MLB

Comeback Cards sind Champion!

Von Björn Thar
Die St. Louis Cardinals sind zum elften Mal MLB-Champion
© Getty

Die St. Louis Cardinals besiegen die Texas Rangers in Spiel 7 der World Series mit 6:2 und krönen sich nach einem magischen Run zum neuen MLB-Champion. David Freese stellt einen Playoff-Rekord auf und wird zum MVP gewählt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Während St. Louis im ersten Game 7 einer World Series seit 2002 (Angels over Giants) den elften Titel der Klubgeschichte holte, muss Texas weiter auf seine erste World Series in der 51-jährigen Franchise-Geschichte warten. Die Rangers, die seit August nicht mehr zwei Spiele in Serie verloren hatten, sind das erste Team seit den Atlanta Braves (1991, 1992), das zweimal in Folge die World Series verloren hat (1-4 gegen San Francisco letzte Saison).

Es war das neunte Mal in Folge, dass das Heimteam Spiel 7 der World Series gewonnen hat. Weil die National League das All-Star-Game für sich entschied, hatten die Cardinals dieses Heimrecht. Und ironischerweise war es ein Rangers-Pitcher (C.J. Wilson), der beim All-Star-Game der Losing-Pitcher war.

Reaktionen:

Tony La Russa (Cardinals-Manager): "Es ist schwer zu erklären, wie das alles passiert ist. Wenn man sich die Baseball-Geschichte anschaut, sieht man, dass Teams immer wieder zurückkommen."

Albert Pujols (Cardinals): "Ich denke, dass es alles im letzten Monat der Regular Season begonnen hat. Wir sind heiß gelaufen, ganz verschiedene Leute haben wichtige Hits gelandet. Wir haben das Momentum mit in die Playoffs genommen. Und jetzt stehen wir hier, als World Champions!"

... über seine Free Agency: "Daran denke ich im Moment noch nicht. Ich will jetzt unsere Championship feiern. Ich werde mich zu gegebener Zeit damit beschäftigen."

Ron Washington (Rangers-Manager): "Der Titel war in Spiel 6 in greifbarer Nähe für uns, aber wir haben es einfach nicht geschafft. Wir haben hart gekämpft, aber es hat nicht gereicht."

Adrian Beltre (Rangers): "Es ist kein schönes Gefühl, wenn man so nahe dran war. Wenn wir die Serie klar in vier Spielen verloren hätten, wäre es einfacher zu verkraften. Aber wir waren nur einen Strike entfernt, es wird schwer, das zu vergessen."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem First Pitch: Die Cardinals können auch aufgrund der regenbedingten Verlegung von Game 6 in Spiel 7 auf ihren Superstar-Pitcher Chris Carpenter setzen. Auf Seiten der Texaner wird Catcher Mike Napoli mit einem getapten linken Fuß ins Spiel gehen, nachdem er im letzten Spiel heftig umgeknickt war.

Top 1: 1 Aus, 1st Base besetzt: Josh Hamilton schlägt ein RBI-Double ins rechte Außenfeld und bringt die Rangers auf das Scoreboard. Michael Young tut es ihm gleich. 2:0 Rangers.

Bottom 1: 2 Aus, 1st, 2nd besetzt: Rangers-Pitcher Matt Harrison lässt Albert Pujols und Lance Berkman walken. David Freese, wer sonst, schlägt einen langen Ball ins linke Außenfeld genau zwischen die beiden Outfielder Murphy und Hamilton. Two-Run-Double. 2:2.

Bottom 3: 1 Aus: Allen Craig, der nur in der Lineup ist, weil Matt Holliday (Handgelenk) verletzt ausfällt, schlägt einen Solo-Homerun in die Tribüne hinter dem rechten Außenfeld. 3:2 Cardinals.

