber erneut durchsetzen.

Stehenson (r.) verteidigt James in Spiel 3 der Eastern Conference Finals 2014.
© getty
Stehenson (r.) verteidigt James in Spiel 3 der Eastern Conference Finals 2014.

Als Lance Stephenson LeBron ins Ohr pustete ...

Das wohl legendärste Playoff-Duell der beiden erfolgte im Jahr 2014. Nachdem die Pacers zuvor zwei Spielzeiten in Folge von den Heat aus den Playoffs geworfen wurden, war Stephenson motivierter denn je, endlich seine "Nemesis" zu schlagen. Die ganze Serie über klebte Stephenson wie eine Klette an LeBron. Dazu kamen immer wieder verschiedene Sticheleien, mit denen er versuchte, den besten Spieler der Welt aus dem Konzept zu bringen.

In Spiel fünf kam es zum berüchtigten Zwischenfall, als Stephenson James ins Ohr pustete. Doch damit nicht genug: Stephenson schlich sich bei einem Huddle der Heat dazu und in Spiel sechs griff er James während einer Spielunterbrechung ins Gesicht. Am Ende nutzten all diese Spielchen jedoch nichts und Miami beendete auch im dritten Jahr in Folge Indianas Saison.

Stephenson machte sich im Zuge dieser Duelle dennoch einen Namen. Einerseits als Spieler - nach der besten Saison seiner Laufbahn 13/14 (14 Punkte, 7 Rebounds, 5 Assists im Schnitt) wurde er zu teuer für Indiana und ging für viel Geld nach Charlotte -, andererseits natürlich durch seine Show-Einlagen auf dem Court. Mittlerweile ist er es aber Leid, ständig mit solchen Aktionen in Verbindung gebracht zu werden.

"Ich habe das Gefühl, dass viele Leute nur über die lustigen Zwischenfälle oder die Sache mit LeBron reden wollen", sagte Stephenson im Gespräch mit The Athletic. "Ich weiß, dass es lustig ist, aber um ehrlich zu sein, möchte ich darüber nicht mehr sprechen. Die Leute reden viel über meine Einstellung und machen etwas Negatives daraus, wie leidenschaftlich und siegeshungrig ich bin. Ich liebe das Spiel. Ich liebe es Spaß zu haben. Es ist Fluch und Segen zugleich."

Warum die Pacers Lance Stephenson derzeit brauchen

Heute hat Stephenson in Indiana ohnehin eine andere Rolle inne als die des Provokateurs. Die Pacers stehen mit einer Bilanz von 19-33 nur auf Rang 13 im Osten und stehen kurz vor dem Umbruch. Domantas Sabonis, Myles Turner und Caris LeVert wären bei einem passenden Angebot wohl allesamt verfügbar. Umso wichtiger erscheint Stephenson, da er versucht, als Leader voranzugehen und das Team zusammenzuhalten.

"Er hat eine gewisse Haltung, Demut und Dankbarkeit eingebracht", erkannte Pacers-Coach Rick Carlisle gegenüber Fox Sports an. "Er hat eine Furchtlosigkeit und eine Freude, mit der er spielt, die für unsere Fans schon immer ansteckend war."

Ein weiteres Plus ist, dass er Teile des Ballhandlings übernehmen kann, das den Pacers ohne Point Guard Malcolm Brogdon abgeht, der zuletzt immer wieder verletzungsbedingt auf der Bank Platz nehmen musste. Stephenson kommt für Indiana derzeit auf 9 Punkte und 4 Assists im Schnitt und sorgt auch bei den Fans für etwas gute Laune inmitten einer schwierigen Situation.

Wenn er etwas in seiner Karriere bereut, dann die Pacers nach Ablauf seines Rookie-Vertrags 2014 verlassen zu haben. "Das verfolgt mich, jede Nacht - naja vielleicht nicht jede Nacht, aber in vielen Nächten", erklärte der Shooting Guard. "Ich habe Träume, in denen ich mir denke, ich hätte in Indy bleiben sollen." Vielleicht klappt es ja diesmal. Einen zweiten Zehntagesvertrag hat Born Ready bereits unterschrieben, im nächsten Schritt müssten die Pacers ihn bis zum Ende der Saison unter Vertrag nehmen - oder ein weiteres Mal gehen lassen.

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