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NBA - Kawhi Leonard und die Rückkehr nach Toronto: Wie sich die Klaue bei den Raptors unsterblich machte

Kawhi Leonard hat die Toronto Raptors in seinem ersten und einzigen Jahr mit dem Team zur ersten Championship in der Franchise-Geschichte geführt.
© getty

Die Ära Kawhi Leonard bei den Toronto Raptors war eine kurze und eine äußerst erfolgreiche. Mit der ersten Championship in der Franchise-Geschichte hat sich die Klaue in Kanada unsterblich gemacht. SPOX rekonstruiert seinen Weg zum womöglich besten Spieler der Raptors-Historie.

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Kawhi Leonard ist kein Mann der großen Worte, vielmehr bleibt der 28-Jährige für die meisten Fans in einer gläsernen Welt ein Mysterium. Über sein Privatleben ist wenig bekannt, ebenso wenig über seinen Weg in die NBA. Vor Leonards legendärer Vorstellungs-PK in Toronto wussten viele nicht einmal, wie sich seine Stimme anhört.

Selbst über seine Gesundheit und den Zustand seines Knies wird viel spekuliert, nur Leonard selbst beteiligt sich nur selten und äußerst ungern an den seit Jahren wabernden Diskussionen rund um seine Person und Load Management.

In der kommenden Nacht werden sich erneut die Schlagzeilen um Leonard drehen, es dürfte sogar emotional werden. Erstmals seit dem magischen Juni, als die Klaue die Toronto Raptors zum ersten Titel der Franchise-Geschichte führte, kehrt Kawhi wieder nach Toronto zurück - nun mit einem anderen Team, den L.A. Clippers.

"Ich denke nur daran, dieses Spiel zu absolvieren", sagte der 28-Jährige im Vorfeld der Partie. "Ich will natürlich gewinnen und meinen Ring abholen. Ansonsten sind wir nur aus einem Grund hier: um gegen die Raptors zu spielen und zu gewinnen."

Das klingt ein wenig widersprüchlich (und ist es auch) und könnte darauf hindeuten, dass dieser Abend für Leonard doch kein gewöhnlicher werden wird. Es ist davon auszugehen, dass die Fans der Raptors trotz einiger Konflikte mit dem eigenen Gewissen den amtierenden Finals-MVP mit offenen Armen empfangen werden, anders als sie es mit anderen, früheren Franchise-Stars wie Vince Carter oder Chris Bosh taten.

Die Logik dahinter ist simpel. Erstens lieferte Leonard dem Team die erste Championship der Historie, zweitens machte die Klaue den Fans nie Hoffnungen, zu bleiben, sondern hielt sich das komplette Jahr über bedeckt. So schmerzhaft die Entscheidung gegen Toronto letztlich war, es war absehbar. Vermutlich sogar schon lange beschlossene Sache.

Ontario war schließlich nicht die gewünschte Destination, Toronto tradete dennoch für ihn. In seiner Zeit in Kanada ließ sich Kawhi nichts zu Schulden kommen, spulte sein Programm professionell ab und lieferte einen der besten individuellen Playoff-Runs aller Zeiten. Er führte die einst so belächelten Raptors ins gelobte Land. Hier nur mal ein paar Beispiele von Leonards Dominanz in der Postseason.

Spiel 2 in der ersten Runde gegen die Orlando Magic

Es wird inzwischen gerne vergessen, aber die Raptors verloren das erste Playoff-Spiel ihres Runs. D.J. Augustin versetzte mit seinem Game-Winner ganz Toronto in einen Schockzustand, es war schließlich nicht das erste Auftaktspiel einer Serie, das die Raptors vergeigten.

So wurde Spiel 2 zu einem absoluten Pflichtsieg und Leonard setzte seine erste Duftmarke. Toronto gewann mit 29 Punkten Vorsprung und konnte aufatmen, weil Kawhi einfach nicht zu stoppen war. In 33 Minuten verbuchte der Flügelspieler 37 Punkte bei gerade einmal 22 Würfen und nur 3 Freiwürfen, entsprechend grün war das Shot Chart von Leonard an diesem Abend. Es sollte nur der Anfang gewesen sein.

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© NBA

Spiel 1 Conference Semifinals gegen die Philadelphia 76ers

45 Punkte, 16 von 23 aus dem Feld, 11 Rebounds, zehn von elf von der Freiwurflinie. Philadelphia wirkte zum Auftakt der folgenden Runde völlig hilflos gegen den Chirurgen aus der Mitteldistanz.

