Die Chance der Chancenlosen

SID
Auf den längeren Distanzen hofft Jochen Behle besonders auf Routinier Tobias Angerer
© Getty

Nach einer Saison voller Rückschläge gehen die deutschen Langläufer als Außenseiter in die erste WM-Entscheidung. Erstmals seit 1997 könnten die einstigen Medaillensammler sogar ganz leer ausgehen.

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Die Hoffnungsträger angeschlagen, der Trainer ratlos und die Konkurrenz übermächtig: Nach einem wahren Seuchenwinter gehen die deutschen Langläufer bescheiden wie selten zuvor in eine nordische Ski-WM.

"Um in Oslo auf das Podest zu laufen, muss schon alles zusammenpassen", sagt Bundestrainer Jochen Behle vor den Sprints am Donnerstag, den ersten beiden von insgesamt zwölf Langlauf-Entscheidungen.

Wenig Chancen in den Einzel-Wettkämpfen

Am Holmenkollen droht den einstigen Medaillensammlern erstmals seit 1997 sogar eine WM ohne Edelmetall. Besonders düster sieht es im Einzel aus, in dem es in diesem Winter weder für Männer noch Frauen einen Podestplatz gab.

"Chancen haben wir am ehesten in den Teamwettbewerben", sagt dann auch Behle, dessen Athleten mit einer fast schon unheimlichen Serie von Krankheitsfällen zu kämpfen hatten: "So etwas habe ich in all den Jahren noch nie erlebt."

Zuletzt erwischte es auch Sprintspezialist Josef Wenzl. Der 26-Jährige sollte im Sprint eigentlich "die Favoriten das Fürchten lehren" (Behle).

Doch dann stoppte eine Stirnhöhlenentzündung die Ambitionen des Zwieselers. Die Folgen: Antibiotika, Bettruhe und eine Zwangspause kurz vor WM-Beginn. "Ich war richtig gut drauf, voll auf WM-Kurs - und dann das", sagt Wenzl.

Hoffnung auf Tobias Angerer

Hinter Wenzl klafft im deutschen Sprint-Team eine große Lücke. Weder der Team-Olympiazweite Tim Tscharnke (Biberau) noch Andreas Dotzler (Sonthofen) oder der kurzfristig nominierte Daniel Heun (Gersdorf) dürften etwas mit den vorderen Plätzen zu tun haben.

Die Hoffnungen ruhen auf den längeren Distanzen - und da besonders auf Routinier Tobias Angerer (Vachendorf).

"Ich bin deutlich optimistischer als noch vor einigen Wochen", sagte der Olympiazweite von 2010 nach seinem starken vierten Platz Anfang Februar im russischen Rybinsk.

Noch düsterer als bei den Männern sieht es bei den Frauen aus. "Ich hatte einen super Saisonstart - und dann die Seuche mit Husten und Erkältung", sagte Nicole Fessel, die im Sprint als aussichtsreichste Kandidatin gilt.

Die 27-Jährige aus Oberstdorf war im November zweimal in die Top Ten gelaufen, fiel dann aber zwei Monate lang aus. Nach ihrem Comeback am vergangenen Wochenende hofft Fessel nun auf eine Überraschung: "Ich fahre nicht zur WM, um dort nur mitzulaufen."

Sprint-Küken hoffen aus Top-Ten-Ränge

Für die übrigen deutschen Sprint-Küken wäre dagegen bei der ersten WM-Teilnahme schon eine Top-Ten-Platzierung ein Erfolg.

Erfahrung sammeln heißt die Devise für Denise Herrmann (Oberwiesenthal/22 Jahre), Lucia Anger (Oberstdorf/20) und Hanna Kolb (Buchenberg/19).

Zumindest Herrmann gelang zuletzt mit Platz neun in Rybinsk ein Achtungserfolg, ehe sie in Drammen zum wiederholten Mal stürzte. "Ich hoffe mal, dass das in Oslo besser wird", sagte die U-23-Vizeweltmeisterin.

Die lange kranke Evi Sachenbacher-Stehle (Reit im Winkl) wird trotz Formschwäche am Samstag in der Doppelverfolgung starten.

Emil Jönsson gilt als Topfavorit

Favoritinnen auf das erste Gold der WM sind neben Lokalmatadorin Marit Bjørgen die Amerikanerin Kikkan Randall und Charlotte Kalla (Schweden).

Bei den Männern haben die Gastgeber in Titelverteidiger Ola Vigen Hattestad, Anders Gløersen und Petter Northug gleich mehrere heiße Eisen im Feuer.

Als Topfavorit gilt alerdings der Schwede Emil Jönsson.

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