Von Dämonen besessen

Von Haruka Gruber
Kader, DBB, Team, Basketball, Olympia,
© Imago

Athen - Mit der Partie gegen die Kapverdischen Inseln (Di., 14.15 Uhr im SPOX-TICKER) startet die deutsche Basketball-Nationalmannschaft in das Qualifikationsturnier (Hier geht's zum Spielplan) für die Olympischen Spiele.

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Höchste Zeit also, die Mannschaft im Detail vorzustellen. Von Shotgun-Hinterwäldlern bis zu Rebound-Dämonen, von Zwergen bis zu stolzen Seepferdchen.

Die deutschen Basketballer im Kurz-Porträt.

Center: Chris Kaman (L.A. Clippers)

Hat sich herumgesprochen: seine verrückt-sympathische Art. Ebenso: seine schwere Kindheit wegen der ADHS-Fehldiagnose. Weniger verbreitet: sein früherer Ruf in den Staaten. Wer nach "Chris Kaman" und "ugly" googelt, findet etwa heraus, dass er wegen seiner einst wenig vorteilhaften Frisur in diverse "All-Ugly-NBA-Teams" gewählt wurde.

Der damalige Kommentar eines Bloggers bei "Fox Sports": "Es ist Furcht einflößend, ihn zu sehen. So wie wenn man mit dem Auto im Hinterwald von Tennessee stecken bleibt und von einem riesigen Typen mit fettigen Haaren und einer Shotgun angestarrt wird..."

Center: Patrick Femerling (Berlin)

Teilt das gleiche Schicksal wie Lothar Matthäus. Zwar deutscher Rekordnationalspieler, doch mit dem Standing in der Öffentlichkeit steht es nicht zum allerbesten.

Dabei ist der inoffizielle Botschafter der Kniestrumpf-Gilde im positiven Sinne grundsolide und auf dem Boden geblieben - was ihn offenbar aber auch davon abhält, trotz seiner 2,13 Meter mal zum Dunk hochzusteigen. Dennoch: Eine solch illustre Vita mit Stationen bei Olympiakos Piräus, FC Barcelona und Panathinaikos Athen weiß kaum ein anderer deutscher Basketballer aufzuweisen.

Center: Tim Ohlbrecht (Bamberg)

Warum langatmige Biografien nacherzählen, wenn es auch schnell geht?

Als Teenie: Vergleiche mit Dirk Nowitzki. Als 17-Jähriger: keine Einsatzzeit in Leverkusen, Flucht nach Bamberg. Immer noch als 17-Jähriger: schwere Knieverletzung, Pause bis kurz vor den Playoffs. Als 18-Jähriger: starkes Comeback in den Playoffs, Meister mit Bamberg.

Als 19-Jähriger: Im Visier der NBA-Scouts, Debüt im DBB-Team.

Power Forward: Dirk Nowitzki (Dallas)

Hier an der Stelle nur etwas für Freunde des gepflegten Tratschens. Angesichts mangelnder Breaking News über Deutschlands einzigen Sport-Superstar fast schon DIE Sensations-Nachricht des Sommers: Uns Dirk hat eine neue Freundin! "Sie ist 1,80 Meter groß - unter 1,70 hätte eine Frau auch keine Chance bei mir", so Nowitzki.

Beim Quali-Turnier in Athen wird sie aber nicht anwesend sein, "weil bei der Nationalmannschaft der Zeitplan durchorganisierter ist als in der NBA und ich deswegen keine Zeit haben werde". Stattdessen heißt sein neuer Lebensabschnittsgefährte Robert Garrett. Mit ihm teilt sich Nowitzki das Athener Hotelzimmer.

Power Forward: Jan-Hendrik Jagla (Badalona)

Preisfrage: Wie alt ist Jagla? 19? 20? Vielleicht sogar 21? Ganz falsch: Auch wenn das Foto und der nichtexistente Bartwuchs nicht darauf schließen lassen, Jagla ist 27 Jahre alt - und damit fast schon einer der Routiniers im Team.