Spiel 4 Conference Semifinals gegen die Philadelphia 76ers

Nach der Gala in Spiel 1 gaben die Raptors die folgenden zwei Spiele ab, die schon abgeschriebenen Sixers hatten plötzlich das Momentum auf ihrer Seite. Es entwickelte sich ein Abnutzungskampf, zur Pause kratzten beide Teams an Quoten von gerade einmal 40 Prozent aus dem Feld.

Einen 1-3-Rückstand hätten die Raptors gegen bärenstarke Sixers wohl nicht wettmachen können und so verhinderte Leonard, dass sich die Gastgeber im Laufe der Partie absetzen konnten. Vor allem die 14 Punkte im dritten Viertel waren unglaublich wichtig, bevor Philly im Schlussabschnitt völlig abkühlte und über sieben Minuten kein Field Goal verbuchte.

Als J.J. Redick dann doch noch einmal auf 90:91 verkürzte, war es Leonard, der mit seinem fünften verwandelten Dreier (ins Gesicht von Joel Embiid) jegliche Comeback-Hoffnungen im Keim erstickte - und den Raptors wieder Leben einhauchte.

Spiel 7 Conference Semifinals gegen die Philadelphia 76ers

Dieser Auftritt kulminierte in das vielleicht spannendste, dramatischste und spektakulärste Ende einer Serie in der NBA-Geschichte. Es war mit Sicherheit nicht das beste Spiel von Leonard in den Playoffs, doch die Wichtigkeit und Dramaturgie machten es zu einem Spiel, das für immer in Highlight-Compilations seinen Platz finden wird.

Nicht nur traf Leonard diesen ikonischen Wurf, er erzielte auch noch 41 der 92 Raptors-Punkte. Natürlich nahm der spätere Finals-MVP auch 39 der insgesamt 89 Würfe, doch Leonard hatte in dieser kräftezehrenden Serie am Ende die meisten Körner. Alleine damit machte sich Kawhi in Toronto unsterblich!

Spiel 5 Conference Finals gegen die Milwaukee Bucks

Auch gegen die Bucks stand Toronto schnell mit dem Rücken zur Wand. Milwaukee dominierte die ersten beiden Heimspiele, immerhin erfüllten die Raptors danach ihre Pflicht und gaben sich daheim keine Blöße. Doch wer setzte in Spiel 5 ernsthaft auf Toronto? Gegen diese heimstarken Bucks um MVP Giannis Antetokounmpo?

Schon im ersten Viertel führten die Bucks mit 14 Zähler, bevor Leonard zusammen mit Fred VanVleet Toronto Stück für Stück wieder ins Spiel brachte. Erst im vierten Durchgang waren die Gäste wieder in Front, auch weil Leonard 15 seiner 35 Punkte im Schlussabschnitt erzielte. Es öffnete die Tür für die erste Finals-Teilnahme der Raptors.

Spiel 4 der Finals gegen die Golden State Warriors

Leonards Dominanz setzte sich auch in den Finals fort. Siakam war zwar die Story von Spiel 1, doch Kawhi übernahm mit 30 und 34 Punkten in den folgenden Partien das Kommando. Natürlich spielten die Verletzungen von Kevin Durant und Klay Thompson eine Rolle, doch Leonard war der beste Spieler dieser Serie.

Sein Meisterstück legte die Klaue in Spiel 4 hin. 36 Punkte (11/22 FG), fünf verwandelte Dreier, 12 Rebounds und 4 Steals in 41 Minuten - ohne einen einzigen Ballverlust. Die Raptors eroberten Oracle, gegen Ende des Spiels schallte "O Canada" durch das weite Rund. Toronto hatte dank Kawhi eine 3-1-Führung erspielt, welche letztlich so etwas wie die Vorentscheidung war. Zwei Spiele später war die Sensation perfekt und Toronto auf dem Basketball-Olymp!

Keinen Monat später war die Ära Leonard auch schon wieder vorbei. Diesem Risiko war sich Raptors-GM Masai Ujiri wohl bewusst, es zahlte sich aus. In 24 Playoff-Spielen legte Leonard in durchschnittlich 39,1 Minuten Spielzeit 30,5 Punkte und 9,5 Rebounds bei Quoten von 49 Prozent aus dem Feld und 37,9 Prozent von der Dreierlinie auf.

Ein Jahr hat gereicht, dass Leonard als bester Raptors-Spieler aller Zeiten gelten muss. Das werden auch die Raptors-Fans nicht vergessen haben.

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