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NBA - Kampf um MVP-Titel und Fernsehshows: Der Mini-Beef zwischen Steve Nash und Shaquille O'Neal

Von Ruben Martin
Shaquille O'Neal und Steve Nash stritten sich während gemeinsamen Suns-Zeiten angeblich um einen Fernsehshow.
© getty

Steve Nash spielte die zwei ungewöhnlichsten MVP-Saisons der vergangenen 40 Jahre und bereitete damit ausgerechnet einem späteren Mannschaftskollegen schlaflose Nächte. Shaquille O'Neal hat seine "gestohlenen" MVPs bis heute nicht verkraftet, die Folge war ein Mini-Beef zwischen Shaq und Nash - und eine späte Rache.

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"Wenn du gerade eh zuhause bist, kannst du mir die MVP-Trophäen zeigen, die du mir geklaut hast? ... Und Glückwunsch!"

Die Gratulation kam erst nach der Stichelei, dabei hatte das "Inside-the-NBA"-Quartett bestehend aus Shaquille O'Neal, Ernie Johnson, Kenny Smith und Charles Barkley doch eigentlich mit einem freundlichen Hintergedanken per Videochat bei Nash angerufen, der im September 2020 gerade als Head Coach der Brooklyn Nets vorgestellt worden war. Doch Shaq konnte sich die Frotzelei einfach nicht verkneifen.

Nash nahm die Anspielung locker, er erwiderte nur: "Du konntest am Ende des Spiels nicht einmal einen Freiwurf treffen, mein Freund!" Schallendes Gelächter am TNT-Set.

16 Jahre ist es mittlerweile her, dass Shaq in einem der knappsten MVP-Rennen aller Zeiten dem kleinen Point Guard aus Kanada unterlag. 1.032 Punkte für O'Neal, 1.056 Punkte für Nash hieß am Ende der Saison 2004/05 das Urteil der Voter. Noch heute lässt sich O'Neal von seinen TNT-Kollegen diesbezüglich provozieren.

Zuletzt kam das Thema im April 2021 auf, als Shaq mit Bezug auf seine Kollegen erklärte: "Nashs Team hatte eine bessere Bilanz, aber er war nie der dominanteste Spieler. Und das ist schließlich das, wofür der MVP für alle Menschen steht, außer für euch kleine Schwächlinge."

Dennoch stehen am Ende zwei MVP-Trophäen für Nash und nur eine für Shaq in den Geschichtsbüchern der NBA. Der vierfache Champion achtet stets darauf, bei den Beschwerden über diese, in seinen Augen, Ungerechtigkeit ein Lächeln aufzusetzen. Dass es ihn trotz einer absolut erfolgreichen Karriere als Basketballer ernsthaft stört, ist dem Mann der vielen Spitznamen aber anzusehen.

Shaq über Steve Nash: "Er sah aus wie David Beckham"

Kurz zu den Fakten: Der heute 49-Jährige legte in der Saison 2004/05 22,9 Zähler pro Spiel in seinem ersten Jahr bei den Miami Heat auf, sein Punkteschnitt war zuvor meist näher an der 30 als an der 20. Dennoch passte das Prädikat "dominant" durchaus, der Big Diesel führte die Liga mit einer Feldwurfquote von 60,1 Prozent an und schnappte sich 10,4 Rebounds und 2,3 Blocks.

Nashs Stats sehen dagegen auf den ersten Blick weniger dominant aus (15,5 Punkte und 11,5 Assists), dafür kratzte er an einer 50/40/90-Saison und führte die Suns zur besten Bilanz der Association. Im Folgejahr bekam der Kanadier direkt nochmal den MVP-Award und setzte sich unter anderem gegen LeBron James und Kobe Bryant durch. Dies ist nicht nur bei Shaq äußerst umstritten.

Shaq ging nicht nur gegen Nash mehrfach im MVP-Rennen leer aus, doch offenbar fiel es ihm leichter, gegen Big Men wie David Robinson, Karl Malone und Tim Duncan zu verlieren als gegen einen kleinen Kanadier mit 15,5 Punkten pro Spiel. Wer Shaq schon länger zuhört, weiß zumindest, dass er Center zu seiner aktiven Zeit als die wichtigsten Spieler eines Teams ansah.

Nash schien er nie ganz als Mitglied des exklusiven MVP-Klubs ernst genommen zu haben, was bei einem Segment bei NBA TV im Jahr 2017 zum Vorschein kam. Dort beschrieb Shaq den Guard so: "Gutaussehender kleiner Typ, er sah aus wie David Beckham, ist die ganze Zeit rumgerannt und hat gepasst, ab und zu hat er mal gepunktet. Er hat mich immer bei der MVP-Wahl besiegt."

Mit einem MVP für Nash hätte Shaq sich wohl noch abfinden können: "Vielleicht hatte er einen verdient, aber nicht zweimal über den Diesel. Er hat zwei, Kobe und ich haben nur einen, da stimmt irgendwas nicht."

