"Pilze suchen ist ein gutes Training"

Christof Innerhofer ist einer der besten Skifahrer der Welt

Christof Innerhofer ist eine der charismatischsten Figuren im Ski-Zirkus. Der italienische Super-G-Weltmeister von Garmisch 2011 spricht im SPOX-Interview über seine Zeit als Frauenheld und Unterwäsche-Model, seine Eisbrecher-Mentalität und 39 Kilo Pilze. Außerdem erklärt der 29-Jährige, was er von Sotschi hält.

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SPOX: Christof, in Deutschland hat man es nicht so mitbekommen, aber Sie sind in den letzten Jahren nicht nur sehr erfolgreich Ski gefahren. Sie sind auch Model geworden. In der "Gazetta dello Sport" gab es ganz große Kampagnen, auf denen Sie abgebildet waren. Was war das für eine Erfahrung für Sie?

Christof Innerhofer: Es war etwas sehr, sehr, sehr Besonderes. Ich habe mir wirklich über Jahre hinweg brutal den Arsch aufgerissen. Ich war immer verfügbar, ob es für Zeitungs-Interviews oder TV-Auftritte war. Ich habe sehr viel abseits des Sports gemacht und investiert, die Model-Geschichte war wie eine Art Belohnung dafür. Es ist einfach auch eine tolle Motivation und Abwechslung, wenn du neben deinem Sport in den Bergen auch in die Mode-Welt der Stadt eintauchen kannst. Und die Mode-Welt ist wirklich eine ganz andere Welt. Ich bin glücklich, dass ich mir auch dort einen Namen machen konnte. Bode Miller ist im Ski-Zirkus der coole Hund, Didier Cuche ist der ewige Kämpfer und Christof Innerhofer wird inzwischen mit Mode und Giorgio Armani verbunden, auf diese Verbindung bin ich stolz.

SPOX: Wie haben Sie Armani persönlich kennengelernt?

Innerhofer: Er hat mich sogar angerufen, wenn ich ein Weltcup-Rennen gewonnen habe. In Mailand habe ich ihn öfters getroffen und er hat mir einen Brief geschrieben mit einem persönlichen Geschenk, als die Titelseite in den Zeitungen geschaltet wurde. Es ist ein Wahnsinn, solch tolle Menschen kennenlernen zu dürfen, die sonst unerreichbar waren. Ich hätte mir vor fünf Jahren nicht vorstellen können, dass ich Weltmeister werde, neben dem Sport als Unterhosen-Model arbeite und Stars wie Armani, Usain Bolt oder Sarah Jessica Parker kennenlerne. Das ist schon richtig cool.

SPOX: Sie hatten lange in Ihrer Karriere auch das Image eines Frauenhelds. Wie haben Sie sich im Lauf der Jahre verändert?

Innerhofer: Es hat sich schon extrem geändert. Bis vor zwei Jahren hatte ich eben dieses Image des jungen Wilden, der auch abseits der Piste viel Spaß hat. Und das stimmte ja auch. 2011 war für mich nicht nur ein erfolgreiches Jahr auf der Piste, sondern auch abseits der Strecke. Wenn du jung bist, musst du das Leben leben. Ich war in der Welt unterwegs und wollte neue Dinge sehen und erleben. Verschiedene Länder, verschiedene Frauen. (lacht) Ich hatte meinen Spaß, aber es ist doch auch okay. Wenn du jung und Single bist, schuldest du ja niemand was. Ich war ein Lausbub und habe die coole Zeit genossen. Ich hatte vielleicht mehrere Frauen, aber doch lieber so, als wenn ich mit 20 fast verheiratet gewesen wäre und jetzt irgendwas nachholen müsste. Jetzt habe ich seit eineinhalb Jahren eine Freundin und bin fest vergeben, jetzt ist die Zeit eine ganz andere. Ich brauche das alles, was ich vorher hatte, nicht mehr. Ich vermisse auch nichts.

SPOX: Im Ski-Zirkus gibt es aber auch schon viele attraktive Mädels.

