Gelungener Olympia-Auftakt in Rio

SID
Olympia 2016
© getty

Große Party, wenig Protz, viele Widersprüche: Mit einer sympathischen Show, aber auch Misstönen haben in Rio de Janeiro die 31. Olympischen Sommerspiele begonnen. Unter dem Eindruck des Skandals um die Teilnahme russischer Athleten und Vorwürfen nun auch gegen die brasilianischen Gastgeber erklärte sie der umstrittene Interims-Präsident Michael Temer um 23.27 Uhr Ortszeit für eröffnet. Vanderlei de Lima, Olympia-Dritter 2004 im Marathon, entzündete um 23.49 das Olympische Feuer.

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Während Temer gnadenlos ausgebuht wurde, erhielt ungeachtet der verstörenden Entscheidungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in der "Causa Russland" dessen Präsident Thomas Bach im Maracana mehrfach Beifall. In seiner Eröffnungsrede sprach Bach den Cariocas seine Bewunderung aus: "Wir haben immer an Euch geglaubt." Bis 21. August werden bei den ersten Spielen in Südamerika in 306 Wettbewerben Medaillen vergeben.

Bach beschwor die olympischen Werte, pries sie als Antwort auf die großen Krisen der Welt und die Probleme der Menschen. "In dieser olympischen Welt sind wir alle gleich", sagte er. Die mehr als 10.000 Athleten rief er auf: "Achtet die Werte, dank derer die Olympischen Spiele so einzigartig sind!" Der Segler Robert Scheidt versprach stellvertretend als Sprecher des Olympischen Eids, dies zu tun.

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Proteste vor dem Stadion

Ohne Misstöne ging es aber nicht. Vor der Eröffnung skandierten an der Copacabana rund 3000 wütende Bürger politische Parolen und hielten Schilder mit der Aufschrift "Nein zu den Olympischen Spielen!" in die Höhe. Die Proteste in der Stadt richteten sich im Kern gegen den unpopulären Temer und die Olympia-Kosten von mindestens zehn Milliarden Dollar in Zeiten wirtschaftlicher und sozialer Krisen.

Vor dem Einmarsch der diesmal 207 Mannschaften, zu denen ein umjubeltes, zehnköpfiges Flüchtlingsteam gehörte, herrschte bei der einfallsreichen und angenehm dezenten Eröffnungsshow ausgelassene Partystimmung bei den Zuschauern. "Gambiarra" hieß das Motto - aus nichts das Meiste rausholen.

Zugleich war der Auftakt der Zeremonie eine Hommage an die Erde, mehrfach wurde darauf verwiesen, welche Folgen die Zerstörung der Natur für den Menschen haben wird. Damit hielten die Macher der Show ihrem Land den Spiegel vor: In Brasilien wird täglich Regenwald großflächig vernichtet, keines der Umweltversprechen für Olympia wurde erfüllt, etwa die Reinigung der Guanabara-Bucht.

Boll trägt deutsche Fahne

Die deutsche Mannschaft marschierte hinter Fahnenträger Timo Boll als "Alemanha" und gemäß dem portugiesischen Alphabet damit als fünfte Delegation ein. Die deutschen Athleten, bedacht mit großem Beifall vom Publikum, überraschten mit eigenartigen Outfits: Sie trugen unter anderem Regenmäntel und eine Art lange Unterhose zu Röcken und Shorts.

Mit 423 Sportlern ist die deutsche Mannschaft die drittgrößte hinter den USA (549) sowie Brasilien (465), das sich kurz vor der Eröffnung einem bösen Verdacht ausgesetzt sah: Nach Angaben der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA haben das brasilianische Sportministerium und das NOK die Top-Athleten des Landes zuletzt nicht mehr getestet. Noch hat dies nicht die Ausmaße des Skandals um die Russen.

Volleyballer Sergei Tetjuchin trug die russische Trikolore ins Stadion. Mit mehr als 270 Athleten ist das des Staatsdopings überführte Land nun in Rio vertreten. Beim Einmarsch der Mannschaft gab es vereinzelte Pfiffe, insgesamt war der Empfang eher neutral bis frostig.

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs wie Frankreichs Francois Hollande waren Augenzeuge der Zeremonie. Bundespräsident Joachim Gauck hatte seine Reise nach Rio wegen einer Zahnerkrankung kurzfristig absagen müssen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama waren nicht gekommen.

Tragischer Held entzündet Olympische Flamme

Trotz des Spardrucks im von einer tiefen Rezession geplagten Brasilien war die Feier gelungen. "Die brasilianische Seele wird die Welt begeistern", versprach Carlos Arthur Nuzman, Präsident des Organisationskomitees, in seiner kämpferischen Rede.

Marathonläufer de Lima, 2004 auf dem Weg zu Gold von einem verrückten Priester gestoppt, entzündete schließlich die Olympische Flamme. Sie ist 2016 deutlich kleiner als bei vergangenen Spielen und brennt vor einer Skulptur des Künstlers Anthony Howe, die daran erinnern soll, noch mehr die Kraft der Sonne zur Energiegewinnung zu nutzen.

Im Mittelpunkt der Eröffnungshow hatten zuvor aber auch die Schaffenskraft und Kreativität des Landes gestanden. Erster Höhepunkt war der Stadion-Rundflug eines Nachbaus der "14-bis", des Doppeldeckers, mit dem Alberto Santos-Dumont am 23. Oktober 1906 in Paris den ersten offiziell anerkannten Motorflug vollbracht hatte. Großer Jubel brandete auf, als Top-Model Gisele Bündchen als "The Girl from Ipanema" das Maracana zum längsten Laufsteg der Welt machte.

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