NBA

NBA - Ronny Turiaf im Interview: "Die 12 Minuten gegen Dirk waren die schlechtesten in meiner Karriere"

Von Christopher Putz & Ole Frerks
Ronny Turiaf verteidigt im Trikot der Golden State Warriors gegen Dirk Nowitzki.
© getty

Er spielte an der Seite von Kobe Bryant und gewann mit LeBron James einen Titel - dabei war die Karriere von Ronny Turiaf beinahe schon vorbei, bevor sie beginnen konnte. SPOX und DAZN sprachen mit dem Franzosen über den Vergleich zweier Künstler und seinen härtesten Gegenspieler namens Dirk Nowitzki.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Ronny Turiaf spielte insgesamt zehn Jahre in der NBA, was aufgrund seiner Krankenakte eigentlich unwahrscheinlich war: Nachdem er 2005 in der zweiten Runde von den Lakers gedraftet wurde, wurde bei dem Mann von der Karibik-Insel Martinique eine vergrößerte Aortenwurzel im Herzen diagnostiziert. Folglich musste Turiaf lange vor seinem ersten Spiel operiert werden und es war zunächst völlig unklar, ob er jemals in der NBA auflaufen würde.

Turiaf erholte sich jedoch weitaus schneller als gedacht und stand noch im Januar 2006 erstmals für die Lakers auf dem Parkett. Knapp drei Jahre spielte er dort unter anderem an der Seite von Kobe Bryant und schaffte es 2008 in die Finals, wo die Lakers allerdings den Boston Celtics unterlagen. In der Folge begann eine Reise durch die NBA mit insgesamt sieben verschiedenen Teams in sechs Jahren.

An der Seite von LeBron James gewann Turiaf dabei 2012 mit den Miami Heat seinen einzigen Titel, 2014 beendete er seine Karriere. Auch für die französische Nationalmannschaft lief Turiaf insgesamt 100mal auf. Bryant, der nach dem Zeitpunkt dieses Interviews verstarb, bezeichnete ihn einst als "einen meiner vier Lieblings-Mitspieler".

Ronny Turiaf scherzt auf der Bank mit seinem früheren Mitspieler Kobe Bryant.
© getty
Ronny Turiaf scherzt auf der Bank mit seinem früheren Mitspieler Kobe Bryant.

Mr. Turiaf, Sie hatten damals nur rund drei Monate bei den Miami Heat, in dieser Zeit allerdings riesigen Erfolg und Ihren einzigen Titelgewinn - an was erinnern Sie sich?

Ronny Turiaf: Es war nur eine kurze Zeit, aber sie hat großen Eindruck hinterlassen. Als Erstes kommt mir in den Sinn, wie sich die Heat-Organisation als Ganzes verhält und präsentiert, wie sie sich um jeden einzelnen Spieler kümmert. An zweiter Stelle kommt, dass meine Großmutter mich in dieser Zeit zum ersten Mal überhaupt in der NBA spielen sah - ich weiß noch, wie sie auf der Tribüne saß mit einem Stirnband. Und das letzte: Der Fokus, den jeder einzelne Spieler an den Tag legte. Alle Spieler und der gesamte Coaching Staff brachten alles in Bewegung, um am Ende den Titel zu holen.

Es war auch für LeBron James der erste Titel, nachdem er im Jahr zuvor noch die herbe Enttäuschung gegen Dallas verkraften musste. Wie haben Sie ihn als Mitspieler erlebt?

Turiaf: Es ist ja schon eine ganze Weile her, aber ich weiß noch, wie getrieben er war. Er war in diesem Jahr auf einer Mission. Aber das Besondere an diesem Team war, dass nicht nur er diese Einstellung hatte, sondern sich sein eigener Fokus durch die anderen Spieler noch vervielfacht hat. Es gab keinen einzigen Spieler in diesem Team, der nicht dazu bereit war, alles zu opfern, was nötig war. Das gesamte Team hatte sich diese Herausforderung gesetzt, nach der Enttäuschung im Jahr davor diesmal am Ende als Sieger dazustehen. Deswegen herrschte damals riesige Intensität, sogar im Training.

Sie hatten zuvor unter anderem mit Kobe Bryant drei Jahre lang bei den Lakers zusammengespielt. Wenn Sie Kobe und LeBron vergleichen - was sind Ähnlichkeiten, wo unterscheiden sich beide?

Turiaf: Das wäre ein bisschen so, als würde man Basquiat mit Monet vergleichen. Welchen hätten Sie lieber? Ähhh... ich nehme beide! (lacht) Ich hatte die Chance, mit beiden zusammenzuspielen. Die kleinen Nuancen bestehen darin, dass Kobe stets versuchte, seinen Gegnern das Herz rauszureißen, während LeBron eher mit ihnen spielt und sie manchmal auch ein wenig blamiert. Verstehen Sie? Aber beide waren beziehungsweise sind auf ihre Arten natürlich unglaublich gut.

