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"Schröder ist ein Starter"

Chris Fleming hat großen Anteil an der Entwicklung von Dennis Schröder
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In der Offseason wagte Chris Fleming den Sprung in die NBA und ist neben seiner Position als DBB-Bundestrainer auch als Assistant Coach der Denver Nuggets tätig. Im Exklusiv-Interview spricht er über die Herausforderung USA, die umstrittene Doppelfunktion und die Entwicklung von Dennis Schröder. Außerdem: Fleming beleuchtet das Phänomen Stephen Curry und gibt eine Draftprognose für Paul Zipser und Maodo Lo ab.

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SPOX: Herr Fleming, seit letztem Sommer sind Sie Assistant Coach bei den Denver Nuggets in der NBA. Was sind Ihre Hauptaufgaben im Team von Mike Malone?

Chris Fleming: Das Erste war für mich natürlich, mich in der NBA zu orientieren. Es waren unglaublich viele Eindrücke und eine fast komplett neue Basketball-Sprache. Dazu musste ich neue Computer-Systeme lernen und Wege finden, wie ich Mike unterstützen kann. Er hat mich in erster Linie nach Denver geholt, um der Mannschaft offensiv zu helfen. Die Anfangsphase bestand aber wirklich fast nur aus Orientierung. Zum Glück haben hier alle Geduld mit mir. (lacht)

SPOX: Können Sie einen typischen Trainingstag skizzieren?

Fleming: Wir trainieren entweder um 10 oder 11 Uhr - meistens bin ich aber schon um 6.30 Uhr im Büro, um Video-Arbeit zu erledigen. Vor den Einheiten setzen wir uns dann rund eine Stunde mit dem gesamten Coaching Staff zusammen, anschließend beginnt das Haupttraining. Danach arbeitet man manchmal individuell mit Spielern weiter, ich kümmere mich zum Beispiel generell ein wenig intensiver um unsere Shooter Gary Harris und Randy Foye. Oder man setzt sich an eigene Aufgaben, wie z.B. Scouting oder Vorbereitung.

SPOX: Was sind die größten Unterschiede zum Coaching in der BBL bzw. der Euroleague?

Fleming: Auf jeden Fall die Zeit, die man mit den Spielern hat. Die ist hier deutlich geringer und gerade bei unserer jungen Mannschaft ist die Spielerentwicklung besonders wichtig. Harris ist 21, Emmanuel Mudiay 19 und Nikola Jokic 20 Jahre alt. In Deutschland wären diese Jungs gerade erst aus der NBBL gekommen. Bei dem engen Spielplan ist es schwierig, ihnen Grundlagen und Automatismen zu vermitteln, auf die sie im Laufe ihrer Karriere immer wieder zurückgreifen können. Die zweite Umstellung ist, dass ich zum ersten Mal nicht als Head Coach, sondern als Assistant Coach arbeite. Das heißt, niemand arbeitet mir zu, sondern ich muss mir Gedanken machen, wie ich Mike unterstützen kann. Es ist eine komplett neue Herausforderung und eine andere Denkweise für mich, die mir aber bisher schon viel gebracht hat.

SPOX: Haben Sie sich schon an die Abläufe gewöhnt und sich in Denver eingelebt?

Fleming: Am Anfang habe ich knapp zwei Monate im Hotel gewohnt und bin erst vor wenigen Wochen in ein Haus gezogen. Dort hatte ich bis kurz vor Weihnachten keine Möbel. Nur ein Bett. (lacht) Aber das war nicht so schlimm, da ich ohnehin kaum zu Hause war. Bevor meine Familie über die Feiertage zu Besuch kam, haben meine Eltern das Haus eingerichtet und bewohnbar gemacht. Von der Stadt und der Umgebung habe ich auch noch nicht wirklich etwas gesehen.

SPOX: Als Bundestrainer haben Sie auch in der spielfreien Zeit der Nationalmannschaft jede Menge Aufgaben und Verantwortung. Arbeiten Sie nachts für den DBB oder wie kann man sich das vorstellen?

Fleming: Der Einsatz als Bundestrainer ist natürlich dauerhaft, zum Beispiel der ständige Kontakt mit den Spielern. Nach den stressigen ersten zwei Monaten konnte ich auch anfangen, mir BBL- und Euroleague-Spiele anzuschauen. Es wird also besser. Der Vorteil ist, dass die Saison hier relativ kurz ist. Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, kann man davon ausgehen, dass wir im April fertig sind. Das wäre vor allem im Hinblick auf ein mögliches Olympisches Qualifikationsturnier im Sommer für mich als Bundestrainer vorteilhaft. Bisher kann ich beides sehr gut miteinander vereinbaren und ich denke, dass ich eine Menge durch diese Erfahrung mitbringen kann.