Eine halbes Basketballer-Leben als zu soft gebrandmarkt, ist er mittlerweile einer der besten Rebounder und Blocker des DBB-Teams. Nach einer guten Saison als Rotationsspieler beim spanischen ULEB-Cup-Sieger Badalona spielte er vor einigen Wochen sogar beim NBA-Klub Toronto Raptors vor. Ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber vielleicht geht da ja doch was...

  

Power Forward: Sven Schultze (Udine)

Früher: Mr. Doppellizenz. Begann seine Karriere in Bamberg - oder besser gesagt beim Farmteam Breitengüssbach. Wechselte dann nach Berlin - oder besser gesagt zum Farmteam Lichterfelde.

Wagte nach einer erfolgreichen Zeit in Leverkusen den überraschenden Sprung nach Italien und machte damit alles richtig. Ist neben Nowitzki und Femerling der Chef des Teams.

Small Forward: Konrad Wysocki (Frankfurt)

Der Mann, der Ademola Okulaja ersetzen soll, ist ein Mann der Widersprüche. Wysockis Dr.-Jekyll-Seite: Gebildet, ging auf die Princeton-Uni, studierte Architektur, bekam nach dem Abschluss gleich ein Job-Angebot. Bundestrainer Bauermann: "Wer es in Princeton schafft, muss hochintelligent sein."

Seine Mr.-Hyde-Seite: Auf dem Parkett wie vom Rebound-Dämon besessen, geht jedem Ball nach. Fast schon zu impulsiv, verliert in der Defense manchmal den Überblick. Bauermann: "Er muss sich in der Verteidigung verbessern, sonst wird er aufgefressen."

Small Forward: Philip Zwiener (Berlin)

Wird genügend Gelegenheiten bekommen, das Handtuchwedeln zu perfektionieren. Das Schicksal eines zwölften Manns eben. Bei Bedarf werden eher Schultze oder Garrett einen womöglich überforderten Wysocki ersetzen.

Dennoch: Gemeinsam mit Ohlbrecht steht Zwiener für die Zukunft des deutschen Basketballs. Für die Gegenwart fehlt aber die Muskelmasse und (noch) die Klasse.

Shooting Guard: Demond Greene (Bamberg)

Der Spieler bei den Deutschen, der für das meiste Spektakel sorgt. Körperlich robust, schnell, Drives wie aus der NBA: Mit zehn Zentimeter mehr Größe wäre vielleicht etwas geworden aus dem Traum von Übersee.

So bleibt Greene immerhin ein Shooting Guard auf europäisch ordentlichem Niveau. Offensiv lässt ihn sein Wurf gelegentlich im Stich, defensiv solide bis gut. Fast schon ein YouTube-Klassiker: Der Block gegen Dwyane Wade bei der WM 2006.

Shooting Guard: Robert Garrett (Bamberg)

Die San Antonio Spurs haben Robert Horry, Deutschland immerhin Robert Garrett. "Big Shot Rob" trifft zuverlässig von der Dreierlinie und macht auch sonst nicht viel falsch.

Warum er besonders wichtig ist: Für die Starting Five kommt er zwar nicht in Frage, als Backup von Wysocki oder Greene wird er aber definitiv viel Spielzeit bekommen.

Point Guard: Steffen Hamann (Berlin)

Die Zeiten, in denen er mit dem Spitznamen "Steffi" aufgezogen wurde, sind passe. Leider aber ebenso die Zeiten, in denen er mit seiner bissigen Verteidigung wie die deutsche Version von Bruce Bowen auftrat.

Stagniert seit zwei, drei Jahren, das Intermezzo in Italien war ein Reinfall. Wählt in seiner Karriere nun den schweren Schritt, wechselt nach den DBB-Pflichten nach Berlin. Dort, wo er seit langem als Basketball-Hassobjekt Nummer eins gilt. Hamann: "Die ALBA-Fans stehen bald hinter mir, wenn sie sehen, wie ich mich für mein Team einsetze."

Point Guard: Pascal Roller (Frankfurt)

 

Überragende Saison für Frankfurt, mittelmäßige Leistungen im Nationaltrikot, überragende Pointe auf seinem XING-Profil.

Rubrik Auszeichnungen: Vize-Europameister 2005, BBL-MVP 2004, Deutscher Meister 2004, WM-3. 2002, Deutscher Pokal 1999, Seepferdchen 1986.

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