Top 5: 1 Aus: Hamilton schlägt einen Pop-Up, der auf Höhe der dritten Base im Foul-Territorium runter kommt. Freese geht bis zur Zuschauerbegrenzung, lehnt sich rüber und macht einen überragenden Catch. Weiter 3:2 Cardinals.

Bottom 5: 2 Aus, 2nd, 3rd besetzt: Pitcher-Wechsel bei Texas: Scott Feldman kommt für Harrison. Freese ist den Rangers zu gefährlich. Er darf durch einen Intentional Walk auf die erste Base vorrücken. Alle Bases sind besetzt, der Tisch ist gedeckt für Yadier Molina. Doch auch er kommt nicht zum Schlagen. Feldman riskiert zu viel und wirft vier Balls. Durch den Walk kommt Craig durch. Die Rangers wechseln ihren Pitcher erneut. C.J. Wilsons erster Pitch trifft Furcal - der nächste Runner kommt nach Hause. 5:2 Cardinals.

Bottom 7: 1 Aus, 1st, 2nd besetzt: RBI-Single für Molina. Er schlägt einen Groundball über die zweite Base. Berkman kommt nach Hause, Freese rückt auf die zweite Base vor. 6:2 Cardinals.

Top 9: Cardinals-Closer Jason Motte macht den Sack mit einem perfekten Inning zu. David Murphy schlägt einen Fly Ball ins Left Field, Craig macht den Catch. St. Louis ist Champion!

Der Star des Spiels: MVP David Freese. St. Louis' Third-Baseman war auch in Spiel 7 der entscheidende Mann. Nach dem frühen 0:2-Rückstand im ersten Inning brachte Freese die Cardinals zurück ins Spiel. Im fünften Inning machte der Hometown Hero mit einem guten Catch auch in der Defensive auf sich aufmerksam, als er einen Pop-Up von Hamilton im Foul-Territorium wegfing. Die Rangers hatten in der Folge keine Lust mehr auf Freese und ließen ihn absichtlich walken. Als St. Louis 2006 zum letzten Mal Champion wurde, hieß der MVP überraschend David Eckstein (8/22).

Dieses Mal machte Freese (8/23), der ja schon der NL Championship MP war, den Eckstein, er war nur noch mal eine ganze Ecke unfassbarer. Man muss es sich mal vorstellen, was Freese in drei aufeinander folgenden At-Bats in Spiel 6 und 7 leistete: Two-Run-Triple zum Ausgleich, Homerun zum Sieg, Two-Run-Double zum Ausgleich. Mit 21 RBIs stellte er einen neuen Playoff-Rekord auf.

Der Flop des Spiels: Scott Feldman. Im fünften Inning kam der Pitcher für Harrison ins Spiel und brachte die Rangers in die Bredouille, obwohl er nur zu fünf Battern pitchte. Das Resultat: Zwei Ground-Outs, ein Hit-by-Pitch und drei Walks. Noch im selben Inning wurde er wieder ausgewechselt. Außerdem zu betonen: Adrian Beltre und Nelson Cruz spielten überragende Playoffs, aber in Spiel 7 kam von beiden nichts: zusammen 0/7!

Die Starting Pitcher:

Chris Carpenter (St. Louis): Pitchte nach nur drei Tagen Pause und hatte von Beginn an Schwierigkeiten ins Spiel reinzukommen. In den ersten beiden Innings konnten die Leadoff-Batter Hits setzen. Schon im zweiten Inning gab es den ersten Mound-Visit. Im dritten Inning warf er Beltre ab, dies hatte aber keine Folgen. Erst im vierten Inning zeigte St Louis' Ace, was es wirklich drauf hat. Bis zum Anfang des siebten Innings ließ Carpenter keine Runs mehr zu, dann wurde er ausgewechselt. Unter Standing Ovations. Seine Stat-Line: 6 IP, 6 Hits, 2 ER, 5 Strikeouts, 2 Walks.

