NBA

Leonard wird zu LeBrons Alptraum

Von Marc-Oliver Robbers
LeBron James erzielte gegen die San Antonio Spurs zum dritten Mal in Serie weniger als 20 Punkte
© getty

LeBron James zeigte in Spiel 3 gegen die San Antonio Spurs eines seiner schwächsten Karriere-Spiele. Gegenspieler Kawhi Leonard mutiert zum Alptraum. Auch die Michael-Jordan-Vergleiche werden zum Bumerang. Die Spurs bangen dagegen um Tony Parker.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Es war die reinste Coming-Out-Party, die sich im AT&T Center abspielte. Drei Rollenspieler, die nie zuvor auf so einer Bühne auf sich aufmerksam machten, stellten alle Stars in den Schatten. Die Big Three der Spurs wird es freuen, aber für die ohnehin gescholtenen Superstars der Heat könnte diese Demontage Wirkung zeigen.

LeBron James erlebte dabei einen der schwärzesten Abende in seiner Karriere. 29 Minuten lang hatte er Kawhi Leonard als Gegenspieler und wurde dabei vom Sophomore richtiggehend entnervt.

LeBrons wieder unter 20-Punkte-Markte

Nicht nur, dass Leonard den besten Spieler der Welt fast komplett vom Korb fernhielt und zu schweren Jumpern zwang, nein, er schaffte es auch, James zu beeindrucken. Der MVP war ungewöhnlich gehemmt und erzielte nunmehr die dritte Partie in Serie weniger als 20 Punkte.

Diskutiere mit NBA.de bei Twitter über die Finals - unter dem Hashtag #NBAdeFinals!

Das passierte ihm das letzte Mal 2011 in den Finals, aber auch 2007. Gegner damals waren ebenfalls die Spurs. Die Serie endete mit einem Sweep und LeBrons Ansage, dass er "zehnmal besser werden müsste". Mit dieser Aussage konfrontiert, versprach der King vor Beginn der Finals: "Ich bin jetzt ein viel besserer Spieler. Ich bin 20-, 40-, 50-mal so gut wie 2007."

Diesen Beweis blieb er bei einem Punkteschnitt von 16,3 Zählern bisher schuldig. "Es ist ganz einfach. Ich muss einfach mehr machen, offensiv wie defensiv. Ich hatte heute Abend einige offene Würfe, aber sie gingen nicht rein, aber ich muss in der Lage sein, mehr Plays für mein Team zu kreieren", erklärte James.

Jordan-Vergleiche kommen wieder auf

Der Forward schaffte es kein einziges Mal an die Freiwurflinie, sein Plus/Minus-Rating von -32 war das schlechteste in seiner gesamten NBA-Karriere. Zahlen, die Kritikern wie Dennis Rodman neue Nahrung geben. 18-mal stand James in einem Finale auf dem Feld, neunmal erzielte er dabei weniger als 20 Punkte. Zum gerne gezogenen Vergleich: Michael Jordan erzielte in jedem seiner 35 Finalspiele mindestens 20 Punkte.

James' Passivität war erschreckend, aber vor allem erzwungen. Jeden einzelnen Wurf musste er sich hart erkämpfen. Einfache Korbleger ließen die Spurs nicht zu. Und selbst die Midrange-Jumper, die San Antonio ihm ließ, waren richtig schwierig. 2 von 14 betrug seine Quote außerhalb der Zone, aus der Isolation heraus traf er gar nicht (0/6).

Bezeichnend allerdings, dass der Heat-Star 9 seiner 15 Punkte erzielte, als Leonard eine Verschnaufpause bekam. Ansonsten bleibt die Zone für den Superstar in den Finals bisher verschlossen. Tim Duncans Präsenz untern den Brettern schüchtert zusätzlich ein. James zieht in den Finals rund viermal weniger zum Korb als in der Regular Season.

Zweckoptimismus bei James

LeBron flüchtete sich nach dem Spiel in Zweckoptimismus, nahm die Pleite aber auch auf seine Kappe: "Ich werde besser spielen. Ich kann nicht so spielen und erwarten, dass wir gewinnen. Wenn ich besser bin, sind wir besser und ich muss einfach besser sein. Ich nehme alles auf meine Schulter. Meine Teamkollegen machen einen großartigen Job, aber ich habe meinen Part nicht erfüllt."

Dwyane Wade (16 Punkte) scheint seine Knieprobleme in den Griff bekommen zu haben. Der strauchelnde Guard übernahm gerade in der ersten Hälfte das Kommando, brach aber nach der Pause genauso ein.

Gegen den Dreierregen von Gary Neal (6/10) und Danny Green (7/9) war der Meister machtlos. Am Ende standen 16 Spurs-Treffer von Downtown bei einer Quote von über 50 Prozent. Beeindruckend und gleichzeitig Finals-Rekord.

