Blackys letztes Abenteuer

Von Interview: Torsten Nenner
Schwarzer, Christian
© Getty

München - Was am 21. November 1989 gegen die DDR begann, soll möglichst am 24. August in Peking enden. Am liebsten im Olympischen Handball-Finale will Christian Schwarzer sein letztes Länderspiel bestreiten.

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Nach seiner Rückkehr zur Weltmeisterschaft 2007 folgte der 38-Jährige dem Ruf von Bundestrainer Heiner Brand ein zweites Mal und streift sich wieder das DHB-Trikot über.

Gegenüber SPOX spricht der Anführer des amtierenden Weltmeisters über die Gefahren des Olympischen Turniers und eine notgedrungene Premiere, die er nach knapp 20 Jahren Nationalmannschaft erlebt.

SPOX: Herr Schwarzer, Sie sind zum vierten Mal bei Olympia dabei. Sind Sie noch nervös?

Christian Schwarzer: Es ist weniger Nervosität als die Vorfreude auf die Olympischen Spiele. Ich glaube, wenn ein Leistungssportler dieses Kribbeln nicht mehr hat, ist er auch nicht mehr in der Lage, Höchstleistungen zu bringen. Das gehört dazu und ist völlig normal.

SPOX: Sie müssen in der Vorrunde nicht gegen Frankreich, Spanien, Kroatien und Polen ran. Haben Sie die etwas leichtere Gruppe erwischt?

Schwarzer: Unsere Gruppe ist nicht die leichtere. In der anderen sind mit China und Brasilien eher zwei Exoten, mit denen man keine Probleme haben dürfte. Bei uns sind keine von diesen Mannschaften drin (Deutschland trifft auf Ägypten, Russland, Südkorea, Island und Europameister Dänemark. Anm. d. Redaktion). Außerdem geht es dann im Viertelfinale gegen Frankreich, Spanien, Kroatien oder Polen. Alles Top-Mannschaften, die Olympiasieger werden können.

SPOX: Hätten Sie gerne einen Exoten gehabt, gegen den Sie sich Warmschießen können?

Schwarzer: Wir sind damit zufrieden, wie es ausgelost wurde. Es wird zwar schwer, ins Viertelfinale zu kommen, aber wir brauchen uns vor keinem zu verstecken.

SPOX: Sie sagten, das Viertelfinale sei das wichtigste Spiel. Warum?

Schwarzer: Wem man das gewinnt, steht man schon im Halbfinale. Dann geht es schon um den großen Kuchen, den du gewinnen willst. Das war schon in Sydney und Athen so. Einmal haben wir verloren, einmal gewonnen. Die Mannschaft weiß, wie man in ein solches Spiel gehen muss, um es zu gewinnen.

SPOX: Ist der Druck besonders groß? Sie sind als Weltmeister der Gejagte, haben nicht mehr den Heimvorteil wie bei der WM 2007 und zudem wird Gold erwartet.

Schwarzer: Nein. Es ist immer eine Frage, wie man mit Druck umgeht. Wir haben an uns selbst Anforderungen gestellt und Ziele gesetzt, insofern müssen wir uns um die Dinge, die von außen an uns heran getragen werden, keine Gedanken machen. Wir wissen, was wir können.

SPOX: Die Mannschaft wirkt sehr entspannt.

Schwarzer: Trotz des harten Trainings hatten alle viel Spaß. Auf die gute Stimmung, die eigentlich immer in der Nationalmannschaft geherrscht hat, achten der Bundestrainer und die Mannschaft sehr. So muss es auch sein. Man braucht die nötige Lockerheit, um Erfolg zu haben.

SPOX: Tut Ihnen der junge Spieler, der aufgrund Ihrer Nominierung zu Hause bleiben musste, leid?

Schwarzer: Das war für mich ein Grund, warum ich überhaupt so lange überlegt habe. Ich war schon bei drei Olympischen Spielen und weiß, wie schön das ist. Für die, die daheim bleiben müssen,  ist es natürlich nicht so angenehm.

SPOX: Welche Rolle nehmen Sie im Team ein?

Schwarzer: Mit Markus Baur ist der Kopf der Mannschaft weggefallen. Im Sportlichen kann ich nur teilweise versuchen, die Lücke auszufüllen, weil ich als Kreisläufer anders eingebunden bin als ein Rückraum-Mitte-Spieler.

SPOX: Und außerhalb des Feldes?

Schwarzer: Natürlich geht es auch außerhalb des Spielfeldes darum, seine Erfahrung einzusetzen, um alles in die richtigen Bahnen zu lenken. Bei Olympischen Spielen gibt es so viele Ablenkungsmöglichkeiten. Darauf muss man die Spieler hinweisen, die noch nie oder noch nicht so häufig dabei waren.

SPOX: Das heißt, die Konzentration kann leiden.

Schwarzer: Bei einer EM oder WM ist man nur auf seine Sportart konzentriert. Der Fokus liegt auf Handball, Handball und Handball. Es gibt nur das Hotel, den Bus und die Halle. Wenn man zu den Olympischen Spielen fährt, wohnt man im Olympischen Dorf, wo über 10.000 Athleten aus der ganzen Welt sind. Da ist es einfach schwer, den Fokus nur auf die eigene Sportart zu lenken. Es ist die Kunst, die ganze Zeit konzentriert zu bleiben. Für uns Ballsportler ist es noch schwieriger, weil wir praktisch vom ersten bis zum letzten Tag spielen. Ein Einzelsportler hat eventuell am ersten Tag seinen Wettkampf und dann nichts mehr.

SPOX: In Peking warten wieder einmal acht Spiele in wenigen Tagen auf Sie. Wann wird sich etwas am dicht gedrängten Spielplan der Handballer ändern?

Schwarzer: Wir haben es zumindest schon einmal geschafft, mit der europäischen Spielervereinigung beim letzten Kongress Gehör zu finden. Ob sich auch umsetzen lässt, dass der Wettspielkalender entzerrt wird, sei dahingestellt. In näherer Zukunft sehe ich da keine Möglichkeit. Ich hoffe nur, dass die Spieler irgendwann mehr Einfluss nehmen können und unsere Meinung so respektiert wird, dass man einen vernünftigen Wettspielkalender hat.

SPOX: Werden Sie in Peking Zeit haben, sich andere Sportarten anzuschauen?

Schwarzer: Das weiß ich noch gar nicht. Das wird sich erst vor Ort ergeben.

SPOX: Sie haben den deutschen Basketballern um Ihren Freund Dirk Nowitzki bei der Olympia-Quali die Daumen gedrückt. Es wäre doch sicher ein Highlight für Sie, wenn sie sich gegenseitig bei den Spielen zusehen könnten.

Schwarzer: Genau so ist es. Das wäre natürlich eine schöne Sache.

SPOX: Wie groß ist eigentlich Ihre Asien-Erfahrung?

Schwarzer: Die Seite der Erde hat mich bisher noch nicht interessiert. Jetzt tut sie das notgedrungen. Seit meiner Rückkehr in die Nationalmannschaft habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und von vielen Leuten gehört, dass es sehr interessant sein muss. Ich freue mich auf jeden Fall darauf, neue Dinge zu erleben.

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