IOC-Präsident Bach fordert Verständnis

SID
Thomas Bach wurde im September 2013 zum IOC-Präsidenten gewählt
© getty

Thomas Bach hat vier Tage vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Sotschi im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) die russischen Gastgeber in Schutz genommen - noch vehementer aber die Rolle des IOC verteidigt. Angst vor einem jüngst entdeckten neuen Dopingmittel hat er angeblich nicht.

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Rückendeckung für die Gastgeber, Gelassenheit trotz der Bau-Blamage und keine Angst vor der neuen Wunder-Droge: Thomas Bach ist vier Tage vor der Eröffnungsfeier der Winterspiele in Sotschi die Ruhe selbst. Wenn es um die Verteidigung seines Internationalen Olympischen Komitees geht, wird der Präsident allerdings energisch.

"Es ist doch ein weit verbreitetes Missverständnis: Die Leute erwarten vom IOC, dass wir alle Probleme in einem Land lösen, die durch Politiker oder sonst wen vorher nicht gelöst worden sind. Dafür haben wir aber kein Mandat", sagte Bach im Interview mit dem "SID".

Das IOC könne nur eine Botschaft senden: "Wie eine Gesellschaft aussehen soll und Menschen friedlich zusammenleben ohne jegliche Diskriminierung. Das ist unsere Mission, und ich werde nicht müde, sie jedem immer wieder zu erklären. Ich hoffe, die Menschen werden sie irgendwann mal besser verstehen."

"IOC ist keine Weltregierung"

Bach nahm angesichts der anhaltenden, weltweiten Kritik an der Menschenrechtssituation in Russland, am Anti-Homosexuellen-Gesetz oder an den Umweltsünden die Gastgeber in Schutz, aber noch viel mehr seine Organisation. "Das IOC ist keine Weltregierung, die einem souveränen Staat Maßnahmen aufdrücken oder ein souveränes Parlament überstimmen könnte. Unsere Verantwortung liegt darin, sicherzustellen, dass die Olympische Charta befolgt wird, und diese nehmen wir sehr ernst."

Wann immer "diesbezüglich" etwas anstand, sagte der 60-Jährige, "haben wir das aufgegriffen, mit den Organisatoren besprochen und nach einer Lösung gesucht". Zweifel, dass die Charta während der Spiele befolgt wird, habe er nicht.

Auch die großen Probleme mit noch nicht fertiggestellten Unterkünften sieht Bach völlig gelassen. "Ach, das kennen wir doch von allen Olympischen Spielen. Wenn wir durch die Vordertür gekommen sind, sind die Arbeiter durch die Hintertür verschwunden - aber alles war fertig, wenn die Eröffnungsfeier gestartet ist", sagte Bach. Alle Olympischen Spiele seien "ein Kampf gegen die Uhr".

WADA in der Verantwortung

Nach der Entdeckung eines neuen, nicht feststellbaren und hoch effizienten Dopingmittels schob er die Verantwortung weit weg vom IOC hin zur Welt-Anti-Doping-Agentur WADA: "Ich habe von dem Fall gehört und habe vollstes Vertrauen in die WADA. Der Fall liegt in ihrer Verantwortung, und ich habe keinen Zweifel, dass sie dieser gerecht werden wird." Auf die Frage, ob es ein Problem sei, dass dieser Fall ausgerechnet im Gastgeberland Russland seinen Ursprung hat, antwortete Bach: "Nein, aber das muss auch die WADA beurteilen. Ich denke, dass sie die ersten Schritte bereits unternommen hat."

Bei Undercover-Recherchen im Umfeld der Russischen Akademie der Wissenschaften war einem Reporter-Team des WDR in Moskau ein neuartiger sogenannter Wachstumsfaktor, ein synthetisch hergestelltes Molekül zum Muskelaufbau, angeboten worden. Die hohe Wirksamkeit des Mittels, das ein "renommierter russischer Forscher" in einem mit versteckter Kamera gedrehten Verkaufsgespräch "Full Size MGF" nannte, bestätigte das Dopinglabor in Köln.

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