Das Warten auf den MVP

Martin Klotz
01. Mai 201611:40
Stephen Curry wird den Warriors noch einige Zeit fehlen und kann nur nach vorn schauengetty
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In der zweiten Runde der Playoffs treffen die Golden State Warriors ohne den verletzten MVP Steph Curry auf die Portland Trail Blazers (Spiel 1 am Sonntag ab 21.30 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE). Im zweiten Duell der Western Conference bekommen es die San Antonio Spurs mit den Oklahoma City Thunder zu tun. SPOX macht den Check.

SPOX

Golden State Warriors (1) - Portland Trail Blazers (5)

Saisonbilanz: 3:1

Ausgangslage: Steph Curry ist verletzt. Für seine Rückkehr gibt es lediglich einen ungenauen Zeitplan. Zwei Wochen dauert es in der Regel, bis sich ein Spieler von einer Meniskus-Verletzung dieser Art erholt hat. Dabei darf nicht vergessen werden, dass auch der Knöchel des MVP lädiert ist und nicht gerade zur Stabilität des Knies beiträgt.

Die Warriors zeigten eine starke Reaktion und fertigten Houston in fünf Spielen ab, direkt nach Currys Verletzung drehte der Rest des Teams auf und nahm die Rockets im dritten Viertel von Spiel 4 auseinander. Das ist ein gutes Zeichen für Steve Kerr. Auch in Spiel 5 dominierten die Dubs ohne Curry, doch der Gegner war eben auch nur Houston.

Die Blazers profitierten schon gegen die Los Angeles Clippers von Verletzungen und konnten die Serie nach den Ausfällen von Chris Paul und Blake Griffin drehen. Damian Lillard und C.J. McCollum schultern das Team bisher auch in der Postseason und vertrauen dabei auf einen ordentlichen Supporting Cast. Schon jetzt ist Rip City DIE Überraschung der Saison.

SPOXspoxPortland hat Golden State diese Saison bereits einmal geschlagen, Lillard spielte dabei groß auf und erzielte 51 Punkte. Steve Kerr adelte den Point Guard anschließend mit den Worten: "Er hat ausgesehen wie Steph Curry."

In der Serie gegen die Clippers spielte Center Mason Plumlee eine wichtige Rolle und legte 8 Punkte, 13,5 Rebounds (gegen DeAndre Jordan), 5,7 Assists, 1,0 Steals und 1,0 Blocks pro Spiel auf. In 29 Minuten. Dazu agierte er oft als Ballhandler am Elbow oder aus dem Post, von wo er Lillard und McCollum viele Würfe auflegte.

Der bevorstehende Abgang von Luke Walton bringt etwas Unruhe in das ansonsten so eng verbundene Dubs-Team, doch Golden State ist professionell genug, um sich davon nicht ablenken zu lassen. In Portland hat derweil die Euphoriewelle Einzug erhalten und der Erfolg der Blazers sorgt für gute Stimmung überall. Einziges Problem: Gegen Curry hätte das Team von Terry Stotts frei aufspielen können und nichts zu verlieren gehabt. Nun fangen sie auf einmal an, darüber nachzudenken, dass die Serie eventuell offen sein könnte. Das hat den wenigsten Underdogs gut getan.

Key Matchup:Klay Thompson vs. C.J. McCollum. Shootout! Dass die beiden Scharfschützen viele Würfe nehmen werden, ist so sicher wie der nächste Schrittfehler von LeBron James. Doch es wird darauf ankommen, wer von beiden effizienter agiert. Nirgendwo sind Possessions kostspieliger als in der Postseason, Thompson und McCollum werden in dieser Serie im Rampenlicht stehen.

Lillard ist die defensive Priorität der Warriors, neben Shaun Livingston wird Kerr vermutlich auch Iguodala gegen Dame stellen. Daher wird McCollum gezwungen, Plays für sein Team zu machen. Nun kann er zeigen, dass er mehr als nur ein Scorer ist und den MIP-Award verdient hat. Thompson muss das Team nach Currys Ausfall gemeinsam mit Draymond Green führen. In der Offensive kommt ihm dabei eindeutig die größere Rolle zu. Wenn er einen schlechten Tag hat, beginnen die Probleme der Dubs.

X-Faktor:Stephen Curry. Den Über-MVP als X-Faktor zu bezeichnen, wäre normalerweise eine Beleidigung, doch angesichts seines Gesundheitszustands ist es ein Sonderfall. Sollte Curry rechtzeitig zurückkommen, kann er das Momentum der Serie schlagartig verändern.

Wenn Golden State in zehn Tagen im Matchup vorn liegt, wird Steve Kerr das Risiko nicht eingehen, Curry einzusetzen und ihn stattdessen für die Conference Finals schonen, die hart genug werden. Sollten die Blazers allerdings auf dem Weg zum Upset sein, wird Curry spielen. Auch wenn er nicht bei 100 Prozent ist, sollte seine Präsenz die Blazers-Defense binden und Freiräume für die Teamkollegen schaffen.

Prognose: Es müsste schon ziemlich viel richtig laufen, wenn die Blazers in die Conference Finals einziehen sollten. Lillard und McCollum haben die Fähigkeiten, das geschwächte Warriors-Team zu ärgern, doch ein Sieg in der Serie ist äußerst unwahrscheinlich - zumal Kerr noch die Trumpfkarte Curry im Ärmel hat. Golden State in 6.