Coach Spoelstra ist sauer

Die jetzige Diskussion um James dürfte Wade sehr bekannt vorkommen. Vor wenigen Wochen drehten sich alle Fragen noch um seine schwachen Leistungen. Und so reagierte der Guard auch äußerst dünnhäutig, als ihm die Frage nach LeBrons Gesundheitszustand gestellt wurde. "Er ist nicht krank. Ich weiß es nicht. Ich glaube, er ist bei 100 Prozent. Kann er nicht mal einen schlechten Tag haben?"

"Wir haben bekommen, was wir verdient haben", sagte dann auch Heat-Coach Erik Spoelstra sichtlich angefressen auf der Pressekonferenz. "Sie sind in einen unglaublichen Rhythmus gekommen, selbst im ersten Viertel. Sie haben jeden Wurf bekommen, den sie wollten. Wir haben sie nicht gestört. Und dann waren sie im Flow."

Spoelstra bemängelte die Einstellung bei der Perimeter-Defense und beim Rebounden. "Es ist doch offensichtlich. Sie haben mit mehr Engagement und fokussierter gespielt. Die Teams, die das machen, bekommen in der Regel auch das, was sie wollen. Sie haben uns besiegt und uns deklassiert."

Rollenspieler kommen groß raus

Dass es nicht Duncan und Co. waren, die für die Demontage sorgten, ist wieder einmal ein Beweis für das feine Näschen von Coach Pop. Neal spielte bis vor drei Jahren noch bei Unicaja Malaga in der spanischen Liga, Green schaffte es in LeBrons Cavaliers-Team nicht über eine Reservistenrolle hinaus und Leonard kam im Vorjahr als später Erstrundenpick nach Texas.

"Als Profi musst du immer bereit sein. Du weißt nie, wann deine Nummer aufgerufen wird", berichtete Neal auf der Postgame-Pressekonferenz: "Es ist wichtig, in den Rhythmus zu kommen. Das ist das Wichtigste überhaupt als Shooter, gerade wenn du von der Bank kommst. Wenn du dann 2-3 Minuten vor Ende des ersten Viertels eingewechselt wirst, hast du keine Zeit, dich warmzuschießen."

Coach Popovich erteilte seinen Schützen die Erlaubnis zum Schießen. "Pop hat einen guten Job gemacht, indem er uns sagte, dass wir die Würfe einfach fliegen lassen sollen und meine Teamkollegen haben mich gesucht und mich ermuntert, jedes Mal zu schießen, wenn ich offen war", lobte Green.

Der dritte, der den Abend der Role Player abrundete, ist diesem Status schon fast entwachsen. Leonard stoppte im Verbund mit Green wieder einmal James und gilt in seinem zweiten Jahr schon längt als einer der besten Verteidiger der Liga.

Er entwickelt sich immer mehr zum Alptraum des Superstars. Ein Alptraum in jeder Kategorie. Der Spurs-Forward sammelt beständig Rebounds, ist ein überragender Balldieb und versteht es auch, seine Mitspieler in Szene zu setzen.

Sorgen um Parker

Gutes Ball-Movement zeichnete unterdessen das gesamte Spiel der Texaner aus. Von Beginn an bewegten sie den Spalding besser durch die Reihen und fanden dadurch immer wieder den offenen Mann am Perimeter. Tony Parker, der angeschlagen in die Partie ging, beschränkte sich auf die Rolle des Ballverteilers und überließ so den Teamkollegen die große Bühne.

Ohnehin ist es bemerkenswert, dass Parker, Duncan und Manu Ginobili mit nur 25 gemeinsamen Punkten erneut einen Minusrekord in einer Playoffpartie aufstellten, es aber dieses Mal niemanden interessierte. Vielmehr stand am Ende der 100. Playoffsieg der drei Spurs-Legenden zu Buche. Nur das Lakers-Trio Magic Johnson, Kareem Abdul-Jabbar und Michael Cooper hat zusammen mehr Playoffpartien (110) gewonnen.

Ob am Freitag Sieg 101 angegangen werden kann, ist noch fraglich. Parker verletzte sich am hinteren rechten Oberschenkel. "Ich habe etwas in meinem Oberschenkel gefühlt und weiß es nicht. Ich habe keinen Plan. Wir werden morgen einen Kernspin machen und hoffentlich ist es nichts Großes", erklärte der Franzose nach Spielende und hofft, dass es sich nur um eine Verhärtung handelt. Wenn nicht, erleben wir vielleicht den nächsten Rollenspieler mit einem großen Abend.

Ergebnisse und Spielplan im Überblick

Artikel und Videos zum Thema