NBA

Manu on a Mission

Von Ole Frerks
Manu Ginobili brillierte in Spiel 1 mit 16 Punkten und 11 Assists von der Bank
© getty

Vor ziemlich genau einem Jahr war Manu Ginobili am Tiefpunkt und kurz vor dem Karriereende. Nur zögerlich unterschrieb er erneut bei den San Antonio Spurs. Die komplette Saison, aber vor allem die Playoffs beweisen: Er hat die richtige Entscheidung getroffen. Spiel 1 der NBA Finals zeigte, dass er noch immer entscheidend für den Erfolg seiner Mannschaft ist.

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Erstes Viertel, 11:10 für Miami, erste Auszeit San Antonio. Der kurz zuvor eingewechselte Manu Ginobili übernimmt den Spielaufbau, setzt Tim Duncan für einen Layup in Szene. 30 Sekunden später hat Manu erst LeBron James den Ball geklaut, um dann vorne per Dreier zu treffen. Wieder 30 Sekunden später: Ein Block gegen Dwyane Wade, ein weiterer Dreier. 18:13 für San Antonio, erste Auszeit Miami.

Manu hat keine Zeit zu verlieren, das wird von Anfang an deutlich. Die Spurs sinnen alle auf Revanche gegen die Heat, für Ginobili steht auch persönliche Genugtuung auf dem Spiel. Sein Fokus ist klar erkennbar, er attackiert, passt, verteidigt und punktet wie zu besten Zeiten.

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Dabei ist ihm auch die Hitze, die nicht wenigen Spielern und Zuschauern in der Halle zu schaffen macht, völlig egal. "Ich habe in meiner Karriere mehr Spiele in so einer Hitze absolviert als Spiele in klimatisierten Hallen. Kein Thema."

16 Punkte, 11 Assists, 5 Rebounds und 2 Steals stehen am Ende für Manu zu Buche, in 32 Minuten Spielzeit. Ins Auge stechen dabei vornehmlich die Assists, doch es ist das Komplettpaket an Spielwitz und Cleverness, das die Heat vor so große Probleme stellt.

Ginobili ist in Spiel 1 genau der Spieler, der NBA-Verteidigungen seit nunmehr zwölf Saisons vor Probleme stellt mit wilden Drives, toller Übersicht und einem Händchen dafür, in den wichtigsten Momenten eines Spiels heiß zu laufen. Ein Spieler, bei dem man sich vor einem Jahr nicht sicher sein konnte, ob man ihn auf der NBA-Bühne überhaupt noch einmal zu sehen bekommt.

Vor dem Ende?

11,6 Punkte bei nur 43 Prozent aus dem Feld und 25 Prozent von der Dreierlinie legt Ginobili in den Finals 2013 auf, dazu kommen 22 Turnover (8 davon in Spiel 6!). Die ganzen Playoffs über sind es bloß 40 Prozent aus dem Feld, das Karriereende scheint auf einmal schrecklich nah. Wenn Experten von San Antonios Big Three sprechen, ist auf einmal Kawhi Leonard der Dritte im Bunde - nicht mehr Ginobili.

Nur in Spiel 5 gelingt es ihm einmal, die Zeit zurückzudrehen: 24 Punkte und 10 Assists legt er beim letzten Spurs-Sieg der Serie auf. Das Spiel wird fortan als "Manus Last Great Game" bezeichnet, der kollektive Abgesang für einen der unterhaltsamsten Spieler des letzten Jahrzehnts bereits angestimmt.

Ginobili selbst ist damals mehr als unsicher, ob er den Spurs noch helfen kann und ob er überhaupt noch weiterspielen will. Es bedarf einiges an Überredungsarbeit von Tony Parker, Duncan und Gregg Popovich, bis er einen neuen Zweijahresvertrag unterschreibt.

"Ich war gesund"

Die Saison bleibt für ihn bis heute ein rotes Tuch. "Ich habe es jetzt bestimmt schon 3.000mal gesagt", äußert er vor Spiel 1 genervt, "ich hatte eine schlechte Saison. Ich war gesund, aber mental nicht immer auf der Höhe."

Die Kritik nagt damals an Ginobili, auch nach seiner Vertragsunterzeichnung braucht er noch Zeit. "Er musste sich den Sommer frei nehmen", weiß sein Freund Parker, mit dem er seit Ewigkeiten zusammenspielt.

Es hilft. Schon während der regulären Saison zeigt sich Manu gegenüber dem Vorjahr verbessert, in den Playoffs legt er dann trotz einer schwachen Serie gegen die Blazers noch eine Schippe drauf: 14,4 Punkte, 4,4 Assists, 3,4 Rebounds und 1,8 Steals produziert er pro Spiel, obwohl er nur 25 Minuten auf dem Parkett steht.

"Er hat ein Bounce-Back-Year gehabt", sagt Parker vor Spiel 1. "Er hat wieder großartigen Basketball gespielt. Er hat uns die ganze Saison über diesen Schub von der Bank gebracht. Geht davon aus, dass er das auch in den Finals tun wird."

Nur auf den Sieg konzentriert

Der Franzose hat vorerst Recht behalten. Mit knapp 37 Jahren ist Ginobili noch immer in der Lage, ein Spiel entscheidend zu beeinflussen. Er ist nicht mehr so schnell wie früher und spielt nur reduzierte Minuten, sein Impact ist dank seiner immensen Spielintelligenz trotzdem unverkennbar.

Das lässt sich am besten am Net-Rating ablesen - also der Punktedifferenz per 100 Ballbesitze, wenn Ginobili auf dem Court steht. Sein Wert von 12,3 ist hier hinter Ray Allen der zweithöchste Wert der gesamten Playoffs für Spieler, die mehr als 20 Minuten pro Partie auf dem Parkett stehen. Sein Plus-Minus-Wert über 19 Playoff-Spiele beträgt schwindelerregende +120.

Freilich ging es für Ginobili noch nie um Zahlen. Es geht ums Gewinnen, um Wiedergutmachung, um das Auslöschen einer hässlichen Erinnerung. Trotz aller Titel, die er schon gesammelt hat, spukt ihm die letztjährige Niederlage immer noch im Kopf herum.

X-Faktor der Serie

"Das waren letztes Jahr sehr harte Playoffs. Trotz allem waren wir so nah dran", blickt der Shooting Guard zurück, "das war das Frustrierende. Nicht meine eigenen Leistungen, sondern die Kombination. Ich will jetzt einfach dem Team helfen. Punkte, Quoten, sowas ist mir alles egal. Wir wollen jetzt einfach nur noch gewinnen."

San Antonio Spurs vs. Miami Heat: Hier geht's zum BOXSCORE

Die Chancen dafür stehen wohl nicht schlecht. Hält Manu sein Niveau, ist Popovich um eine verlässliche Waffe reicher als im letzten Jahr. Seine Passfähigkeiten im Pick'n'Roll und seine Drives sind nicht nur für die Second Unit, sondern auch für die Crunchtime eminent wichtig gegen Miamis aggressives Trapping in der Defense, zumal er Parker als Ballhandler besser entlastet als jeder andere.

Gut einen Monat vor seinem 37. Geburtstag steht Ginobili wie so oft in seiner Karriere auf dieser ganz großen Bühne, die er liebt. Wie so oft ist sein Spiel einer der entscheidenden Faktoren über den Ausgang der Serie. Man stelle sich nur vor, er hätte wirklich schon aufgehört.

Die Playoffs im Überblick