Phoenix Suns: Fehlender Playoff-Erfolg in der Wüste

Nashs Statistiken stechen in der langen Liste der MVPs durchaus hervor. Seit 1978 hat kein anderer Spieler außer Nash den Titel mit weniger als 22 Punkten im Schnitt gewonnen. In der Saison 2005/06 setzte er sich mit 18,8 Punkten pro Spiel gegen Bryant durch, der 35,4 Zähler pro Partie bei 45 Prozent aus dem Feld auflegte.

Die "7 Seconds or less"-Offense der Suns unter Head Coach Mike D'Antoni war jedoch revolutionär und Nash, dieses Mal knackte er wirklich den 50/40/90-Klub, setzte Amar'e Stoudemire, Shawn Marion, Joe Johnson und Co. in Szene wie kein Zweiter.

Das Offensivspektakel der Suns war damals zumindest in der Regular Season das Beste, was die NBA zu bieten hatte. In den Playoffs blieb der große Erfolg jedoch aus. Das durfte Shaq wenig später auch höchstpersönlich erleben.

Nach einem katastrophalen Saisonstart mit neun Siegen und 37 Niederlagen schickte Miami den "Big Aristotle" im Februar 2008 nach Phoenix, als Gegenwert kamen Shawn Marion und Marcus Banks zu den Heat. Die Suns holten Shaq wohl mit dem Ziel, Spurs-Star Duncan besser in den Griff zu bekommen, sofern die beiden Teams in den Playoffs erneut aufeinander treffen sollten.

Das taten sie, doch der Plan ging nicht auf. Wie bereits im Vorjahr scheiterte Phoenix an den Texanern, diesmal sogar schon in fünf statt sechs Spielen. In der Saison 2008/09 verpassten die Suns dann sogar komplett die Postseason, wodurch Shaq erstmals seit seinem Rookie-Jahr schon Mitte April Urlaub hatte.

Shaq schien jedoch im Herbst seiner Karriere nicht unzufrieden in Phoenix und war auch nach seiner aktiven Zeit noch gut auf die Suns zu sprechen. "Ich habe es in Phoenix geliebt. Die Jungs und Mike D'Antoni waren großartig. Die Teamärzte haben meine Karriere gerettet", schrieb er in seiner Biographie.

NBA: Die Statistiken von Shaq und Nash in dessen MVP-Saisons

Saison 2004/05TeamAlterG / MINPunkteReboundsAssistsShooting-Splits
Steve NashSuns3075 / 34,315,53,311,550/43/89
Shaquille O'NealHeat3273 / 34,122,910,42,760/ - /46
Saison 2005/06
Steve NashSuns3179 / 35,418,84,210,551/44/92
Shaquille O'NealHeat3359 / 30,620,09,21,960/ - /47

Shaq und Nash: Privater Streit über Fernsehshow?

In den gemeinsamen Jahren hielt er seinem Spielmacher die MVP-Enttäuschungen zwar nie vor, auf dem Feld fand sich das Duo trotzdem nie so richtig zurecht. "Es gab keine negative Stimmung, wir hatten einfach nicht die Zeit, eine gemeinsame Chemie zu entwickeln", schrieb O'Neal.

Abseits des Parketts gab es jedoch Reibereien - und Shaq "rächte" sich doch noch. So wurde im Nachhinein berichtet, dass Nash dem Koloss bei dessen Ankunft in Phoenix von einem Konzept für eine Reality-Show erzählt habe. Nash, bekannt als guter Fußballspieler und schon immer mit Interesse an anderen Sportarten, wollte sich in der Show mit Profis aus anderen Sportarten messen.

Knapp 18 Monate später flimmerte die Premiere von "Shaq vs." über die Fernsehbildschirme. Das Konzept? Richtig geraten, O'Neal duellierte sich beispielsweise mit NFL-Quarterback Ben Roethlisberger, Baseball-Star Albert Pujols oder Schwimm-Legende Michael Phelps in deren Fachgebieten.

Als die Planung der TV-Show in trockenen Tüchern war, soll Shaq seinen Mannschaftskollegen in Phoenix freudestrahlend davon erzählt haben. "Du meinst die Idee, die du mir geklaut hast?", so Nashs schimpfende Replik vor versammelter Runde laut eines ehemaligen Suns-Mitarbeiters.

Der Kanadier soll sich im Anschluss nach rechtlichen Schritten erkundigt haben, letztendlich scheinen er und Shaq hinter verschlossenen Türen einen Kompromiss gefunden zu haben: Nash wurde zu einem der fünf Executive Producer der Serie, nach zwei Staffeln wurde sie allerdings wieder abgesetzt. Heute können sie darüber lachen - sogar über die "gestohlenen" MVPs.

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