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Finally the "G" stands for "Gets"

Von Max Marbeiter
Jimmy Butler (l.) ist derzeit Topscorer der Chicago Bulls
© getty

Binnen eines Sommers ist aus Jimmy Butler, dem Defense-Spezialisten, Jimmy Butler, Topscorer der Chicago Bulls, geworden. Der Shooting Guard hat eine unglaubliche Entwicklung genommen, stellt seine Bulls damit allerdings vor ein Problem.

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"Nennt ihn Jimmy Jordan, denn heute Abend sieht er aus wie Michael Jordan!" Es ist das größtmögliche Kompliment. Im Basketball allgemein, im Besonderen jedoch in Chicago. Ein Vergleich mit His Airness, dem größten Bullen aller Zeiten, an dessen Statue ein jeder vorbeizieht, der gen United Center pilgert. Stacey King hatte es dennoch ausgesprochen. Klar, der Bulls-Analyst ist nicht unbedingt für Understatement oder Zurückhaltung bekannt - erst recht nicht in für Chicago magischen Momenten.

Und einen solchen hatte er soeben nun mal miterlebt. Zwar spielten sich die Szenen der Ekstase noch in der Preseason ab, was angesprochener Jordan-Imitation ein wenig ihrer Magie beraubte, beeindruckend war das Erlebte dennoch. Schließlich hatte Jimmy Butler den Bulls soeben per Buzzerbeater-Dreier den Sieg beschert. Ganz nach dem Vorbild seines indirekten Vorgängers.

Soweit, so gut. Doch noch mal: Während Jordan auch gern einmal Final-Spiele mit der Schlusssirene entschied, gelang Butler selbiges Kunststück lediglich während eines belanglosen Vorbereitungsspiels gegen die Atlanta Hawks. Die Art und Weise, die Selbstverständlichkeit, mit der Chicagos Shooting Guard seinen Wurf loswurde und schlussendlich auch traf, lies jedoch zumindest erahnen, dass sich über den Sommer einiges geändert haben könnte.

"Erwartungen weit übertroffen"

Eigentlich ist Jimmy Butler III. nämlich eher für seine Kunststücke am hinteren Ende des Feldes bekannt, für Last-Second Steals gegen LeBron James, für knallharte Defense. Eiskalte Offense zählte bislang dagegen nicht zum Repertoire des Swingman. Entsprechend verblüfft wirkte Tom Thibodeau kürzlich, nachdem er gebeten worden war, Butlers in dieser Saison bislang erbrachte Leistungen zu beschreiben.

"Er hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen", erklärte der Bulls-Coach, im Gegensatz zu King ein Künstler des Understatements. "Dabei hatte ich nach allem, was ich im Sommer gehört und gesehen hatte, schon mit einer herausragenden Saison gerechnet. Nach einigen Gesprächen mit ihm, war ich zwar optimistisch, dass er sich weiter verbessert hatte, aber ich hätte nie gedacht, dass es so gut werden würde."

Was Thibodeau meint: Binnen eines Sommers hat Jimmy Butler seinem Ruf als unermüdlicher Arbeiter alle Ehre gemacht und sein Spiel damit auf ein neues Level gehoben. In seiner Heimat Texas feilte er an seinem Spiel. Pausenlos. "Viele Würfe" habe er genommen, sagt Butler, "drei Mal am Tag" trainiert. "Ich war in Houston und dort ist es sehr langweilig. Wir hatten nicht mal Kabelfernsehen im Haus. Deshalb sind wir in die Halle gegangen und dann auch dort geblieben."

Player of the Month

Der Zweier hat also viel investiert. So viel, dass seine Offense ganz plötzlich ein ausgleichendes Gegengewicht zur ohnehin starken Defense bildet. So viel, dass Butler die Bulls gemeinsam mit Pau Gasol zu Saisonbeginn durch all jene Spiele trug, die Derrick Rose aufgrund diverser Blessuren verpasste. So viel, dass er im November zum Eastern-Conference Player of the Month gewählt wurde. So viel, dass Jimmy G. Buckets mittlerweile Chicagos bester Scorer ist.

21 Punkte im Schnitt sind ligaweit derzeit sogar gut für Rang zwölf. Ganz im Gegensatz zu den 13,1, Zählern, die Butler vergangene Saison noch aufgelegt hatte. Endlich, möchte man sagen, steht das "G" tatsächlich für "gets". Mit einem Mal haben die Bulls in Butler wieder einen Shooting Guard in ihren Reihen, der auf unterschiedliche Arten scoren kann, dessen Offensivspiel deutlich an Vielseitigkeit und Sicherheit gewonnen hat.

Der Swingman attackiert, spielt nun auch vorne deutlich aggressiver als noch vergangene Saison. Den Jumper aus der Mitteldistanz nimmt er ohne zu zögern, hat seine Quoten so deutlich gesteigert (54,5 Prozent gegenüber 45,2 Prozent). Zudem scheint das Ballhandling zusehends mit Butlers massig vorhandener Athletik mithalten zu können. Zog er vergangene Saison noch lediglich drei Mal pro Spiel Richtung Korb, sind es mittlerweile 5,4 Mal, was die Bulls im Schnitt mit 6,6 Punkten profitieren lässt.

Carlisle ist beeindruckt

All diese Dinge passen ins klassische Anforderungsprofil eines Shooting Guards. Die 29,6 Prozent von jenseits der Dreierlinie sind für einen Zweier allerdings ein wenig dürftig. Was Butler einigen seiner Kollegen auf der Zwei dagegen voraushat, ist seine Physis. Chicagos Nummer 21 ist unglaublich kräftig, nutzte dies in der Vergangenheit bereits, um auch größere Gegenspieler wie LeBron effektiv zu verteidigen. Nun schiebt Butler seinerseits den einen oder anderen Gegenspieler unbarmherzig in Richtung Zone.

"Er stellt ein großes Problem im Post dar. Er stellt ein großes Problem in Isolation dar", weiß deshalb auch Mavs-Coach Rick Carlisle. "Es ist mit das physischste Matchup, das du unter Shooting Guards in dieser Liga finden wirst. Es gibt viele großartige Spieler auf der Zwei, geht es um brachiale Kraft, gibt es jedoch keinen wie ihn."

Und um dieser Kraft irgendwie Herr zu werden, hilft häufig nur das Foul. 8,3 Mal pro Spiel tritt Butler deshalb zum Freiwurf an, sammelt so insgesamt 31,4 Prozent seiner Punkte - nur unwesentlich weniger als der ungekrönte König des Charity Stripe, James Harden (32,4).

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