NBA

Der Michael Jordan der Türkei

Von Hansjürgen Mai
Hedo Türkoglu gewann 2001 bei der Basketball-EM die Silbermedallie mit der Türkei
© Getty

Die Orlando Magic stehen nach 14 Jahren wieder in den NBA Finals. Grund für diesen Erfolg ist unter anderem die magische Verwandlung des Hedo Türkoglu.

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Runde 1 der NBA-Playoffs 2009. Spiel vier zwischen den Philadelphia 76ers und den Orlando Magic. Auf der Uhr sind noch 14,8 Sekunden. Hedo Türkoglu bekommt den Ball, die Uhr tickt, er dribbelt auf die rechte Seite und stoppt auf Höhe der Dreierline ab.

Noch vier Sekunden, Hedo macht einen Crossover durch die Beine und drückt unvermindert ab, mitten ins Gesicht von Verteidiger Thaddeus Young. Swish...nothing but net. Hedo Türkoglu gewinnt mit diesem Dreier das Spiel für die Magic und gleicht die Serie zum 2-2 aus.

MJ vom Bosporus

Hedo Türkoglu erhielt bereits vor vielen Jahren den Spitznamen "Michael Jordan der Türkei." Aber nach sieben Jahren in der NBA erinnerte er - wenn überhaupt - an den Michael Jordan der Washington Wizards. Alt, langsam und erfolglos.

Es war das Jahr 2007 und Türkoglu 28 Jahre alt. Für die Orlando Magic erzielte er damals durchschnittlich 13,3 Punkte. Bis dato hatte er es nie auf mehr als 15 Punkte pro Spiel in einer Saison gebracht - nicht wirklich Air Türkoglu.

Doch zwei Jahre später spielt Hedo den besten Basketball seines Lebens und hat damit großen Anteil, dass die Orlando Magic zum zweiten Mal nach 1995 das NBA-Finale erreichten.

Point Guard oder Small Forward?

Türkoglus Erfolgsrezept? "Ich bin zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich habe einen Trainer, der mir viel Selbstvertrauen gibt und Mitspieler, die mir vertrauen und an mich glauben. Somit gibt es nur eine Sache, die ich tun kann - raus gehen und so gut wie möglich meinen Job erledigen."

Der Name des Trainers lautet Stan Van Gundy. Dieser hat es geschafft, Hedos Spiel auf ein neues Niveau zu bringen.

Van Gundy sah in dem 2,08 Meter großen Flügelspieler eine Art Point Forward und nahm ihn 2004 als Free Agent unter Vertrag. Türkoglu kann den Ball nach vorne bringen und ist zugleich auch ein äußerst gefährlicher Distanzschütze.

Das Jahr 2007

Doch erst 2007, nach dem Abgang von Grant Hill (Phoenix Suns) und des jungen Trevor Ariza (L.A. Lakers), bekam Türkoglu mehr Spielzeit.

Magic-Coach Van Gundy gab seinem neuen Starter eine einfache Anweisung: "Schieß sobald sich die Chance ergibt." Das Resultat ist ein Dreierschütze, der aufgrund seiner Größe kaum zu verteidigen ist. In der vergangenen Saison konnte sich Türkoglu den Titel des "Most Improved Player" sichern. Sehr ungewöhnlich, für einen Spieler seines Alters.

Türkoglu kam 2007/2008 auf durchschnittlich 19,5 Punkte, 5,7 Rebounds und 5,0 Assists pro Spiel. Alles neue Karrierbestmarken. Diese Saison kam er auf 16,8 Punkte, 5,3 Rebounds und 4,9 Assists. In den Playoffs zeigte sich zudem seine Vorliebe für spielentscheidende Würfe in der letzten Sekunde. A la Michael Jordan.

"Bis auf die letzten zwei Jahre hat Hedo nie wirklich die Chance bekommen, ein Schlüsselspieler zu sein. Jetzt hat er in den entscheidenden Phasen eines Spiels den Ball in seinen Händen und kann dadurch Spielzuge für sich oder seine Mitspieler kreieren", so Van Gundy.

Zwei Typen von NBA-Spielern

"Meiner Meinung nach gibt es zwei Arten von Spielern in der Liga", so Van Gundy weiter. "Auf der einen Seite jene, die egal wo und in welchem System sie spielen immer großartige Leistungen bringen - Kobe Bryant, Dwanye Wade, Paul Pierce, LeBron James. Und es gibt jene, die richtig aufblühen, wenn sie in einem System spielen, das zu ihren Fähigkeiten passt. Wie eben ein Hedo Türkoglu."

In Spiel zwei der NBA-Finals erzielte Turkoglu 22 Punkte bei einer Wurfquote von 47 Prozent. Doch fehlte bei den Magic neben Glück auch die Unterstützung von der Bank. Allein Lakers-Power-Forward Lamar Odom, der ebenfall von der Bank kam, erzielte mehr Punkte als alle Magic-Ersatzspieler zusammen - 19:17.

Dies muss sich schleunigst ändern, sonst droht den Magic der nächste Finals-Sweep nach 1995. Spiel drei findet in der Nacht zum Mittwoch (3.00 Uhr MESZ) in Orlando statt.

Der Klassenclown

An Türkoglus Lockerheit wird es nicht scheitern. Laut seinen Mannschafts-Kameraden ist Hedo der Spaßvogel in der Kabine. Ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann. Als Tony Battie, ein langjähriger Weggefährte, gebeten wurde, seinen Mitspieler zu beschreiben, begann er zu schmunzeln.

Er erzählte, das Hedo gerne die Rolle des "dummen Ausländers" mimt und so tut, als würde er nichts verstehen.

"Wenn im Training etwas besprochen wird, kommt er meistens kurze Zeit später auf einen zu und fragt: Was hat der Coach gesagt? Und man nimmt ihm wirklich ab, dass er nichts verstanden hat. Aber sobald man dann anfangen will zu erklären, folgt auch schon ein Augenzwinkern."

Die NBA-Finals im Überblick