NBA

"Ich bin sicherlich ein bisschen verwöhnt"

Daniel Theis sorgte mit seinen Leistungen bei der EuroBasket für Aufsehen
© fiba.com

Nach einer starken EuroBasket geht es für Daniel Theis direkt weiter - der Nationalspieler bereitet sich in den USA bereits auf seine erste Saison mit den Boston Celtics vor. SPOX sprach mit Theis über den NBA-Wechsel, seine Rivalität mit Dennis Schröder und seine Ziele in Boston.

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SPOX: Wann wurde es für Sie zum ersten Mal realistisch, dass es in diesem Sommer nun wirklich klappen würde mit der NBA?

Daniel Theis: So richtig wusste ich es erst ab der ersten Juli-Woche, als die Free Agency in der NBA begonnen hatte und wir verhandeln konnten. Vorher hatte es lose Gespräche gegeben und ich wusste, dass es passieren könnte, aber Gewissheit kam dann erst ab diesem Zeitpunkt.

SPOX: Boston gehörte ja zu den aktivsten Teams in diesem Sommer. War deswegen zwischenzeitlich unklar, ob es dort mit einem Kaderplatz klappen würde?

Theis: Nein. Mir wurde von Anfang an sehr klar kommuniziert, dass ein Platz für mich da sein würde, sie wollten mich haben. Damals wusste man schon, dass sie - oder besser: wir - versuchen würden, Gordon Hayward zu holen, es war aber noch keine Entscheidung gefallen. Die Verhandlungen mit mir liefen aber unabhängig davon.

SPOX: Wurde Ihnen da auch schon in etwa skizziert, was für eine Rolle Sie in Boston einnehmen sollen?

Theis: Es ist noch ein bisschen schwierig, gerade weil sich so viel getan hat. Vier von fünf Startern der letzten Saison sind ja nicht mehr da, es wird sich also vieles erst einpendeln müssen. Aber ich weiß, dass der Coach [Brad Stevens, d. Red.] von mir vor allem Defense und Rebounds sehen will, darauf legt er großen Wert. Das liegt mir natürlich ganz gut, deswegen gehe ich das Ganze auch ziemlich optimistisch an.

SPOX: Sie haben im Rahmen der EM gesagt, dass es Ihnen eigentlich völlig egal ist, wie Sie offensiv spielen, solange die Defense passt.

Theis: Ja, das ist einfach mein erster Kompetenzbereich im Basketball. Man muss ja im Team schauen, was seine Rolle ist, wo man dem Team helfen kann. Der eine soll in erster Linie Assists servieren, ein anderer wirft Dreier um Dreier. Sehen Sie sich den Kader der Celtics an: Da spielen Kyrie Irving und Hayward, zwei Spieler, die letzte Saison weit über 20 Punkte im Schnitt gemacht haben. Marcus Morris hatte um die 15 Punkte, Al Horford auch 15 oder 16 - da gehe ich nicht blind hin und denke, ich soll hier jedes Mal werfen. So naiv bin ich nicht. Meine Priorität ist es erstmal, gute Defense zu spielen und Rebounds zu holen. Offensiv werde ich versuchen, unsere Scorer durch Blöcke freizukriegen, so helfe ich dem Team erstmal am besten.

SPOX: Rim-Protection und Rebounding waren klare Schwächen der Celtics in der letzten Saison ...

Theis: Richtig. Dafür, dass sie ihre Conference gewonnen haben, waren das keine unbedingt starken Bereiche, bei mir sind es dagegen ja wahrscheinlich die besten Attribute. Vielleicht ist das eine Nische für mich.

SPOX: Ist es für Sie schon real, dass Sie von nun an ein NBA-Spieler sind?

Theis: Schwer zu sagen. Ich denke, das kommt mit der Zeit. Wenn man so lange auf etwas hingearbeitet hat und es dann tatsächlich passiert, dauert es wahrscheinlich immer einen Moment. Ich freue mich natürlich unglaublich.

SPOX: Die Celtics sind bekanntlich auch ein ziemlich ambitioniertes Team ...

