Kommentar zum DEB-Team bei Olympia: Kein Spiegelbild des deutschen Eishockeys

Deutschland hat bei Olympia 2018 Silber im Eishockey gewonnen.
© getty

Deutschland hat nach einer dramatischen Niederlage im Endspiel gegen Russland Silber im Eishockey bei den Olympischen Spielen 2018 gewonnen. Nun müssen DEB und DEL die Gunst der Stunde nutzen, andernfalls wird sich Marco Sturm abwenden. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Felix Götz.

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Jedem Außenstehenden tat es einfach nur gut zu sehen, dass zumindest einige DEB-Cracks wieder lachen konnten, als sie mit Silber dekoriert wurden. Für einige Minuten hatten sie in ihrer Niedergeschlagenheit nach dem unfassbar bitteren Ende des Finales wie Verlierer gewirkt - ein absurder Gedanke nach diesem Olympia-Auftritt.

Es war der größte Erfolg in der Geschichte des deutschen Eishockeys. Die Sturm-Truppe hat es inmitten des ganzen deutschen Medaillenregens in Südkorea geschafft, ihren Sport in den Fokus zu stellen.

Millionen Menschen kamen wegen ihnen am Sonntagmorgen zu unchristlicher Zeit aus den Federn gekrochen. Wegen Eishockey! In Deutschland! Eigentlich unvorstellbar! Sie haben DIE Cinderella-Story bei diesen Olympischen Spielen geschrieben, über die sogar in Nordamerika, dem Mekka des Eishockey-Sports, ausgiebig berichtet wurde. Jedes einzelne Mitglied dieses Teams ist damit ein Champion. Basta!

Maue Nachwuchsarbeit beim DEB und in der DEL

Der Anteil von Bundestrainer Sturm ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Seit der 39-Jährige 2015 ans Ruder kam, hat Deutschland bei zwei Weltmeisterschaften das Viertelfinale erreicht und nun Olympia-Silber geholt - eine herausragende Ausbeute.

Dabei darf man nicht vergessen, dass die Bedingungen, unter denen der Niederbayer beim DEB arbeitet, nicht gerade rosig sind. Das ihm zur Verfügung stehende Spielermaterial gibt die erreichten Ergebnisse - unabhängig von der Anwesenheit der NHL-Spieler - eigentlich gar nicht her. Das wundersame Olympia-Abschneiden ist damit alles andere als ein Spiegelbild der Situation im deutschen Eishockey insgesamt.

Es kommen zu wenige Qualitäts-Spieler nach, die Nachwuchsförderung ist freundlich ausgedrückt mittelmäßig. Das gilt für den DEB an sich und für große Teile der DEL. Dass die U20-Nationalmannschaft nun zum dritten Mal in Folge lediglich bei der B-WM antritt, spricht Bände.

Sturm im Fokus der NHL

Sturm ist sich dieser gravierenden Mängel bewusst. Sie sind der Hauptgrund, weshalb sich der frühere NHL-Star mit seiner Vertragsverlängerung bis 2022 schwer tat. Es liegt nun am Verband und der Liga, die Welle der Euphorie schleunigst zu nutzen. Sturm benötigt die Unterstützung aller Entscheidungsträger im deutschen Eishockey, um deutlich bessere Strukturen zu schaffen.

Sollte dies nicht konsequent geschehen, wird Sturm seine Koffer - Vertrag hin oder her - vorzeitig packen. Man darf getrost davon ausgehen, dass ihm in Zukunft Angebote aus der NHL vorgelegt werden. Als Assistant Coach, womöglich eines Tages sogar als Headcoach.

Das deutsche Eishockey hat die Wahl: Ist die Silbermedaille von Südkorea für die Zukunft Gold wert? Oder bleibt sie ein einmaliges Wunder, in dem man sich wie schon nach Bronze 1976 für die nächsten 42 Jahre suhlen will?

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