Innerhofer: So viele kenne ich gar nicht. Ich habe eigentlich dann immer Frauen aus den Orten kennengelernt, wo wir waren. Skifahrerinnen hatte ich so gut wie keine.

SPOX: Sie haben vorhin schon kurz erwähnt, dass Sie 2011 Ihre große Woche bei der WM in Garmisch hatten. Gold. Silber. Bronze.

Innerhofer: Ja, es war fast nicht zu glauben, was in dieser Woche für mich passiert ist. Ich musste nur runterfahren und wenn ich im Ziel ankam, war ich vorne dabei. Ich hatte so eine Leichtigkeit, ich war so gut in Form, es hat wirklich alles gepasst. Für mich, meine Familie und Freunde wird diese Woche ewig in Erinnerung bleiben, wir haben so viele schöne Momente mitgenommen. Diese kann uns auch niemand mehr nehmen. Auch drei Jahre danach sind die Erinnerungen aus Garmisch in meinem Kopf sehr präsent. Drei Medaillen in drei Rennen - das hat auch so gut wie niemand bei den Herren bis jetzt geschafft.

SPOX: Bis Sie es ganz nach oben geschafft haben, war es ein ziemlich langer Weg. Es gibt einige interessante Parallelen zu Hermann Maier.

Innerhofer: Es stimmt, wir haben beide in der Jugend nicht zu den schnellsten gehört und wir haben beide auf dem Bau gearbeitet. Ich glaube, dass wir dadurch auch eine andere Einstellung zum Leben bekommen haben. Wir haben gesehen, was arbeiten heißt. Was es heißt, zehn Stunden zu arbeiten am Tag und sein eigenes Geld zu verdienen. Du kannst leicht zu deinen Eltern gehen und dir 100 Euro geben lassen, aber es selbst zu verdienen ist mühsam. Die Arbeit auf dem Bau war eine Lebenserfahrung. Ich habe viele Dinge schätzen gelernt. Auch deshalb bin ich der Christof Innerhofer, der ich jetzt bin.

SPOX: Ihren ersten Weltcup-Auftritt hatten Sie in Levi, in einem Slalom. Was wissen Sie noch von diesem Tag?

Innerhofer: Ich kann mich noch sehr gut erinnern. Ich hatte einen Fotoapparat dabei und habe Bilder geknipst. Von der Piste, von anderen Läufern, von allem. Die Trainer haben mich schon ausgelacht, warum ich denn Fotos machen würde. Aber ich habe ihnen gesagt: 'Hey, wer weiß, wann ich noch mal im Weltcup fahren werde.' Für mich gab es nur eine Devise: volle Kanne fahren. Ich wusste, dass ich gut fahren muss, um mir die nächste Chance zu erarbeiten. Also lieber gut fahren und ausscheiden, als schlecht und ins Ziel kommen. Aber wissen Sie, woran ich gerade denken muss.

SPOX: Nein, erzählen Sie.

Innerhofer: Ich muss daran denken, wie selbstverständlich es für meine Freunde, Nachbarn, für alle in meiner Heimat eigentlich geworden ist, dass ich im Weltcup unter die ersten Zehn fahren muss. Aber das ist nicht normal, das vergessen viele. Manchmal ärgert mich das. Als ich anfing, war es toll, wenn ich unter die ersten 30 kam. Dann steigerte es sich weiter, Top 15, Top 10, und irgendwann denken viele, du musst immer auf dem Podium landen. Ich kann mich aber auch über einen 10. Platz noch freuen. Beim Fußball ist die Nummer 100 noch ein Star, aber beim Skifahren ist der 15. gefühlt schon eine Pfeife. Dabei gibt es in der Weltrangliste 6000, 7000 Fahrer, und nur die besten 50 oder 60 dürfen überhaupt im Weltcup starten. Auch wenn ich schon Medaillen und Rennen gewonnen habe und natürlich gerne immer noch weiter oben lande, weiß ich, dass ein Top-15-Resultat nicht selbstverständlich ist.

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