Matt Harrison (Texas): Auch der Starting-Pitcher der Rangers hatte zu Beginn der Partie Schwierigkeiten. Pujols und Berkman ließ er walken. Freese kam danach und bestrafte ihn mit einem Two-Run-Double. Im dritten Inning ließ er einen Homerun gegen Craig zu. Es war schon der zweite Homerun gegen Craig in der World Series. In Gegensatz zu seinem Gegenüber konnte sich Harrison im Verlaufe des Spiels nicht mehr steigern und wurde schon früh im fünften Inning durch Feldman ersetzt. Seine Stat-Line: 4 IP, 5 Hits, 3 ER, 1 Strikeout, 2 Walks.

Der Crew-Chief-Umpire:

Jerry Layne: Der Horror eines jeden Pichters ist es, wenn der Umpire die Strike-Zone so klein hält, dass man den Battern die Bälle quasi auf dem Silbertablett servieren muss. Genau das tat Crew Chief Jerry Layne in den ersten Innings, woran sich besonders Cardinals-Pitcher Carpenter die Zähne ausbiss. Zu oft zielte er auf die Corners und bekam dafür keinen Strike zugesprochen. Im fünften Inning machte Layne zwei verschiedene Calls auf den gleich platzierten Pitch, als er erst gegen Molina einen Strike gab und ihn beim nächsten Picht walken ließ. Eine eher durchschnittliche Leistung des Routiniers.

Analyse: Und täglich grüßt das Murmeltier: Die Texas Rangers müssen sich wie in einem schlechten Film gefühlt haben. Wieder starteten die Texaner gut in die Partie. Doch zum wiederholten Male konnten die Cardinals kontern. Im Gegensatz zum sechsten Spiel konnten die Cardinals aber bereits im dritten Inning in Führung gehen.

Anders als in den bisherigen Partien spielte Texas mit einer veränderten Taktik. Oft versuchte man durch Bunts die Runner in Scoring-Position zu bringen, anstatt sich auf vernünftige Schläge zu konzentrieren. Das Resultat war, dass die Runner zwar in eine Scoring-Position kamen, in dieser aber verhungerten.

Schnell verlor Texas dadurch die Übersicht. Unbemerkt schlichen sich die Cardinals davon, so dass Texas keine Chance mehr hatte zu taktieren, sondern Risiko gehen musste. Durch zwei unsinnige Pitcher-Wechsel der Rangers im fünften Inning gelang es St. Louis, den Vorsprung auf 5:2 auszubauen - ein Vorsprung, der für die Rangers nicht mehr aufzuholen war.

Am Ende wurde es dann doch nichts mit der ersten World Series für die Texaner, die zwar gute Chancen hatten, den Titel zu gewinnen, diese aber während der gesamten Serie fahrlässig liegen ließen. So ist der Sieg für die Comeback Cards durchaus verdient, die als Stehaufmännchen erst die Liga aufgemischt haben und später diesen Ruf in der World Series eindrucksvoll untermauert haben.

Man muss es zum Abschluss noch einmal sagen: Diese Cardinals hatten im August 10,5 Spiele Rückstand auf einen Playoff-Platz und sind nur am letzten Tag der Regular Season noch in die Postseason gerutscht, weil die Atlanta Braves komplett zusammengebrochen sind und alle Spiele verloren haben. Dann gewinnt St. Louis in Runde eins Spiel 5 in Philadelphia mit 1:0, weil Carpenter in einem Pitcher-Duell für die Ewigkeit einen Tick besser war als Roy Halladay.

Es war insgesamt eine unglaubliche World Series. Weil die großen Big-Market Teams fehlten, dachte man vorher, dass die Serie vielleicht eher langweilig werden würde. Aber von wegen. Von Inning zu Inning wurde die World Series 2011 nur noch unfassbarer. Eine Zeitungs-Sonderausgabe in St. Louis titelte einfach nur: "Wow!" Besser kann man es nicht zusammenfassen.

Alle Ergebnisse der Playoffs