"Für mich ist es jetzt komfortabler"

Von Interview: Daniel Börlein
Martin Schmitt ist seit 1996 im Weltcup dabei
© Imago

Sein letzter Weltcup-Sieg liegt über neun Jahre zurück. Dennoch hat Martin Schmitt noch nicht genug vom Skispringen. Im Interview spricht der 33-Jährige über Rücktrittsgedanken, seine Rolle im Team, die Youngster Severin Freund und Richard Freitag und den SC Freiburg.

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SPOX: Herr Schmitt, Sie sind passionierter Fußball-Fan und als Schwarzwälder natürlich dem SC Freiburg zugeneigt. Im letzten Jahr sorgte der SC für Furore, jetzt steht man auf einem Abstiegsplatz. Was ist los?

Martin Schmitt: Die kommen schon noch, keine Angst. (lacht) Ich glaube, der neue Trainer Marcus Sorg macht gute Arbeit. Ich bin ja kein Fußball-Experte, aber ich denke, es waren ein paar enge Spiele dabei, die man verloren hat, die aber auch anders hätten laufen können. Und dann hat man ein paar Punkte mehr und alles wäre wunderbar. Es wird natürlich noch eine schwierige Saison. Aber das weiß man als SC-Fan und deshalb wird da auch niemand nervös. Ein SC-Fan zeichnet sich nämlich dadurch aus, dass er nicht schimpft, sondern an die Mannschaft glaubt.

SPOX: Ihre Fans stehen auch hinter Ihnen. Allerdings wird die Zahl derer immer größer, die sagen, Sie sollten die Ski langsam in die Ecke stellen.

Schmitt: Es ist einfach so, dass mir das Skispringen nach wie vor Spaß macht. Und solange das so ist, sehe ich keinen Grund, meine Karriere zu beenden.

SPOX: Wie schnell kann sich daran etwas ändern?

Schmitt: Vorerst plane ich bis zum Ende dieser Saison im März 2012. Danach sehen wir weiter. Momentan freue ich mich auf die weiteren Springen in diesem Winter.

SPOX: Werner Schuster hat vor der Saison erklärt, dass Sie nie mehr der Alte werden würden. Das war Wasser auf die Mühlen Ihrer Kritiker. Gleichzeitig lobte der Bundestrainer aber auch Ihre Rolle im Team. Hat Sie das öffentliche Kompliment gefreut?

Schmitt: Natürlich freut einen das auch mal. Wir haben allerdings intern einen so guten Austausch, dass mir das nicht neu ist. Wir haben hundertprozentiges Vertrauen zueinander. Da weiß jeder, wie der andere denkt.

SPOX: Wie sieht diese Rolle, die Schuster angesprochen hat, aus?

Schmitt: Ich bin eben inzwischen der Älteste in der Mannschaft und derjenige, der am längsten dabei ist. In erster Linie sehe ich mich als ganz normaler Teil des Teams. Aber ich denke schon, dass ich einem jungen Springer auch in der einen oder anderen Situation etwas zeigen oder einen Rat geben kann.

SPOX: Worum geht es bei solchen Tipps?

Schmitt: Schon auch um Dinge abseits des Springens. Ich rede gerne mit den Jungs. Zum Beispiel über Dinge, wie die Einstellung zum Sport oder wie man gewisse Situationen angeht. Ich habe da ja meine Erfahrungen gemacht und finde, dass man so etwas auch weitergeben kann. Aber das klingt jetzt so, als ob ich eine besondere Stellung im Team hätte.

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SPOX: Haben Sie nicht?

Schmitt: Ich bin ganz normaler Bestandteil, wie jeder andere. Das ist mir wichtig. Wir verstehen uns trotz des Altersunterschiedes sehr gut. Und es ist auch so, dass ich auch noch von einem Jüngeren etwas lernen kann.

SPOX: Mit Severin Freund und Richard Freitag gibt es nun wieder zwei junge Springer, die ganze vorne mitspringen und dadurch auch das Interesse der Öffentlichkeit auf sich ziehen. Tut es gut, nicht mehr der Frontmann des deutschen Skispringens zu sein?

Schmitt: Das Interesse orientiert sich in erster Linie am Erfolg. Severin hat diesen Schritt zum Siegspringer in der letzten Saison gemacht. Für unseren Sport und unser Team war das enorm wichtig, dass einer der jungen Garde den Anschluss an die Weltspitze geschafft hat. Mit Richard ist jetzt ein weiterer auf dem Weg. Für mich ist die Situation dadurch schon ein wenig komfortabler. Ich kann mich auf mich konzentrieren und schauen, was geht.

SPOX: Vor der letzten Saison haben Sie als Ziel ausgegeben, möglichst oft das Maximum herauszuholen. Wie oft ist Ihnen das gelungen?

Schmitt: Das Problem ist, dass man als Sportler einen ziemlich hohen Ehrgeiz hat und am Maximum auch manchmal verzweifeln kann. Um das Maximum zu erreichen, will man alles perfekt machen, in allen Bereichen. Manchmal ist es aber vielleicht besser, bei gewissen Dingen bei 80 oder 90 Prozent zu bleiben. Sonst besteht eben die Gefahr an den fehlenden 10, 20 Prozent zu verzweifeln.

SPOX: Das Maximum ist also nicht mehr unbedingt das Ziel. Worin besteht dann in diesem Winter die Herausforderung?

Schmitt: Es ist ja eindeutig so, dass ich noch nicht da bin, wo ich sein will. Aber wir wissen, woran es liegt. Wir kennen die Kernpunkte, an denen wir arbeiten müssen. Grundsätzlich bin ich in allen Bereichen gut aufgestellt. Nun gilt es aber auch, das in der Praxis zu zeigen. Das ist die Herausforderung in dieser Saison. Ich bin selbst gespannt, wozu es noch reicht.

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