SPOX: Kommen Ihnen die Nuggets aufgrund Ihrer zusätzlichen Verpflichtung als DBB-Coach entgegen?

Fleming: Sie nehmen Rücksicht, indem sie meine Aufgabe teilweise unterstützen. Das ändert natürlich nichts an der Arbeit, die ich für sie machen muss. Die mache ich ganz normal wie jeder andere Assistant Coach. Und beides macht mir sehr viel Spaß. In Deutschland haben wir im Sommer etwas Positives gestartet und ich möchte die Arbeit für den DBB auf jeden Fall fortsetzen.

SPOX: Es gibt in Deutschland aber auch Kritik bezüglich Ihrer Doppelfunktion...

Fleming: Ja, das habe ich gehört und finde es etwas seltsam. Schließlich hat auch Dirk Bauermann jahrelang in Doppelfunktion als Bundestrainer und als Coach von Bamberg beziehungsweise Bayern München gearbeitet. Wichtig war bei mir, dass ich im letzten Jahr ausschließlich für den Verband gearbeitet habe und dadurch eine enge Beziehung zu den Spielern aufbauen konnte. Das macht es jetzt leichter, die Verbindung zu halten. Ich sehe eher die Vorteile, zum Beispiel, dass ich unter harten Wettbewerbsbedingungen arbeite. Hier in der NBA gibt es deutlich mehr Auszeiten und daher mehr Situationen, in denen der Coach eingreifen kann. Dadurch lerne ich enorm viel. Die NBA macht mich nur besser.

SPOX: Fühlen Sie sich, als hätten Sie trotz der Doppelfunktion und des schlechten Abschneidens bei der EuroBasket die Unterstützung des Verbands?

Fleming: Definitiv. Armin Andres (Vizepräsident Leistungssport des DBB, d.R.) und Ralph Held (DBB-Sportdirektor, d.R.) waren Mitte Dezember eine Woche in Denver, um mit mir die Sommerplanung zu machen. Ich stehe in ständigem Kontakt zum DBB-Präsidium und ich denke, dass wir auf einem richtigen und guten Weg sind. Wir wussten alle dass der EuroBasket eine schwere Aufgabe war. Die Entwickelung und die Fortschritt von den Jungs war für uns sehr positiv.

SPOX: Wie und auf welche Weise funktioniert die Zusammenarbeit mit Ihrem Assistenten Henrik Rödl über die Entfernung?

Fleming: Per Facetime. (lacht) Wir halten ständig Video-Konferenzen und tauschen uns aus. Auch Henrik wird demnächst für mehrere Tage zu Besuch kommen. Mit den Möglichkeiten, über das Internet Spiele oder die Aufzeichnungen zu schauen, habe ich auch von hier einen guten Eindruck von den Spielern. Im letzten Jahr war das kaum anders. Da habe ich auch hauptsächlich von Zuhause aus gearbeitet.

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SPOX: Mit Alex Jensen ist einer Ihrer Assistenten bei den Utah Jazz beschäftigt, also auch in der NBA. Ein Vorteil oder ein Nachteil?

Fleming: Alex hat uns im Sommer extrem geholfen, da er einen völlig anderen Blickwinkel auf manche Dinge hat. Das hat für mich weniger mit Europa oder der NBA zu tun, sondern damit, dass er einfach ein guter Coach mit viel Enthusiasmus und jeder Menge Basketball-Knowhow ist. Und es hilft uns natürlich, dass er in Utah mit Tibor Pleiß arbeiten kann.

SPOX: Wie viel bekommen Sie von Tibors Entwicklung mit?

Fleming: Relativ viel. Ich telefoniere von Zeit zu Zeit mit ihm. Alex und ich tauschen uns auch per Nachricht über ihn aus. Dazu kommt, dass wir kurz vor Weihnachten bereits zum zweiten Mal gegen die Jazz gespielt haben. Die persönlichen Treffen helfen natürlich.

SPOX: Zwei Tage vor der Partie holte ihn Utah von seinem Engagement in der D-League zurück - aufs Parkett durfte er gegen Ihr Team aber nicht. Halten Sie es für sinnvoll, einen 26-jährigen Spieler wie Tibor noch in die D-League zu schicken?

Fleming: Ich glaube, dass es Tibor geholfen hat. Und das hat er mir auch selbst gesagt. Es ist sinnvoll, um sich an das Spiel hier zu gewöhnen. Ich war nie ein großer Verfechter der D-League, aber ich glaube, dass das Team eng mit den Jazz zusammenarbeitet und das kann für Tibor sehr positiv sein. Ich bin gespannt, wie er sich entwickelt, jetzt, da er wieder bei der Mannschaft ist.

Seite 1: Fleming über Denver und die Doppelfunktion

Seite 2: Fleming über Schröders Entwicklung

Seite 3: Fleming über Curry, Zipser und Lo

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