Theis: Genau. Wenn man sich das Team ansieht nach den ganzen Moves, ist das ja offensichtlich ein Kader, der in den nächsten Jahren um die Meisterschaft mitspielen soll. Das wäre der nächste Schritt, in den Conference Finals waren sie ja bereits. Das macht es für mich umso besser. Ich habe in den letzten Jahren bei Bamberg ja sehr viel gewonnen und bin da sicherlich ein bisschen verwöhnt. Jetzt zu einem so ambitionierten Team zu kommen, ist für einen Sportler eigentlich ideal.

SPOX: In Boston treffen Sie in Brad Stevens auf einen Coach, der mir schon einmal erzählt hat, dass er "sehr viel in Europa klaut" und dabei auch Ihren Ex-Coach Andrea Trinchieri erwähnt hat. Wie sah der Kontakt mit Stevens bisher aus?

Theis: In den Tagen, die ich in Boston verbracht habe, hat er schon einige Male mit mir gesprochen und das Training geleitet. Sein System ist dem von Trinchieri tatsächlich ziemlich ähnlich. Es gibt viele Freiheiten, als Spieler sollst du vor allem lesen können, was die Defense macht, und darauf reagieren. Das kenne ich aus den letzten drei Jahren und ich glaube, dass mir das auch dabei helfen kann, mich schnell einzugewöhnen.

SPOX: Als Ihre Unterschrift in Boston bekannt wurde, gab es einige Spekulationen, dass Sie bei der EuroBasket nicht antreten würden, dort waren Sie dann aber doch am Start. Hatten die Celtics eine Meinung dazu? Maxi Kleber hatte ja beispielsweise gesagt, dass die Mavs ihn ungern bei der EM sehen wollten.

Theis: Ich glaube, die Situationen von mir und Maxi kann man nicht so wirklich vergleichen. Er hat eine etwas längere Verletzungshistorie mit seinem Knie und seinen Füßen, in den letzten Jahren hatte er immer mal wieder Probleme. Bei mir war es vor ein paar Jahren mal die Schulter, aber ansonsten hatte ich ja nie größere Sachen. Deswegen waren die Celtics und Coach Stevens da auch sehr positiv. Sie meinten sogar, das sei das Beste, was mir aktuell passieren könnte. Ich habe ja Fünf-gegen-Fünf auf höchstem Niveau gespielt, das durften viele der NBA-Spieler über den Sommer schon aus Versicherungsgründen nicht.

SPOX: Während des Supercups mussten Sie trotzdem noch einmal nach Boston.

Theis: Ja genau, ich war ein paar Tage da, damit alles noch einmal getestet werden konnte: Kraft, Athletik, solche Sachen, da wollten sie mich noch einmal in Aktion sehen. Außerdem sollte ich den Coach und seine Philosophie ein bisschen besser kennenlernen, das war aber auch alles abgesprochen. Genau wie es abgesprochen war, dass ich nach dem Turnier dann direkt nach Boston fliegen würde, sodass ich komplett fit und im Rhythmus dort ankomme. Davon haben sie ja auch etwas, auch wenn ich so die ersten paar Tage vom Training verpasst habe.

SPOX: Wie sah während der EM der Kontakt nach Boston aus?

Theis: Ich habe täglich mit den Krafttrainern und Physios gesprochen, darüber, wie es mir ging und wie ich mich gefühlt habe. Da gab es eigentlich vor und nach jedem Spiel mindestens eine Nachricht. Vom Coach habe ich zwischendurch auch immer mal wieder etwas gehört.

SPOX: Fliegen Sie mit spezifischen Zielen für Ihre erste NBA-Saison nach Boston?

Theis: Ich glaube, es ist schwierig, sich da jetzt bestimmte Einsatzzeiten oder so etwas als Ziel zu setzen. Es werden mit Playoffs wohl weit über 90 Spiele, da wird definitiv jeder seine Chance bekommen. Und dafür will ich eben bereit sein. Für mich ist es wichtig, dass ich auch dann ruhig bleibe, wenn ich vielleicht mal drei Spiele in Folge nicht oder nur ganz wenig eingesetzt werde. Das muss ich als Ansporn nehmen, um noch mehr Gas zu geben. Man darf dann einfach nicht sagen: "Ach, scheiße!" Denn danach kommen immer noch 60 oder 70 weitere Spiele, in denen es besser laufen kann. Es geht mir nicht um bestimmte Einsatzzeiten, es geht darum, Energie zu bringen, Defense zu spielen und mich für weitere Einsätze zu empfehlen.

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