Protestbrief: Hörmann unter Druck

SID
Alfons Hörmann steht mächtig in der Kritik
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Erst verdrehte Fakten in Berlin, dann ein Protestbrief, den es angeblich gar nicht gab: Präsident Alfons Hörmann gerät vor der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes immer stärker unter Druck.

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Beim Verbandstag in Magdeburg am kommenden Samstag dürfte das fragwürdige Gebaren des obersten deutschen Sportfunktionärs mittlerweile wohl ähnlich viel Raum einnehmen wie der wichtigste Tagesordnungspunkt: die heftig umstrittene Leistungssportreform.

Die Diskussionen über Hörmanns Äußerungen während der Vorstellung der Spitzensportreform in Berlin war noch im vollem Gange, da wurde am Montag ein pikanter Protestbrief an den DOSB-Boss öffentlich und sorgte für weitere Unruhe.

Und wieder muss sich Hörmann pikante Fragen rund um seinen Stil sowie seine interne und öffentliche Kommunikation gefallen lassen.

In dem Schreiben an den DOSB-Boss zur Auseinandersetzung zwischen Hörmann und Thomas Weikert, dem Vorstandsvorsitzenden des Trägervereins der DOSB-Trainerakademie, distanzierte sich die Sprechergruppe der Spitzensportverbände ausdrücklich und deutlich von Hörmann. Sie bezeichnete dessen Vorgehen als "befremdlich" sowie als "diskriminierend" und "unpassend" gegenüber Weikert.

Pikant ist, dass Hörmann in einem SID-Interview, das nach dem Erhalt des Schreibens stattfand, noch jede Parteinahme durch die Spitzenverbände im "Fall Weikert" bestritt.Auf die Frage, wie sich die Verbände in der Sache positioniert hätten, antwortete Hörmann: "Gar nicht." Man werde in Magdeburg über das Thema reden.

Wort gegen Wort

In dem Fall steht noch immer Aussage gegen Aussage. Hörmann hatte Weikert schriftlich zum Amtsverzicht aufgefordert, nach Darstellung des Chefs der Trainerakademie, der auch Präsident des Tischtennis-Weltverbandes ITTF ist, stillos und ohne vorherige persönliche Absprache.

Hörmann, dem Weikert schlechten Stil vorwirft, bestreitet das. Der Präsident beharrt auf der Darstellung, dass der DOSB "seit Juli mit Thomas Weikert in Gesprächen über strukturelle Veränderungen bei der Trainerakademie" sei und es "das Einvernehmen" gebe, dass "sich die Trainerakademie neu aufstellt". Dies wiederum bestreitet Weikert noch immer vehement.

In dem von Ruder-Präsident und Verbände-Sprecher Siegfried Kaidel unterzeichneten Brief, der dem SID vorliegt, heißt es: Dass "ungeachtet der langjährigen engen Zusammenarbeit mit dem DOSB und dessen Führung" nicht mit Weikert gesprochen worden sei, "betrachten wir als befremdlich und distanzieren uns als Sprechergruppe hiervon. Unser Anliegen ist es, in dieser Form unser Unverständnis über die Verfahrenshandhabung zum Ausdruck zu bringen, die wir gegenüber dem derzeitigen Vorstand als diskriminierend und in Anbetracht des langjährigen erfolgreichen Engagements als unpassend empfinden."

Von wegen Zustimmung

Auf breites Unverständnis treffen auch weitere Äußerungen Hörmanns. Auf der großen Bühne der Bundespressekonferenz in Berlin hatte er am Freitag blumig die breite Unterstützung der Athleten für die Spitzensportreform betont - die es in der von Hörmann beschriebenen Form aber gar nicht gab.

Hörmann zitierte aus einem angeblichen "Manifest" von Sportlern, die der Reform "zu 95 Prozent" zustimmten. Eine Befragung mit konkretem Bezug auf die Spitzensportreform hat es aber nie gegeben.

"Das ist mindestens verwunderlich. Wie es dazu kommen konnte, dass er die Sache in einen Kontext mit der Spitzensportreform stellt, ist mir völlig unverständlich", sagte Fechter Max Hartung, Mitglied der DOSB-Athletenkommission, dem SID. Auch Dagmar Freitag, die Sportausschussvorsitzende im Bundestag, kritisierte Hörmann scharf.

"Irgendwie passt das schon ins Bild. Es wird mit Methoden gearbeitet, die ich persönlich ablehne", sagte Freitag dem SID: "Wenn man versucht, Befragungen, die in einem völlig anderen Kontext gefallen sind, als Beleg zur Zustimmung zur Spitzensportreform zu nutzen, dann ist das ein Stil, der aus meiner Sicht nicht in den Sport gehört, wo es um Werte wie Fairness und Fair Play geht. Wer so agiert, disqualifiziert sich selbst. Und das nicht zum ersten Mal." Freitag führte Hörmanns Verhalten darauf zurück, dass "man sich der ungeteilten Zustimmung der Mitgliederversammlung" in der Abstimmung über die Spitzensportreform "derzeit offensichtlich nicht sicher sein kann".

Hörmann räumte gegenüber dem SID ein, dass die Befragung stattfand, um "den Auftritt, die Wahrnehmung und das Werteverständnis der Olympiamannschaft weiter zu schärfen". Sie "war und ist nicht Teil der Leistungssportreform", sondern lief "parallel im Zuge eines üblichen Markenprozesses". Hörmann steht am Samstag in Magdeburg nicht zur Wiederwahl.

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