Ihr Karriereende liegt noch nicht lange zurück, dennoch hat sich das Spiel seither ziemlich verändert. Was halten Sie vom heutigen Stil mit den vielen Dreiern?

Turiaf: Mir gefällt das Spiel sehr gut. Ich möchte aber richtigstellen: Dieser Wandel hat schon früher eingesetzt als etwa 2013 oder '14. Vergessen wir nicht die Phoenix Suns, die schon von 2005 an einen ähnlichen Stil gespielt und viele Dreier geworfen haben. Das Spiel bewegt sich schon länger in diese Richtung, es ist nur vom Ausmaß her neu und in der Hinsicht, dass jetzt fast alle Teams so spielen. Wir haben aber beispielsweise auch in Miami 2012 schon mit möglichst viel Shootern eine Startbahn für LeBron kreiert, damit er zum Korb kommen konnte. Aber zurück zu Ihrer Frage: Das Spiel ist gut, es macht Spaß, zuzusehen. Es gibt viele Punkte und ich denke, das spricht auch die Fans an.

Auch die Big Men können heutzutage fast alle werfen, das war vor 10 Jahren noch nicht der Fall. Wer war für Sie die größte Herausforderung?

Turiaf (lacht): Die größte Herausforderung, die ich je hatte, war Dirk Nowitzki. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie wir 2011 gegen die Mavericks gespielt haben: Die zwölf Minuten gegen Dirk im ersten Viertel waren die schlechtesten meiner Karriere. Wenn ich mir also jemanden aussuchen könnte, würde ich gerne noch einmal gegen Dirk spielen, um es wenigstens ein klein wenig besser zu machen. Ich würde es zumindest versuchen. Es war für mich aber zum Beispiel auch immer eine große Sache, gegen Tim Duncan, Kevin Garnett oder Dwight Howard zu spielen, all diese großen Jungs, die einen großen Einfluss auf das Spiel hatten. Und auch auf mich, was vor allem bei Duncan und KG der Fall war.

Ronny Turiaf über die Lakers: "Es ist Hollywood, Baby"

Spüren Sie mit den Lakers immer noch die größte Verbindung? Insgesamt spielten Sie ja für acht NBA-Teams.

Turiaf: Ja. Ich war die längste Zeit dort, drei Jahre, und wurde auch von ihnen gedraftet. Ich habe in meiner Zeit dort außerdem meine Herz-Operation überstanden und sie haben sie bezahlt. Für mich geht die Geschichte mit den Lakers daher weit über den Basketball hinaus, deswegen ist das auch auf jeden Fall meine Lieblingsorganisation gewesen. Auch wenn ich die Titel dort dann verpasst habe.

Hat es Sie gefreut, als James 2018 bei Ihrem Ex-Team unterschrieben hat?

Turiaf: Ja, mich hat das schon gefreut und auch ein wenig überrascht. Aber es ist gut, das zu sehen: Ein A-List-Superstar. Das brauchen die Lakers, dafür stehen sie. Es gibt nur eine Franchise, die so ist. Es ist Hollywood, Baby. Wir brauchen die größten Schauspieler, die größten Namen.

Überrascht es Sie, dass LeBron im 17. Jahr immer noch so dominant auftritt?

Turiaf: Nein, überhaupt nicht. Ich finde das immer lustig. Wenn jemand auch nur das geringste Problem hat oder etwas schwächer wirkt, stürzt sich da jeder drauf, es gibt kein anderes Thema. Dabei passiert das einfach! Er hatte Verletzungen im vergangenen Jahr. Also kommt schon, Leute: Da muss man nicht gleich vom Karriereende ausgehen. Es ist okay, darüber nachzudenken, aber man darf dabei nicht vernachlässigen, dass es um einen der besten oder vielleicht den besten Spieler aller Zeiten geht. So einen Champion schreibt man nicht einfach ab, das rächt sich.

Wer gehört für Sie noch in die Diskussion um den Besten aller Zeiten?

Turiaf: Da gibt es die bekannten Namen. Mit Bill Russell und Wilt Chamberlain muss man anfangen. Michael Jordan natürlich. Kobe Bryant, Tim Duncan. Oscar Robertson, Magic Johnson ... ein paar Leute vergesse ich vielleicht, die Liste ist noch größer. Aber es liegt an Ihnen, sich darüber den Kopf zu zerbrechen und darüber zu streiten. Ich bin einfach froh, dass ich ein Zeuge davon sein konnte und gleichzeitig mit zwei Spielern wie Kobe und LeBron zusammengespielt habe.

Die NBA-Statistiken von Ronny Turiaf

TeamVonBisSpielePunkteReboundsBlocks
Lakers200520081735,53,51,1
Warriors200820101215,64,61,8
Knicks20102011644,23,21,0
Wizards2011201241,53,00,8
Heat20122012133,54,51,1
Clippers20122013651,92,30,5
Timberwolves20132014334,55,31,5
Artikel und Videos zum Thema