NBA

"Die Knicks sind kein Championship-Team"

Von SPOX
"ESPN"-Experte Tim Legler (r.) und die NY-Troika: Anthony, Chandler, Stoudemire (v.r.)
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Sind die New York Knicks dank der Verpflichtung von Tyson Chandler jetzt der Topfavorit im Osten? Haben die Clippers in Los Angeles die großen Lakers überholt? Haben Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks in der Offseason alles richtig gemacht? Stehen die Portland Trail Blazers vor dem Nichts? Und ist die NBA dank Commissioner David Stern zu einer Witzliga verkommen? Mit Tim Legler, "ESPN"-Experte und Ex-NBA-Profi, diskutieren die SPOX-Redakteure Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann die wichtigsten Thesen vor dem Saisonstart.

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These: Die Clippers haben die Lakers überholt.

Tim Legler: Ich halte es absolut für möglich, dass die Clippers nicht nur mehr Regular-Season-Siege als die Lakers einfahren werden, sondern dass sie auch in den Playoffs für Furore sorgen könnten. Diese Chance haben sie. Die Lakers haben dagegen einen Schritt zurück gemacht. Seien wir ehrlich: Sie haben Lamar Odom verloren und sie haben keine einzige große Verstärkung holen können. Sie haben sich nicht verbessert, weder durch einen bedeutenden Free Agent noch durch einen Trade. Außerdem muss sich das Team auf Mike Brown als neuen Head Coach einstellen, da bin ich auch mal gespannt, wie die Mannschaft auf ihn reagiert. Die Clippers haben einige Veteranen ins Team geholt, sie haben große Führungsqualitäten auf der Point-Guard-Position - und sie haben neben Blake Griffin noch einige gute Talente. Sie können gewinnen, und zwar sofort. Das ganze Gerede von der Teamchemie und dergleichen, ich glaube nicht, dass sie auf irgendetwas warten müssen. Sie werden sofort auf einem hohen Niveau sein und Spiele gewinnen.

Florian Regelmann: Ich sehe das ein bisschen anders, Tim. In Sachen Highlight-Reel-Plays im ESPN SportsCenter werden die Clippers vorne liegen, klar, aber sonst auf gar keinen Fall. Es gibt wenig, was mich im Sport generell so auf die Palme bringt, wie wenn Teams unfassbar gehyped werden, die noch gar nichts gewonnen haben. Kann sich jetzt jeder denken, wen ich da noch meinen könnte. Das wollen wir also doch dann erst mal sehen, was die Clippers machen, wenn es in den Playoffs in die Crunchtime geht. Ich finde es schon sehr befremdlich, wie die Lakers von vielen abgeschrieben oder für tot erklärt werden. Da kann ich nur den Kopf schütteln. David Stern hat ihnen übel mitgespielt, dazu kommen wir ja später noch, aber dennoch haben die Lakers nach wie vor ein Team von Championship-Kaliber zusammen. Kobe, Pau und Bynum sind ein besseres Trio als CP3, Blake und DeAndre Jordan. Punkt. Die Lakers haben auch viel mehr Leadership und Erfahrung. Und die Lakers sind heiß nach dem Playoff-Desaster. Sobald Dwight Howard bei den Lakers ist, können wir die ganze Diskussion sowieso beenden. Und Dwight Howard wird bei den Lakers landen, davon bin ich überzeugt.

Haruka Gruber: Aufgeholt: ja. Auf gleicher Höhe: vielleicht. Aber überholt: nein. Ich verstehe, dass die Lakers in der Wahrnehmung sehr viel eingebüßt haben, aber wie Kollege Regelmann schon sagt: So schlecht sind sie auch wieder nicht. Sie haben immer noch Kobe, Bynum, Gasol und Metta World Peace, dazu wurde mit Murphy ein langsamer, dafür wurfstarker Big Man mit überragendem Rebounding geholt. Und die Clippers? Paul und Griffin zusammen sind der Wahnsinn - und dann? Butler für 9 Millionen Dollar pro Jahr zu verpflichten und mit DeAndre Jordan für 11 Millionen Dollar pro Jahr zu verlängern ist genauso Wahnsinn - aber im negativen Sinne. Man könnte argumentieren, dass die Clippers wenn nicht in diesem, dann spätestens im nächsten Jahr die Lakers überholen, aber auch das sehe ich nicht. Zum einen haben die Lakers bewiesen, dass sie aus jeder Enttäuschung gestärkt hervorgehen und extrem gut darin sind, sich neu aufzustellen. Zum anderen sind die Clippers, unabhängig von aktuellem Kader und aktuellem Trainer, einfach eine Loser-Franchise. Das ist etwas, das tief in deren Kultur verwurzelt ist und nicht mit einem Trade einfach so verändert werden kann. Dieser Prozess wird länger als ein, zwei Jahre dauern.

Philipp Dornhegge: Ich bin im Gegensatz zu meinen beiden Kollegen hier ganz bei Dir, Tim. Keine Frage: Kobe, Gasol, Bynum, Fisher, Artest sind Playoff- und Championship-erprobte Spieler. Aber vier von ihnen sind auch nicht mehr die Jüngsten. Und trotzdem werden sie in diesem Jahr, in dem der Kalender unheimlich komprimiert ist, extrem viele Minuten spielen müssen. 66 Spiele in rund 120 Tagen sind für kein Team ein Pappenstiel, und gerade für eine dünne Rotation wie die der Lakers könnte es im Laufe der Saison knüppeldick kommen. Im letzten Jahr hat man klar gesehen, dass vor allem Schnelligkeit und Athletik fehlen, um die alternden Stars zu entlasten. Beides fehlt immer noch. Die Clippers sind für mich das genaue Gegenteil: Sie haben mit dem Trade für Paul nicht nur ihr Image auf einen Schlag aufpoliert und sind plötzlich DAS Must-See-Team. Ich gehe davon aus, dass so ziemlich alle Auswärtsspiele ausverkauft sein werden. Die Clippers sind jung, athletisch hoch zehn und haben jetzt auch noch einen Floor General, der alle Spieler noch ein bisschen besser machen wird. Klar, das Verletzungsrisiko ist angesichts der Vorgeschichten von Paul, Griffin und Butler nicht von der Hand zu weisen. Aber das gilt für Kobe und vor allem Bynum genauso. Wenn wir davon ausgehen, dass beide Teams unbeschadet durch die Saison gehen, sind die Clippers für mich schlicht und ergreifend das bessere Team.

These 2: Die Knicks sind mit Chandler der Ost-Topfavorit.

These 3: Blazers stehen nach dem Roy-Rücktritt vor dem Nichts.

These 4: Mark Cuban und die Mavs haben alles richtig gemacht.

These 5: Die NBA ist dank David Stern zur Witzliga verkommen.

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