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San Antonio Spurs (2) - Oklahoma City Thunder (3)

Saisonbilanz 2:2

Ausgangslage: Beide Teams haben in der ersten Runde keine allzu schweren Aufgaben bewältigen müssen. Weder die Grizzlies noch die Mavericks stellten eine besonders hohe Hürde dar. Durch den Sweep gegen Memphis (4-0) verschafften sich die alten Herren aus San Antonio eine etwas längere Verschnaufpause, doch die jüngeren Thunder haben aktuell weder angeschlagene noch verletzte Spieler. Beide Teams geht also ausgeruht in die Serie. OKC tat sich dennoch ein wenig schwerer mit Dallas (4-1), vor allem die Defense offenbarte immer wieder Lücken. Dazu ließen sich Russell Westbrook und Kevin Durant auf das ein oder andere Scharmützel mit den Mavs ein.

In den direkten Duellen in der Regular Season schonten beide Teams häufig ihre Stars, sodass diese Begegnungen wenig Aussagekraft haben. Allerdings gab es in der jüngeren Vergangenheit bereits zwei Duelle in den Western Conference Semifinals: 2012 siegten die Thunder und verloren später in den Finals gegen LeBron James und die Miami Heat. 2014 entschieden die Spurs das Duell für sich und behielten in den Finals - ebenfalls gegen Miami - die Oberhand.

Thunder-Coach Billy Donovan muss es in seinen ersten NBA-Playoffs gleich mit Trainerlegende Gregg Popovich aufnehmen. Er kommandiert die beste Defense der Regular Season und der Playoffs, auf der Gegenseite wartet mit OKC die potenteste Offense der Postseason.

Pop verfügt über eine starke Zwölf-Mann-Rotation, von der er jeden Spieler für bestimmte Situationen einsetzen kann. OKC muss sich in der Second Unit in erster Linie auf die Offense Enes Kanter und Dion Waiters verlassen, damit das Spiel nicht entgleiten, wenn KD und/oder Russ auf der Bank sitzen.

Auf dem Feld sind sie für so ziemlich alles bei den Thunder zuständig. Zwei Superstars, die nicht nur für die Fortsetzung ihres Playoff-Runs, sondern auch ihrer gemeinsamen Karriere im OKC-Jersey spielen. Doch zwischen ihnen und den Conference Finals stehen die abgezockten, clever rotierenden, ballbewegenden und erfahrenen Spurs. Es wird ein Krieg der Welten.

Key Matchup:Russell Westbrook gegen Danny Green. Ja, es ist ein Cross-Matchup - und nein, es wird nicht auf das mit Spannung erwartete Duell zwischen Durant und Kawhi Leonard angekommen. Natürlich ist der Clash des vierfachen Scoring-Champions gegen den zweifachen Defensive Player of the Year ein heißer Tanz und er wird unter Garantie richtig geil - doch entschieden wird die Serie im Backcourt.

San Antonio muss die Kreise von Russell Westbrook einschränken. Er ist die Seele und der Antreiber des Thunder-Spiels. Da Tony Parker zu alt ist, um RW0 effektiv verteidigen zu können, wird Green diese Aufgabe übernehmen und dabei so gut es geht Hilfe vom Rest des Teams bekommen. Die Defense gegen die Triple-Double-Maschine ist der Schlüssel.

Kann er Westbrook in Transition und im Halfcourt vor sich halten, haben die Thunder Probleme, ihr Spiel zu entfalten und sind nur auf KD vs. Kawhi angewiesen. Das kann auf Dauer nicht den gewünschten Erfolg bringen, den die Klaue wird jeden Wurf des Ex-MVP erschweren und ihn - wenn es sein muss - 48 Minuten lang jagen.

Ist Green nicht in der Lage, Russ zu stoppen, seziert der Athletik-Freak auch die Spurs-Verteidigung mit seinen explosiven Drives und scharfen Pässen. Dann bekommt KD offene Jumper (Money!), Kanter Layups (Money!) und Serge Ibaka Dreier aus der Ecke (Money!). Und dann heißt es gute Nacht, San Antonio.

X-Faktor:Serge Ibaka. Gegen Dallas zeigte der Big Man der Thunder eine ungemein effiziente Vorstellung und traf 64 Prozent aus dem Feld, obwohl er fast nur Jumper nahm. Dazu traf er unmenschliche 61 Prozent seiner Dreier. Wie stark KD und Russ sind, weiß jeder. Aufgrund der griffigen Spurs-Defense werden sie zum Passen gezwungen sein und Ibaka ist der Einzige, dem sie wirklich vertrauen.

Wenn Air Congo so liefert wie gegen Dallas und die Double Teams für die Superstars mit solcher Konsequenz von außen bestraft, dann wird selbst San Antonios Defense ins Schwimmen kommen.

Dazu hat er in LaMarcus Aldridge das neue Zugpferd der Spurs als Gegenspieler, der endlich richtig am Alamo angekommen ist und genau für solche Serien geholt wurde. Es ist seine Chance, zu beweisen, dass nicht nur Leonard, sondern auch er ein Star ist - und es ist Ibakas Aufgabe, das zu verhindern.

Prognose: Die Thunder werden den Spurs einen heftigen Kampf liefern und sowohl Durant als auch Westbrook werden irrationale Zahlen auflegen. Doch das Team der Spurs funktioniert einfach besser. Die Defense der Thunder ist gegen das Ball Movement der eingespielten Spurs am Ende nicht gut genug. Dazu kann man gegen ein so defensivstarkes Team in der Crunchtime nicht mit Hero-Ball gewinnen. Ein Mal ja, zwei Mal auch noch, drei Mal ganz vielleicht, aber nicht vier Mal. Spurs in 7.

Die Playoffs im Überblick